«Verfassungs­widrig»: Kantone gehen gegen Mindestlohn-Verbot auf die Barrikaden

Das Bundesparlament hat beschlossen, kantonale und städtische Mindestlöhne zu verbieten. Jetzt folgt die Gegenreaktion – und sie ist massiv.

«verfassungs­widrig»: kantone gehen gegen mindestlohn-verbot auf die barrikaden

Demonstration in Lausanne für einen Mindestlohn von 4000 Franken.

So viel Einigkeit ist unter den Kantonen selten – und sie richtet sich gegen den Bund. Mit einer Flut von Stellungnahmen opponieren die Kantonsregierungen gegen den Entscheid von National- und Ständerat, per Bundesgesetz kantonale Mindestlöhne zu verbieten.

Die Kritik der Kantone ist schwerwiegend: Sie werfen dem Bundesparlament vor, die Bundesverfassung zu brechen. Das geplante Gesetz trete die Souveränität der Kantone mit Füssen. Und es heble demokratische Volksentscheide in mehreren Kantonen aus.

Von einem «verfassungswidrigen Eingriff in die Kantonsautonomie» spricht die Konferenz der kantonalen Volkswirtschaftsdirektorinnen und -direktoren. Einen «Eingriff in die kantonale Souveränität» prangert die Konferenz der Sozialdirektorinnen und -direktoren (SODK) an. Auch der Städteverband sagt, dass das Gesetz «dem Föderalismus widerspricht».

Alle Kantone dagegen – ausser einem

Dieser Redaktion liegen die Stellungnahmen von 21 Kantonsregierungen vor; 20 davon lehnen das Mindestlohnverbot ab.

Der Aufstand der Kantone verschärft einen Konflikt, der schon länger gärt: Es geht um die Frage, ob der Staat für Coiffeusen, Putzfrauen und andere schlecht bezahlte Berufsgruppen Mindestlöhne verordnen darf. In vielen Branchen sind Löhne unter 4000 Franken immer noch an der Tagesordnung – Löhne, die heute kaum noch zum Leben reichen.

Das Schweizer Stimmvolk lehnte 2014 einen nationalen Mindestlohn zwar deutlich ab. Doch seither haben verschiedene Kantone und Städte örtliche Mindestlöhne beschlossen – allen voran der Kanton Neuenburg im Jahr 2011.

Darauf folgten 2013 der Jura, 2015 das Tessin, 2020 Genf, 2021 Basel-Stadt und 2023 die Städte Zürich und Winterthur. Linke Parteien und Gewerkschaften surfen nun auf dieser Erfolgswelle und haben in weiteren Kantonen Volksinitiativen und Vorstösse für Mindestlöhne lanciert.

«verfassungs­widrig»: kantone gehen gegen mindestlohn-verbot auf die barrikaden

Tieflohnbranche: Hotelküche.

Die SODK verteidigt Mindestlöhne in ihrer Stellungnahme nicht nur mit staatspolitischen Argumenten, sondern auch mit inhaltlichen: Sie seien ein Instrument zur «Bekämpfung von Armut und insbesondere des Phänomens der ‹Working Poor›».

Bundesgericht stützt Mindestlöhne

Dagegen kämpfen unter anderem Verbände von Tieflohnbranchen – an vorderster Front der Gastroverband, wie die «Republik» in einer Recherche aufgezeigt hat. Zunächst versuchten sie, die kantonalen Mindestlöhne auf juristischem Weg zu kippen, doch 2017 blitzten sie beim Bundesgericht ab. Danach verlagerte sich die Auseinandersetzung ins Bundesparlament, wo Mitte-Ständerat Erich Ettlin die Führung übernahm.

«verfassungs­widrig»: kantone gehen gegen mindestlohn-verbot auf die barrikaden

«Sozialpartnerschaft nimmt Schaden»: Der Obwaldner Ständerat Erich Ettlin.

2022 stimmte eine bürgerliche Mehrheit von Stände- und Nationalrat einer Motion von Ettlin zu. Sie verlangt nicht in allen Fällen ein Verbot von Mindestlöhnen – aber immer dann, wenn es einen allgemein verbindlichen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) gibt, der einen tieferen Mindestlohn vorsieht als den kantonalen Mindestlohn. Betroffen von einem solchen Verbot à la Ettlin wären derzeit die Mindestlöhne von Genf und Neuenburg; in anderen Kantonen sind sie so ausgestaltet, dass ein GAV sowieso Vorrang hat.

Ettlin begründet das Verbot so: Wenn Gewerkschaften und Arbeitgeber sich auf einen schweizweiten GAV einigen, sei es problematisch, wenn ein kantonaler Volksentscheid einzelne Elemente dieses GAV aushebeln könne. Ettlin warnt, «dass so das ganze Erfolgsmodell Sozialpartnerschaft Schaden nimmt».

Bundesrat gegen Verbot

Dass Mindestlöhne zu Spannungen mit GAV führen können, anerkennen auch einzelne Kantone. «Die staatspolitische und rechtsstaatliche Sicht und damit die Sicherstellung und Souveränität der Kantone» sei «jedoch höher zu gewichten», schreibt etwa die Zürcher Regierung.

Aus ähnlichen Gründen hat auch der Bundesrat im Parlament Ettlins Motion bekämpft. Nun sieht er sich aber gezwungen, den Auftrag des Parlaments umzusetzen. Im Januar 2024 schickte der Bundesrat einen Umsetzungsvorschlag in die Vernehmlassung, sagte aber gleichzeitig, dass er das Mindestlohnverbot weiterhin ablehne. Im Rahmen dieser Vernehmlassung manifestiert sich nun der Widerstand der Kantone.

Nach dem Mindestlohn kommt Tempo 30

Ob das Parlament vor diesem Hintergrund am Verbot festhält, ist offen. Die Diskussion werde sicher schwierig, sagt Ettlin. Es gehe um «eine schwierige Güterabwägung zwischen der bewährten, privat organisierten Sozialpartnerschaft und der Kompetenz der Kantone».

Relevant ist dieser Verfassungsstreit auch darum, weil das Parlament bereits in weiteren Politikbereichen auf Konfrontation mit den tieferen Staatsebenen geht. Im März haben beide Kammern beschlossen, den Kantonen und Städten die Einführung von Tempo 30 auf gewissen Strassentypen zu verbieten (lesen Sie hier, wie Bund und Kantone versuchen, tiefere Staatsebenen zu gängeln).

PS: Der einzige Kanton, der sich für das Mindestlohnverbot ausspricht, ist Erich Ettlins eigener: Obwalden.

Starten Sie jeden Tag informiert in den Tag mit unserem Newsletter Guten Morgen. Melden Sie sich hier an.

OTHER NEWS

32 minutes ago

2025 four-star OL Michael Carroll includes Michigan in top 4

32 minutes ago

Liverpool fans say sad farewell to 'one of us' Klopp

32 minutes ago

Warriors' Stephen Curry Set to Join Elite Group of Scorers

32 minutes ago

Bennett Durando: Nuggets vs. Timberwolves: 5 themes to watch for in Game 7 of an odd NBA playoff series

32 minutes ago

Messi in starting lineup for Inter Miami's match against DC United

32 minutes ago

Piastri penalised for qualifying blue

32 minutes ago

Klitschko and Shevchenko laud 'historical' win for Ukrainian Usyk

32 minutes ago

Eagles RB Saquon Barkley 'Not a Difference Maker,' Says Insider

33 minutes ago

Hundreds of injured, abandoned wildlife being treated at Houston SPCA after storms

36 minutes ago

Australian Fashion Week 2024: Daily Mail's acid-tongued showbiz scribe ALI DAHER reveals most bizarre and deluded conversations he overheard at the runway shows

36 minutes ago

How to invest in the Ozempic weight loss boom and pile on the financial pounds: Share prices have already risen six-fold, but beware those celebrity endorsements…

36 minutes ago

Mariners coach cops two yellow cards in 10 seconds before making one-finger salute to TV cameras

37 minutes ago

Chicago mom left waiting hours for help after 911 call for home invasion: ‘We have no units to send you’

38 minutes ago

Treasurer Jim Chalmers claims opposition's budget response would punch multi-billion-dollar hole in budget

38 minutes ago

National weather forecast for Sunday May 19

38 minutes ago

'Real-life elements beyond genetics': An interview with Gila Green

39 minutes ago

Eddie Hearn reacts to Tyson Fury’s defeat by Oleksandr Usyk: ‘He was absolutely gone!’

39 minutes ago

Saints first-round pick working out at left tackle

39 minutes ago

Union shocked SFU ending English, interpretation and translation programs

40 minutes ago

Rishi Sunak set to sign off on £10 billion compensation scheme which will 'change the lives' of victims of the infected blood scandal

40 minutes ago

TOBIAS ELLWOOD: A chance to honour past heroes and show we can still stand up to tyranny

40 minutes ago

Revealed: The seven pensions savings habits that could add £35,000 to your retirement income… every year

40 minutes ago

MAIL ON SUNDAY COMMENT: Our enemies will be the first to notice a cut-price D-Day tribute

40 minutes ago

Newly trained dentists face being forced to work for the NHS in a bid to populate 'dental deserts' amid shortage of practitioners

40 minutes ago

Plant lovers urged to 'embrace' using moss in their gardens as Chelsea Flower Show designer claims plant has a 'sexy, sensual quality that is delightfully velvety to touch'

40 minutes ago

How to invest in the Ozempic weight loss boom and pile on the financial pounds: Share prices have already risen six-fold, but beware those celebrity endorsements…

40 minutes ago

Lord Ashcroft's former daughter-in-law Jasmine Hartin who shot and killed top cop in Belize 'by accident' during a drinking session before being spared jail finds love with an electrician

40 minutes ago

The truth about what happens if you drink more than 14 units of alcohol a week - and how much it shortens your life by (and it's shorter than you think)

41 minutes ago

Tory MPs demand review of Bank of England independence

42 minutes ago

Chelsea: Reece James will remind everyone how good he is next season, says Mauricio Pochettino

42 minutes ago

WNBA opens investigation into Aces players receiving $100,000 sponsorships

42 minutes ago

Mobile industry is quietly preparing for the biggest change to your smartphone in a decade — iSIM will hasten the end of SIM cards and allow networks to preload plans on devices

42 minutes ago

Chile loses equestrian berth after horse's death

43 minutes ago

Rudy Giuliani is served indictment papers at his own birthday party after mocking Arizona attorney general

45 minutes ago

China's April retail sales data 'a little bit of a blip,' economist says

45 minutes ago

Nadler questions Supreme Court ethics after Alito flag debacle: ‘None of them have clean hands’

45 minutes ago

Ex-Manly star Josh Schuster reveals he's the happiest he's been in a long while after losing his $3.2 million NRL contract

45 minutes ago

Anthony Edwards confident ahead of Game 7: 'We're a great team'

45 minutes ago

Scottie Scheffler finally hit the wall

45 minutes ago

Trapped cargo ship Dali will refloat to Baltimore Monday at high tide

Kênh khám phá trải nghiệm của giới trẻ, thế giới du lịch