Die Liebe ist so romantisch, sie kennt kein Geld, sondern nur Gefühle? Dass das nicht stimmt, weiß die Menschheit schon lange – vor allem die Männer wissen das, denn sie müssen Geld verdienen, um attraktiv zu sein.
So klischeehaft all solche Sätze auch klingen: Sie sind schon lange bekannt und belegt. Inzwischen hat Onlinedating die Wissenschaft massenhaft mit Daten über die Vorlieben von Männern und Frauen versorgt, und die entsprechen weitgehend den volkstümlichen, ganz traditionellen Vorstellungen über heterosexuelle Beziehungen: Im Geschlechtervergleich suchen die Männer eher nach jungen und hübschen Partnerinnen, Frauen wollen eher ältere Partner und solche, die gut verdienen. Übrig bleiben gut gebildete Frauen, vor allem wenn sie älter sind, und Männer in prekären Verhältnissen. Zumindest für das Einkommen der Männer ist sogar nachgewiesen: Es ist über die Jahre sogar noch wichtiger geworden.
Am Schluss gibt es in Beziehungen oft ein Statusgefälle zwischen Männern und Frauen, für das beide Geschlechter gemeinsam verantwortlich sind. Vor einigen Jahren haben Ökonominnen in der Schweiz verglichen, was Ehepartner wirklich verdienen und was sie in Umfragen angeben – es stellte sich heraus, dass die Paare in den Umfragen gelegentlich sogar lügen: Sie übertreiben das Einkommen des Mannes und untertreiben das der Frau, damit es in der Umfrage so aussieht, als würde der Mann mehr verdienen. Selbst im emanzipierten Schweden wächst das Scheidungsrisiko nach einer Beförderung der Frau, nicht aber nach einer Beförderung des Mannes. Schon gehen die Spekulationen los, ob sich Frauen mit dem Arbeiten oft zurückhalten, um ihre Ehe nicht zu gefährden.
Die Frauen stemmen den Haushalt
Und damit sind wir bei den Hartz-Reformen in Deutschland. Die haben viel dazu beigetragen, dass die Arbeitslosigkeit nach einem Höhepunkt im Jahr 2005 viele Jahre lang immer weiter gesunken ist. Parallel ist die Zahl der Scheidungen zurückgegangen. Im Jahr 2005 gab es halb so viele Scheidungen wie Hochzeiten, bis zum Jahr 2019 ist dieser Wert ungefähr auf ein Drittel gefallen.
Das hat miteinander zu tun – nicht nur, weil die größere wirtschaftliche Sicherheit die Paare entlastet hat. Sondern auch deshalb, weil Arbeitsmarkt und Geschlechternormen wieder besser zusammenpassten. Darauf deuten zumindest Ergebnisse der Ökonomen Christian Holzner von der Hochschule München und Bastian Schulz von der Universität Aarhus hin, die sie vergangene Woche beim größten Ökonomentreffen der Welt vorgestellt haben. Sie haben genau analysiert, wie Ehepaare sich im Zusammenhang mit dem Arbeitsmarkt verhalten: Wie sich die Arbeitszeiten rund um Hochzeit und Scheidungen verhalten – bis hin zur Frage, wer welche Teile der Arbeit im Haushalt übernimmt. Da machen meistens die Frauen mehr. Nur wenn die Frau arbeitet und der Mann arbeitslos ist, macht der Mann mehr als die Frau – im Durchschnitt aber nur eine halbe Stunde täglich.
All das verdichtet sich wieder zu dem klaren Bild: Ehen geraten in Gefahr, wenn Frauen mehr arbeiten als vorher und wenn Männer arbeitslos werden. Entsprechend ist die Gefährdungslage für Ehen: Wenn der Mann bereits arbeitslos ist, die Frau arbeitet und die Ehe trotzdem weiter besteht, dann ist der Arbeitsmarkt für diese Ehe keine Gefahr mehr.
Arbeitslosigkeit des Mannes birgt Scheidungsgefahr
In Ehen mit traditionellen Rollenverteilungen dagegen stehen inzwischen fast 80 Prozent aller Scheidungen im Zusammenhang mit dem Arbeitsmarkt, so schätzen es die beiden Ökonomen – sei es, dass er arbeitslos wird oder sie anfängt zu arbeiten. Beides gefährdet die Beziehung.
Die Hartz-Reformen und der verbesserte Arbeitsmarkt konnten also grundsätzlich in beide Richtungen wirken. Einerseits wurde der Trend zur Frauenerwerbstätigkeit verstärkt, die Reformen haben auf diese Weise die eine oder andere Ehe gefährdet. Andererseits wurden die Arbeitsplätze der Männer sicherer, die Reformen haben also auch viele Ehen gesichert. Welcher Effekt ist wichtiger?
Die Schätzungen der Ökonomen zeigen: Die Arbeitslosigkeit des Mannes bringt eine größere Scheidungsgefahr als die Arbeit der Frau. Darum hat auch der bessere Arbeitsmarkt nicht so viele Ehen gefährdet, aber viele gerettet. Insgesamt haben die Hartz-Reformen die Ehen in Deutschland stabilisiert.
Ähnliche Bildungswege bei Ehepartnern
Dazu kommt ein zweiter Effekt, den Bastian Schulz gemeinsam mit seinem Kollegen Fabian Siuda schon im vergangenen Jahr veröffentlicht hat – und der hat mit den speziellen Regeln der Reformen zu tun. Die sahen vor, dass Arbeitslose weniger Geld erhielten als früher, wenn ihr Ehepartner sie finanzieren konnte. Das werde dazu führen, dass Ehen mit ungleichen Arbeitsmarktchancen unattraktiver würden, vermuteten die Forscher – und weil Ausländer in Deutschland schlechtere Chancen am Arbeitsmarkt haben, müssten Ehen zwischen Deutschen und Ausländern seltener werden. Das geschah tatsächlich: Ihre Zahl sank um vier bis sechs Prozent gegenüber dem erwarteten Trend.
Und weil Ehen zwischen Partnern unterschiedlicher Nationalität öfter geschieden werden, wuchs auch auf diesem Weg die Stabilität der Ehen in Deutschland.
Tatsächlich ist das ein Trend, der in westlichen Gesellschaften schon seit Jahren beobachtet wird: „Assortative Mating“ heißt er. Das Wort beschreibt, dass Ehepartner immer öfter ähnliche Bildungswege haben. Grob zugespitzt: Der Arzt heiratet nicht mehr die Krankenschwester, jetzt wird er von einer Ärztin geheiratet. Das allerdings führt zu größerer wirtschaftlicher Ungleichheit, weil reiche und arme Leute sich auch beim Heiraten voneinander abkapseln. Das hat ein ganzes Team von Ökonomen für Dänemark untersucht und die Ergebnisse ebenfalls vergangene Woche beim Jahrestreffen vorgestellt. Ihr Ergebnis: Relevant ist schon die Tatsache, dass Menschen mit ähnlichen Berufszielen einander eher heiraten. Allein dieser Trend ist seit 1980 für fast die Hälfte des Anstiegs der Ungleichheit in Dänemark verantwortlich.
Christian Holzner und Bastian Schulz: Marriage and Divorce under Labor Market Uncertainty. Arbeitspapier.Bastian Schulz und Fabian Siuda: Marriage and Divorce: The Role of Unemployment Insurance. Journal of Population Economics, Juli 2023. DOI: 10.1007/s00148-023-00961-1.
Frederik Almar, Benjamin Friedrich, Ana Reynoso, Bastian Schulz und Rune Vejlin: Marital Sorting and Inequality: How Educational Categorization Matters. IZA DP 15912.
Martin Fieder und Susanne Huber: Increasing pressure on US men for income in order to find a spouse. Biodemography and Social Biology, 2-3/2002, DOI: 10.1080/19485565.2023.2220950.
Olle Folke und Johanna Rickne: All the Single Ladies: Job Promotions and the Durability of Marriage. American Economic Journal: Applied Economics, Januar 2020, S. 260–287. DOI: 10.1257/app.20180435.
Anja Roth und Michaela Slotwinski: Gender norms and income misreporting within households. ZEW Discussion Paper No. 20-001, 2020.
News Related-
Schneefall im Thüringer Wald: Langlaufstrecken präpariert
-
Wetter in Bayern: Mehrere Unfälle nach Wintereinbruch - neuer Schnee erwartet
-
Neue Preisregeln für Streamingdienste und keine Nummernschilder für Tesla
-
Wintereinbruch im Vogtland führt zu Behinderungen bei Bahn
-
Schneefall und rutschige Straßen: Wintereinbruch sorgt für Glätteunfälle in Brandenburg
-
Verspätungen und Ausfälle bei Berliner S-Bahn
-
Nordkorea räumt erstmals seit über 50 Jahren Gegenstimmen bei Wahlen ein
-
BR Volleys wollen sich in Ankara «gut aus der Affäre ziehen»
-
Beliebte Modefirma Shein beantragt Börsengang
-
5,5 Millionen Menschen heizen aus Geldmangel nicht angemessen
-
GfK-Barometer: Konsumlaune der Deutschen hellt sich auf – minimal
-
FOKUS 1-Novartis will nach Sandoz-Abspaltung stärker wachsen
-
Studierendenzahl sinkt zweites Jahr in Folge - aber mehr Erstsemester
-
Umfrage - Nur 35 Prozent glaube an bessere Regierung mit Union