Helena verkaufte Stimme für 3000 Dollar an Microsoft – und bereut es

Helena H. ist die schweizerdeutsche Stimme des Microsoft-Sprachassistenten. Doch wie sie erzählt, ist sie jetzt plötzlich überall zu hören. Ihren 3000-Dollar-Deal scheint die 31-Jährige zu bereuen.

Das ist passiert

«Du kannst mich sagen lassen, was immer du willst»: Helena H. ist Schweizerin, lebt jedoch in den USA und arbeitet dort als Musikerin. Auf Tiktok erzählte sie kürzlich, dass sie ihre schweizerdeutsche Stimme an Microsofts ehemaligen Sprachassistenten «Cortana» verkauft habe. Das Video wurde inzwischen rund 100’000 Mal angeklickt.

«Ich weiss nicht, was ich tun soll.»

Wie die 31-Jährige erfuhr, findet sich ihre Stimme nun auf verschiedenen Plattformen wieder. «Während es echt lustig ist, Nachrichten von Freundinnen und Freunden zu bekommen, die dich in einem Burgerladen oder einem Tram oder so gehört haben, ist es für mich vor allem eines: eine konstante Erinnerung daran, dass ich meine Stimme für 3000 Dollar verkauft habe und dass ihr alle damit tun könnt, was ihr wollt», sagt sie im Video. Und fügt an: «Ich weiss nicht, was ich tun soll. Ich glaube nicht, dass ich irgendetwas tun kann.»

Gegenüber 20 Minuten erzählt Helena, dass sie vier Sprachen spreche und nebenbei als Voiceover-Sprecherin arbeite. Sie vertont also Szenen, die ursprünglich in einer anderen Sprache gedreht worden sind. «Microsoft war einer meiner ersten grösseren Kunden.»

Das sagt Microsoft

Microsoft USA bestätigt gegenüber 20 Minuten den Sachverhalt aus vertragsrechtlichen Gründen nicht. Der Konzern dementiert aber nicht, mit H. zusammengearbeitet zu haben. Microsoft betont das Engagement für den verantwortungsvollen Einsatz von künstlicher Intelligenz, indem das Unternehmen Sprecher über die Nutzung ihrer Aufnahmen für synthetische Stimmen informiere und deren Zustimmung einhole.

Es scheint, als habe die Schweizerin das Kleingedruckte nicht gelesen. «Der Fall steht exemplarisch dafür, was auf uns zukommt und was Regulatoren und Juristen auf dem Radar haben müssen», sagt Jürg Walpen, Kommunikationsleiter beim auf Cybersicherheit spezialisierten Unternehmen Dreamlab Technologies.

Ähnliche Stimme auf verschiedenen Portalen

Die Stimme der 31-Jährigen dient nun als synthetische Stimme des Nachfolgers von Cortana, dem Microsoft-Sprachassistenten «Azure KI-Speech» und der dazugehörigen App «Text to Speech». Sprich: Die Stimme klingt wie sie, man kann sie aber alles sagen lassen. Gemäss 20-Minuten-Recherchen ist es wahrscheinlich, dass Werbeproduzenten die automatisch generierte schweizerdeutsche Charakterstimme, die in der Text-to-Speech-App als «Leni» bezeichnet wird, für ihre Werbungen auf Mundart verwenden.

Werbeblöcke auf Pornoseiten verwenden beispielsweise eine weibliche Mundartstimme. Diese klingt sehr ähnlich wie die synthetische Stimme von «Leni», dem Microsoft-Sprachassistenten. Einen Werbeblock mit anstössigen schweizerdeutschen Aussagen aus den Pornowerbungen nutzt der Schweizer Rapper Jule X sogar für seinen Song «Du bisch erbärmlich», der eine halbe Million Klicks auf Spotify erzielte.

Das sagen die User

Während einzelne in den Kommentaren zu ihrem Tiktok-Video spöttisch meinen, dass man halt das Kleingedruckte in einem Vertrag lesen sollte, drücken die meisten der Userinnen und User ihre Solidarität mit der 31-Jährigen aus und ermutigen sie: «Darüber, keine Kontrolle zu haben, klingt schmerzhaft. Es tut mir leid, dass du das durchmachst.»