Sonnenschein für Mieter? Die Ampel hat sich auf eine Verlängerung der Mietpreisbremse verständigt.
Eine „geräumige 3-Zimmer-Wohnung mit Balkon in zentraler Lage“ in Berlin-Neukölln: Mit 1250 Euro Kaltmiete für die 74,63 Quadratmeter gehört die Wohnung auf der Plattform Immobilienscout 24 derzeit beinahe zu den Schnäppchen. Wer bei der Konkurrenz von Immowelt nach einer Wohnung in Frankfurt sucht, findet dort 96 Quadratmeter für 1900 Euro kalt. In München brauchen Wohnungssuchende seit jeher eine große Leidensfähigkeit: Nicht gerade heimelig aussehende 76 Quadratmeter im Dreimühlenviertel inseriert ein privater Vermieter im Internet aktuell für 2150 Euro kalt.
Was viele Angebote auf den einschlägigen Immobilienplattformen eint: Die in stark nachgefragten Städten aufgerufenen Quadratmetermieten liegen oft deutlich oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmieten, die sich aus den Mietspiegeln ergeben. Das soll nach dem Willen der Politik eigentlich nur in Ausnahmefällen so sein. Mit der Mietpreisbremse hat die Bundesregierung den Ländern ein Instrument gegeben, mit dem diese auf angespannten Wohnungsmärkten die Neuvertragsmieten regulieren können. Maximal 10 Prozent oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete sind gemäß der Mietpreisbremse erlaubt. Am Mittwoch einigte sich die Ampelkoalition darauf, dass die bis Ende 2025 befristete Regelung bis 2029 verlängert werden soll.
Diese Verlängerung war schon im Koalitionsvertrag so geplant, dennoch tat sich lange nichts. Bauministerin Klara Geywitz (SPD) drängte den fürs Mietrecht zuständigen Justizminister Marco Buschmann (FDP), aktiv zu werden, Buschmann wollte aber zuerst Zugeständnisse von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) bei der Vorratsdatenspeicherung. Dieser Konflikt ist jetzt gelöst, auch nachdem die Länder in den vergangenen Wochen viel Druck gemacht haben, dass für die Verlängerung der Mietpreisbremse die Zeit knapp werde.
„Kampfansage an überteuerte Mieten“
In den Regierungsfraktionen wurde die Einigung am Mittwoch mit viel Lob bedacht. „Das ist ein extrem wichtiges Zeichen für die Mieterinnen und Mieter in unserem Land und eine Kampfansage an überteuerte Mieten“, teilte die SPD-Fraktion mit. Die Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge kommentierte: „Wir können jetzt den Schutz von Mieterinnen und Mietern endlich weiter voranbringen.“ Und der FDP-Baupolitiker Daniel Föst sagte: „Wir schaffen mit der gefundenen Einigung nun Rechtssicherheit.“
Aus den Verbänden kamen gegensätzliche Reaktionen: „Die Mietpreisbremse kennt zahlreiche Ausnahmen und Schlupflöcher, welche im Zuge der Verlängerung dringend geschlossen werden müssen“, sagte Mieterbundpräsident Lukas Siebenkotten. Er mahnte außerdem an, dass die anderen mietrechtlichen Pläne aus dem Koalitionsvertrag ebenfalls umgesetzt werden müssten. So sollen auf angespannten Wohnungsmärkten statt 15 nur noch 11 Prozent Mieterhöhung innerhalb von drei Jahren möglich sein. In die Mietspiegel sollen zudem die Vertragsabschlüsse und Erhöhungen der vergangenen sieben Jahre eingehen (bisher: sechs).
Wohnungsbau könnten bei Verschärfungen „über Jahre zum Erliegen kommen“
Der Zentrale Immobilien-Ausschuss (ZIA) hofft, dass dies nicht so kommt: „Ich gehe davon aus, dass nun weitere Verschärfungen vom Tisch sind“, sagte ZIA-Präsident Andreas Mattner. „Ansonsten könnte der so dringend benötigte Wohnungsbau in Deutschland über Jahre zum Erliegen kommen.“
Die Mietpreisbremse sieht mehrere Ausnahmen von der 10-Prozent-Regel vor. Für Häuser, die nach dem 1. Oktober 2014 erstmals genutzt wurden, gilt die Preisbremse nicht. Mit dieser Einschränkung wollte die zur Einführung der Mietpreisbremse regierende große Koalition erreichen, dass Neubau – wo Miethöhen frei vereinbart werden können – für die Wohnungswirtschaft weiter attraktiv ist. Wenn der Vormieter schon eine höhere Miete gezahlt hat, greift die Mietpreisbremse ebenfalls nicht. Auch nach einer umfassenden Modernisierung sind höhere Mieten möglich. Nicht zu verwechseln ist die Mietpreisbremse mit dem Mietendeckel, mit dem das Land Berlin zeitweise auch absolute Mietobergrenzen einzog, bis das Bundesverfassungsgericht dies kippte.
„Gefragt sind vielmehr Anreize für den Bau von Wohnungen“
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) kam in einer Analyse zu dem Schluss, dass die Mietpreisbremse den Anstieg der Mieten zwar etwas, aber nicht viel verlangsamt hat. Eine Regulierung der Preise bekämpfe nicht die Wohnungsknappheit, konstatierte das Institut. „Gefragt sind vielmehr Anreize für den Bau von Wohnungen.“ Auch der Immobilienfachmann Michael Voigtländer vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW Köln) hält nicht viel von der Mietpreisbremse. „Sie hat sich nicht bewährt.“ Konsequent umgesetzt, käme sie einem Mietenstopp gleich und bremse Investitionen aus, analysiert Voigtländer. Faktisch werde die Regelung aber ohnehin vielfach ignoriert, sowohl von Vermietern als auch Mietern. „Die Konkurrenz um Wohnraum ist nun mal sehr hoch.“
Eine immer strengere Regulierung der Mieten hält der Immobilienökonom für wenig zielführend. „Dann werden sie umgangen, durch höhere Abstandszahlungen für die Küche, Möblierungszuschläge und höhere Mieten für den Parkplatz.“ Dass Wohnungen heute auf den Plattformen häufig möbliert angeboten werden, hat auch die Ampelkoalition schon zu einer Prüfung veranlasst. Die FDP hat aber wenig Interesse, Möblierungszuschläge schärfer zu regulieren. Gleiches gilt für die von SPD und Grünen geforderte Regulierung der Indexmieten, die an die Inflation gekoppelt sind und im vergangenen Jahr in den Fokus rückten.
Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Verena Hubertz, machte am Mittwoch keinen Hehl daraus, dass sie sich mehr gewünscht hätte als nur die Verlängerung der Mietpreisbremse. Sie sagte aber auch: „Viele Mieter nutzen mittlerweile die Bremse, nachdem sie den Vertrag für ihre Wohnung unterschrieben haben und dann prüfen, ob der Mietpreis rechtmäßig ist.“ Es gebe auch Start-ups, die Mieter dabei unterstützten.
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