Verdi und Grüne wollen Mindestlohn erhöhen – „Wer gewählt werden will, muss für 15 Euro die Stunde eintreten“
Bundestags-Wahlkampf
Verdi und Grüne wollen Mindestlohn erhöhen – „Wer gewählt werden will, muss für 15 Euro die Stunde eintreten“
Der Mindestlohn soll weiter steigen – und zwar deutlich. Dafür sprechen sich Rot-Grün und die Gewerkschaft Verdi aus. Zudem wolle man die Mindestlohnkommission reformieren.
Berlin – Grüne und die Gewerkschaft Verdi haben sich für eine Mindestlohnerhöhung auf 15 Euro pro Stunde ausgesprochen. Wie Verdi-Vorsitzender Frank Werneke dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte, müsse der Mindestlohn laut EU-Richtlinie bei 60 Prozent des Medianeinkommens sein. Aktuell müsse er demnach bei mehr als 14 Euro liegen, 2026 wird ein Mindestlohn von 15 Euro gefordert.
„Insofern empfehle ich jeder Partei, die von breiten Teilen der Bevölkerung gewählt werden will, im Bundestagswahlkampf deutlich zu machen, dass sie für 15 Euro die Stunde eintritt“, so der Verdi-Chef. SPD und Grüne kritisieren, dass der Mindestlohn seit langem auf einem zu niedrigen Niveau liege.
Tarifverhandlungen und Inflation: Niedriglohnsektor soll mitziehen
Der gesetzliche Mindestlohn wurde auf Empfehlung der Mindestlohnkommission in zwei Stufen ab 01. Januar 2024 von 12,41 Euro auf 12,82 Euro im darauffolgenden Jahr angehoben. In Jahr 2022 erhöhte ihn die regierende Ampelkoalition per Gesetz von 9,92 Euro auf 12,00 Euro. Diese sprunghafte Erhöhung war das Ergebnis der galoppierenden Inflation infolge der Energiekrise.
Ricarda Lang
Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) übt seit Jahren Druck auf die Mindestlohnkommission aus, die für die Empfehlung eines angemessenen Lohns verantwortlich ist. So seien die hohe Inflation und die Tariferhöhung ausschlaggebend für die von Heil geforderten „deutlichen Steigerungen“. Die Inflationsrate wird laut Angaben des Statistischen Bundesamtes im April voraussichtlich auf 2,2 Prozent sinken.
Laut Berechnungen der Hans-Böckler-Stiftung laufen 2024 für knapp 12 Millionen Beschäftigte Vergütungstarifverträge aus. In Branchen des Bewachungsgewerbes, Druckindustrie sowie das Bauhauptgewerbe oder der Leiharbeitsbranche fordern die DGB-Gewerkschaften Lohnsteigerungen von bis zu 13 Prozent. Weiterhin haben auch Tarifverhandlungen in der Metall- und Elektroindustrie, angeführt durch die IG Metall, begonnen.
Tarifbereich | Forderung | Gewerkschaft |
---|---|---|
Holz und Kunststoff verarbeitende Industrie | 8,5 %, soziale Komponente | IG Metall |
Energiewirtschaft | 13,5 %, mind. 550 €/Mon., Laufzeit 12 Mon | Ver.di |
Leiharbeit | 8,5 % ab 01.04.24, Laufzeit 12 Mon. | DGB |
Bauhauptgewerbe | 500 €/Mon., Laufzeit 12 Mon | IG BAU |
Druckindustrie | 12,0 % | Ver.di |
Einzelhandel | 2,50 €/Std., Mindestvergütung von 13,50 €/Std. | Ver.di |
Groß- und Außenhandel | 13,0 %, mind. 400 €/Mon. Allgemeinverbindlichkeitserklärung, Laufzeit 12 Mon. | Ver.di |
Privates Bankgewerbe | 12,5 %, mind. 500 €/Mon., Laufzeit 12 Mon. | Ver.di |
Textilindustrie | 8,5 %, soziale Komponente | IG Metall |
Chemische Industrie | 6,0 bis 7,0 % | IG BCE |
Grüne und SPD machen Druck vor Bundestagswahl: Reform der Mindestlohnkommission gefordert
„Wir schlagen vor, dass die Untergrenze für den Mindestlohn wie von der EU vorgeschlagen bei 60 Prozent des Medianlohns liegt. Das hieße für 2024 über 14 Euro Mindestlohn, 2025 wären es knapp 15 Euro“, hieß es auch seitens der Grünen-Fraktionsvorsitzenden Katharina Dröge. Grünen-Chefin Ricarda Lang sprach sich zudem für einen neuen Entscheidungsmodus in der Mindestlohnkommission aus. So solle künftig das Gremium nur noch im Konsens die Höhe des Mindestlohns beschließen dürfen. „Ich finde, hier müsste man eine Reform anstreben, dass in Zukunft nur noch im Konsens entschieden werden kann. Und gleichzeitig will ich, dass wir jetzt in einem einmaligen Schritt auch den Mindestlohn auf 14 Euro erhöhen“, sagte Lang gegenüber RTL.
Ebenso stellte SPD-Vorsitzende Saskia Esken eine ähnliche Forderung. „Wir sollten die gesetzlichen Vorgaben für die Mindestlohnkommission so verändern, dass dort Entscheidungen nur im Konsens getroffen werden können“, so Esken gegenüber dem RND. „Man muss sich einigen, die eine Seite kann die andere nicht überstimmen. Das wäre auch beim Mindestlohn sinnvoll.“
Im vergangenen Jahr beschloss die Mindestlohnkommission weitere Erhöhungen auf 12,82 Euro bis 2025. Dabei wurde zum ersten Mal die Gewerkschaftsseite von der unabhängigen Kommissionsvorsitzenden aufseiten der Arbeitgeber überstimmt worden. Für die Grünen sei daher die Methodik Entscheidungsfindung nicht ausreichend, um Armut im Niedriglohnsektor trotz Vollzeitarbeit zu verhindern. Eine Änderung es Mindestlohngesetzes sei hierfür nötig.