Vizepräsident Martin Schlegel dürfte aller Voraussicht nach zum neuen Chef der Nationalbank gekürt werden. Für Journalisten ist das keine gute Nachricht – und genau deshalb wäre er wohl keine schlechte Wahl, meint Wirtschaftsredaktor Thomas Schlittler.
Der nächste Langweiler steht bereit
Für Journalisten insbesondere des Boulevards war Thomas Jordan komplett uninteressant. In seinen zwölf Jahren als Nationalbank-Präsident gab der stoische 1,90-Meter-Hüne nichts Persönliches preis und erweckte stets den Eindruck, sein einziges Lebenselixier sei die Preisstabilität. SonntagsBlick bezeichnete ihn deshalb einst als «eintönigsten Mann der Schweiz». Was wie eine Beleidigung klingt, ist für einen Notenbanker ein Kompliment. Jordans voraussichtlicher Nachfolger, SNB-Vizepräsident Martin Schlegel, hätte alles richtig gemacht, sollte er in ein paar Jahren mit ähnlichen Adjektiven beschrieben werden.
Die Voraussetzungen dafür scheinen gegeben. Vor einigen Monaten, anlässlich eines Interviews, zeigte sich Schlegel frei von Allüren und ohne Hang zur Selbstdarstellung. Abgesehen davon, dass er in der Stadt Zürich lebt, drei Kinder hat und oft joggen geht, liess er sich nichts Privates entlocken. Stattdessen wog er – wie Ziehvater Jordan – jedes Wort sorgfältig ab. Journalistenherzen hätten deshalb wohl auch mit SNB-Präsident Schlegel wenig zu lachen. Und genau deshalb wäre er vermutlich eine gute Wahl für den wichtigsten Job der Schweiz.
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