„Um Dampf abzulassen”? Trump schlug wohl regelmäßig Hinrichtungen von Konkurrenten vor
Nach peinlichem Vorfall
„Um Dampf abzulassen”? Trump schlug wohl regelmäßig Hinrichtungen von Konkurrenten vor
Laut dem ehemaligen Justizminister William Barr soll Donald Trump mehrfach davon gesprochen haben, Leute hinzurichten. Wählen will er ihn trotzdem – Trump dankt auf seine Weise.
Washington – So wütend wie im Sommer 2020 hatten viele Leute Donald Trump angeblich noch nie gesehen. Wenige Tage zuvor war herausgekommen, dass der damalige US-Präsident während der Bürgerproteste nach dem Tod von George Floyd zeitweise in einen Bunker unter dem Weißen Haus geflohen war – und das gefiel Trump wohl gar nicht.
Autor Michael Bender schildert in seinem Buch „Frankly, we did win this election: The Inside Story of how Trump lost“ jedenfalls einen aufgeregten Präsidenten, „kochend vor Wut“ angesichts der undichten Stelle, die das Ganze an die Medien weitergegeben hatte. „‚Wer auch immer das getan hat, sollte wegen Hochverrats angeklagt werden!‘, schrie Trump. ‚Sie sollten hingerichtet werden!‘“, heißt es im Buch aus dem Jahr 2021.
Donald Trump vor Gericht
Ehemaliger US-Justitzminister deutet an: Donald Trump sprach öfters davon, Leute „hinzurichten“
Das klingt abenteuerlich, könnte sich laut Trumps damaligem Justizminister William Barr aber tatsächlich so zugetragen haben. Wie der britische Independent berichtet, habe Trump in hitzigen Momenten im Weißen Haus oft vorgeschlagen, politische Rivalen hinzurichten. Das Blatt bezieht sich dabei auf ein Interview Barrs im US-Sender CNN. „Ich erinnere mich, dass er darüber sehr wütend gewesen ist“, erzählt Barr dort über die geleakte Bunker-Geschichte. Zwar erinnere er sich nicht daran, dass Trump das Wort „hinrichten“ gesagt habe, „aber ich würde das nicht bestreiten, wissen Sie … der Präsident verlor die Beherrschung und sagte solche Dinge. Ich bezweifle, dass er es tatsächlich getan hätte“, meint Barr mit einem Schmunzeln.
Der Hintergrund sind Äußerungen von Trumps ehemaliger Kommunikationsdirektorin Alyssa Farah Griffin auf X. „Ich war mit Trump im Oval Office, als er sagte, ein WH-Mitarbeiter, von dem er glaubte, dass er eine peinliche Geschichte durchsickern hatte lassen, sollte hingerichtet werden“, schrieb sie dort am Donnerstag (25. April).
Einen Tag später legte Griffin nach und behauptete, dass neben ihr auch Ex-Verteidigungsminister Mark Esper, Ex-Generalstabschef Mark Milley, Barr und ein halbes Dutzend weiterer Personen anwesend gewesen seien. „Die meisten von uns, mit Ausnahme von Barr, haben sich gegen Trump ausgesprochen. Ich habe diese und viele andere Tatsachen vor dem Kongress und dem Justizministerium bezeugt“, textete Griffin.
Laut Barr wollte Trump „Dampf ablassen“ und würde keine Rivalen töten
CNN-Moderatorin Kaitlan Collins zeigt sich im Interview überrascht, dass der ehemalige Justizminister nun so freimütig von Trumps regelmäßigen Entgleisungen erzählt. „Er hat das bei anderen Gelegenheiten auch gesagt?“, fragt sie verdutzt. Die Leute würden Trump einfach zu wörtlich nehmen, wiegelt Barr ab. „Gelegentlich sagte er solche Dinge, um Dampf abzulassen. Aber ich würde sie nicht jedes Mal wörtlich nehmen, wenn er es tat.“
„Warum nicht?“, fragt Collins. „Letztendlich wurde es nicht ausgeführt und man konnte ihn zur Vernunft bringen“, antwortet Barr. Er sieht „keine Bedrohung“ und macht sich bei Trump auch keine Sorgen, dass dieser zum Autokraten werde. „Da ich für ihn gearbeitet und ihn in Aktion gesehen habe, glaube ich nicht, dass er tatsächlich politische Rivalen töten würde und solche Dinge“, so Barr.
Trump pöbelt in sozialen Medien gegen Ex-Generalstabschef: Strafe wäre früher der Tod gewesen
Zu einer gänzlich anderen Einschätzung soll der ehemalige Generalstabschef Mark Milley in den letzten Monaten der Trump-Präsidentschaft gekommen sein. Wie es in einem Enthüllungsbuch der Washington-Post-Reporter Carol Leonnig und Philip Rucker heißt, befürchtete Milley einen Putschversuch Trumps und Umstände wie bei der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Jahr 1933 in Deutschland, einen sogenannten „Reichstags-Moment“. Tatsächlich stürmten Trump-Anhänger am 6. Januar 2021 das Kapitol in Washington, um die Bestätigung des Wahlsiegs von Joe Biden zu verhindern.
Zuvor hatte Trump immer wieder die falsche Behauptung aufgestellt, nur durch massiven Wahlbetrug um den Wahlsieg gebracht worden zu sein. Bis heute konnte er dafür keine Beweise vorlegen. Stattdessen sind Trump und hochrangige Unterstützer des Ex-Präsidenten selbst angeklagt, den Ausgang der Präsidentenwahl 2020 im Bundesstaat Georgia beeinflusst zu haben. In anderen Bundesstaaten laufen ähnliche Prozesse wegen mutmaßlichen Wahlbetrugs. Derzeit steht Trump in New York vor Gericht.
Trump poltert gegen Ex-Generalstabschef Milley – „peinlichsten Moment in der amerikanischen Geschichte“
Im September 2023 nahm Milley seinen Hut – und geriet prompt ins Visier von Donald Trump. Auf seiner eigenen Social-Media-Plattform Truth Social pöbelte Trump gegen den Militär. Mit „seiner völlig inkompetenten Umsetzung des Afghanistan-Abzugs“ habe Milley für den „vielleicht peinlichsten Moment in der amerikanischen Geschichte“ gesorgt, schreibt Trump dort. Milley sei ein „Woke Train Wreck“, und habe China einen Einblick in die Denkweise des US-Präsidenten gegeben, sollte die „Fake-News-Berichterstattung“ zutreffen.
Trump spielte damit auf Telefongespräche zwischen Milley und dessen chinesischem Amtskollegen während seiner Präsidentschaft an. Wie CNN berichtete, hatte Milley die Gespräche bei einer Anhörung im Kongress als angemessen bezeichnet. Er habe China versichern wollen, dass die USA keinen militärischen Angriff starten würden, zahlreiche hochrangige Trump-Beamte seien darüber informiert gewesen. Trump sieht das scheinbar anders. „Dies ist eine so ungeheuerliche Tat, dass früher die Strafe der Tod gewesen wäre“, polterte er in seinem Post in den sozialen Medien. Laut Independent sagte Milley später, er müsse als Reaktion auf die Drohkommentare „angemessene Sicherheitsvorkehrungen“ treffen.
Trump verspottet ehemaligen Justizminister Barr auf Truth Social
Auch nach dem Bunker-Leak musste Trump wohl den Hardliner geben. Notfalls werde er das Militär einsetzen „und das Problem schnell für sie lösen“, lautete seine Antwort auf die Demonstrationen im Jahr 2020. Trump präsentierte sich als Verfechter von Recht und Ordnung, der vergessen machen wollte, dass er nach seiner Flucht in den Bunker als Feigling verspottet worden war.
Laut Autor Bender rief Trump Nationalgarde und Sicherheitsapparat zusammen und zeigte Videos von Polizisten, die mit äußerster Härte gegen Demonstrierende vorgingen. „So muss man mit diesen Leuten umgehen“, soll Trump gesagt haben. „Spaltet ihnen die Schädel!“ Allerdings machten Bender zufolge sowohl Justizminister Barr als auch die Militärs Trump darauf aufmerksam, dass es nicht der Verfassung der USA entspricht, Demonstrationen für Bürgerrecht mit exzessiver Gewalt zu begegnen.
Trotz zahlreicher Entgleisungen – Ex-Justizminister Barr würde Trump wählen
Die Wahlentscheidung von William Barr scheint das alles nicht zu beeinflussen. Er werde erneut Trump wählen, zitiert der Independent aus einem Gespräch von Barr mit Fox News. „Ich werde das republikanische Ticket unterstützen. Ich denke, die wirkliche Gefahr für das Land – die wirkliche Gefahr für die Demokratie, wie ich sage – ist die fortschrittliche Agenda.“ Trump spiele „vielleicht russisches Roulette, aber eine Fortsetzung der Biden-Regierung ist meiner Meinung nach nationaler Selbstmord“, so Barr.
Gedankt hat ihm das sein ehemaliger Chef nicht. „Wow! Der frühere Generalstaatsanwalt Bill Barr, der viele großartige Leute im Stich gelassen hat, weil er den Wahlbetrug in unserem Land nicht untersucht hat, hat mich gerade für das Amt des Präsidenten befürwortet, obwohl ich ihn als ‚schwach, langsam, lethargisch, brav und faul‘ bezeichnet habe“, spottet Trump laut Independent in den sozialen Medien. Aufgrund der Tatsache, „dass ich seine uneingeschränkte Unterstützung sehr schätze“, entferne er nun das Wort „lethargisch“ aus seiner Aussage, schreibe Trump. „Danke, Bill.“ (flon)