"Auf Linie bringen": Tojner lobbyierte über SPÖ für neues Stiftungsrecht

Download von www.picturedesk.com am 13.02.2024 (14:33). ABD0061_20211005 – WIEN – ÖSTERREICH: ZU APA0270 VOM 5.10.2021 – Seit wenigen Tagen ist das Hotel Motto in der Wiener Mariahilfer Straße geöffnet: Im Bild: Bauherr Michael Tojner aufgenommen im Rahmen eines Pressetermins, am Dienstag, 05. Oktober 2021 im Hotel Motto. – FOTO: APA/HARALD SCHNEIDER – 20211005_PD4046 – Rechteinfo: Rights Managed (RM)

Wünsche gab es viele: Als 2017 eine Reform des Privatstiftungsrechts auf der politischen Agenda stand, wurde im Hintergrund eine Vielzahl von Stiftern aktiv, um ihre Anliegen zu präsentieren. Darunter auch der Investor Michael Tojner, der offenbar mit zwei damaligen Abgeordneten der SPÖ zusammenarbeitete und sich wiederholt an den damaligen Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) wandte – und zwar an dessen private E-Mail-Adresse.

Die unknackbare Stiftung

Tojner hatte damals wieder einmal die B&C-Privatstiftung ins Visier genommen. Deren Geschichte ist bunt und kompliziert, sie hält Anteile an Industrieschwergewichten wie dem Aluminiumhersteller Amag, dem Fasererzeuger Lenzing oder an der Semperit.

Das Stiftungskonstrukt der B&C schützt diese Anteile vor einem Zugriff durch außen, die früheren Industriebeteiligungen der Bank Austria wurden somit quasi unantastbar gemacht. Schon die Unicredit, die die Bank Austria übernommen hatte, biss sich daran die Zähne aus.

Ab 2016 unternahm Tojner, der schon 2008 Interesse gezeigt hatte, einen neuen Anlauf, die B&C zu übernehmen. Die Stiftung wähnte sich öffentlich vor einer “feindlichen Übernahme” durch Tojner, der vermutlich die Stiftungsvorstände hätte austauschen wollen.

Um die B&C zu knacken und etwa an die Genussrechte, also gewissermaßen Teile des Gewinns, zu gelangen, musste der Unternehmer an mehreren Schrauben drehen. Einerseits verhandelte er mit der Unicredit, um die sogenannte Begünstigtenstellung bei der B&C zu erlangen; andererseits sollte ein reformiertes Privatstiftungsrecht ihm dann Zugriff auf die Stiftung ermöglichen. Da ging es etwa darum, dass Begünstigte mehr Gestaltungsmöglichkeiten erhielten und den Stiftungsvorstand abberufen dürfen.

Ein neuer Aktenvermerk der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zeigt nun, wie intensiv Tojner lobbyierte – und wen er einspannte. Der Amtsvermerk dient als Kontext für Ermittlungen in Sachen Stiftungsrecht, strafrechtliche Vorwürfe werden den Genannten keine gemacht.

E-Mails zeigen, dass Tojner mehrfach Kontakt mit den damaligen Abgeordneten Johannes Jarolim und Peter Wittmann (beide SPÖ und im Justizausschuss) sowie mit Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) hatte. Die beiden Abgeordneten waren laut Unterlagen in die Überlegungen von Tojner und seinen Beratern eingebunden. Die E-Mails werfen Fragen darüber auf, wie eng die beiden damaligen Mandatare mit Tojner kooperierten. An Wittmann schrieb Tojner etwa, es “wäre wichtig, dass du oder Dr. Jarolim den von uns korrigierten Gesetzestext (…) als Vorschlag einbringst. (…) Brandstetter wird ihn akzeptieren laut Besprechung.”

Besprechung mit Tojner

In einer anderen E-Mail schrieb Tojner an seine Berater, “Dr Wittmann wird laut seiner Aussage Jarolim auf Linie bringen”. Die beiden damaligen SPÖ-Politiker sollen laut einem Kalendereintrag auch an einer “Besprechung Privatstiftungsrecht” mit Tojners Beratern teilgenommen haben.

Die ausgewerteten E-Mails deuten laut Ermittlern an, dass Interna aus der SPÖ an Tojner geflossen sind. So habe Wittmann “bestätigt”, dass andere Kollegen den Entwurf “entschieden abgelehnt” hätten. Zum STANDARD sagt Jarolim, Tojner habe damals mit einem Mitarbeiter im Parlament vorgesprochen und Unterlagen übergeben. Darunter seien auch “sehr vernünftige Sachen” gewesen, die Jarolim politisch unterstützt habe, etwa im Bereich der Offenlegungen. Er habe zu Tojner jedenfalls keine geschäftliche Beziehung gehabt, “da können meine Honorarnoten gerne geprüft werden”. Wittmann, der wie Jarolim beruflich als Anwalt tätig ist, reagierte auf eine Anfrage nicht.

Private E-Mail-Adresse

Brandstetter wiederum traf sich offenbar rund um die Angelegenheit mit dem damaligen Unicredit-Chef, dem italienischen Botschafter und Tojner in Wien. Beim Kaffee habe man dann über die B&C gesprochen, hieß es in einer E-Mail von Tojner. Später erhielt Brandstetter von Tojner fixfertige Gesetzestexte auf seine private E-Mail-Adresse geschickt.

Diese E-Mail habe er “mit Sicherheit” an die zuständige Fachabteilung weitergeleitet, sagt Brandstetter auf Anfrage. Es sei immer wieder vorgekommen, dass Leute ihm E-Mails direkt geschickt hätten, um sicherzugehen, dass er sie auch wirklich erhalte.

Tojner habe er damals, als der an die italienischen Eigentümer herantreten wollte, an den italienischen Botschafter verwiesen.

Prinzipiell habe es in seiner Zeit als Minister “den vielfach geäußerten Wunsch, das österreichische Stiftungsrecht wieder zu attraktivieren”, gegeben, sagt Brandstetter zum STANDARD. Für eine Reform habe aber der politische Konsens gefehlt. Nicht wahr ist laut Brandstetter, dass er Tojner kurz nach seiner Ministertätigkeit im Bereich Stiftungsrecht beraten habe. Darauf deutet für Ermittler eine E-Mail Tojners hin, in der er schrieb, er habe Brandstetter als “Berater für die Industrie” beim Privatstiftungsrecht gewinnen können, dieser werde da “auch seine frühere Stellung als Justizminister nutzen”.

Tojners Anwalt Karl Liebenwein gab an, dass “vor mehreren Jahren versucht wurde, die Letztbegünstigungsrechte der B&C Privatstiftung nach Österreich zurückzuholen”. Unicredit und B&C erzielten da eine Lösung, auch mit Tojner gab es eine Vereinbarung. Daraus sei “explore!”, eine der größten privaten Förderinitiativen im Hochschulsektor, entstanden. Eine “Weiterentwicklung und Modernisierung” des Stiftungsrechts unterstütze Tojner aber nach wie vor. (Renate Graber, Fabian Schmid, 14.2.2024)

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