Ukraine-Krieg: EU will eingefrorenes russisches Geld für Aufrüstung der Ukraine nutzen
Ukraine, Bachmut: Ukrainische Soldaten feuern eine Pion (M-1975) Kanonenhaubitze auf russische Stellungen.
Die EU hat sich auf die Nutzung des eingefrorenen Vermögens der russischen Zentralbank für die Finanzierung von Militärhilfen für die Ukraine geeinigt. Es geht um milliardenschwere Zinserträge aus eingefrorenen Geldern der russischen Zentralbank. Nach wochenlangen Verhandlungen verständigten sich die Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten am Mittwoch in Brüssel nach wochenlangen Verhandlungen auf einen Plan dafür. Auch zum Wiederaufbau des angegriffenen Landes sollen die Gelder genutzt werden. Allein dieses Jahr sollen bis zu drei Milliarden Euro zusammenkommen. Das teilte die derzeitige belgische EU-Ratspräsidentschaft mit.
In einem ersten Schritt für die Nutzung russischer Gelder für die Ukraine hatten die EU-Mitgliedstaaten bereits Mitte Februar erste Gesetzestexte angenommen. Darin war vorgesehen, dass 90 Prozent der nutzbaren Zinserträge aus der Verwahrung russischer Zentralbank-Gelder in den EU-Fonds für die Finanzierung militärischer Ausrüstung und Ausbildung geleitet werden sollen. Die restlichen 10 Prozent sollen für direkte Finanzhilfen für die Ukraine genutzt werden.
Zuletzt hatte es in einigen Mitgliedsstaaten noch Sorgen wegen möglicher Klagen Russlands und Vertrauensverlusten von Anlegern gegeben. Neutrale Staaten wie Österreich wollen sich zudem nicht direkt an der Lieferung von Waffen und Munition beteiligen – für sie wurde nun vereinbart, dass die Zinserträge zum Teil auch für andere Finanzhilfen verwendet werden. Zudem gab es Diskussionen darüber, wie viel Geld Euroclear für seinen Aufwand einbehalten darf. Der Betrag reduzierte sich im Lauf der Verhandlungen von 3 Prozent auf 0,3 Prozent. Es ist in der EU das mit Abstand wichtigste Institut, das Vermögenswerte der russischen Zentralbank verwahrt.
Die russischen Zentralbank-Gelder durch einen Enteignungsbeschluss direkt zu nutzen, ist bislang nicht geplant. Als ein Grund dafür gelten rechtliche Bedenken und wahrscheinliche Vergeltungsmaßnahmen. Moskau hatte die EU bereits im vergangenen Jahr davor gewarnt, das Eigentum des russischen Staates oder russischer Bürger zu konfiszieren. Denkbar wäre es beispielsweise, dass dann auch in Russland tätige Unternehmen aus EU-Ländern zwangsenteignet werden. Zudem könnte eine direkte Nutzung der russischen Vermögenswerte auch dazu führen, dass andere Staaten und Anleger das Vertrauen in den europäischen Finanzplatz verlieren und Vermögen aus der EU abziehen.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte die EU zuletzt mehrfach aufgefordert, die Risiken in Kauf zu nehmen. Es sei angemessen, sowohl die Gewinne als auch die Vermögenswerte selbst zu nutzen, um den russischen Terror zu stoppen, sagte er zuletzt in einer Videoansprache beim EU-Gipfel im März. Russland müsse sich der tatsächlichen Kosten des Krieges und der Notwendigkeit eines gerechten Friedens bewusst sein. Der stellvertretende ukrainische Regierungschef Olexander Kubrakow hatte die von Russland verursachten Kriegsschäden zuletzt auf 500 Milliarden Euro beziffert und sich dabei auf Zahlen der Weltbank, der Europäischen Union und der Vereinten Nationen berufen.
In der EU wurden nach Kommissionsangaben rund 210 Milliarden Euro der russischen Zentralbank eingefroren. Die Erträge aus der Verwahrung steigen laufend. Das in Brüssel ansässige Finanzinstitut Euroclear hatte zuletzt mitgeteilt, im Jahr 2023 rund 4,4 Milliarden Euro an Zinseinnahmen gemacht zu haben, die in Verbindung zu Russland-Sanktionen stehen. Es ist in der EU das mit Abstand wichtigste Institut, das Vermögenswerte der russischen Zentralbank verwahrt.