Die größte Konsumgütermesse Europas: So groß wie das Tempelhofer Feld

die größte konsumgütermesse europas: so groß wie das tempelhofer feld

Ganz schön eisig: Auf der Messe Christmasworld in Frankfurt

Es gibt keine globalere Plattform“, sagt der Geschäftsführer der Messe Frankfurt, Detlef Braun, über die drei Messen Ambiente, Christmasworld und Creativeworld. Braun nennt sie „unser Konsumgüter-Trio“. Zum zweiten Mal finden sie bis Dienstag gleichzeitig in Frankfurt statt. Auf einer Fläche von mehr als 360.000 Quadratmetern, sechsmal so groß wie der Louvre in Paris, stellen 4928 Aussteller aus 170 Ländern aus. Braun sagt, noch nie sei in Frankfurt eine flächenmäßig so große Messe abgehalten worden.

Unter den Schlagworten Dining, Living, Giving und Working sind die Aussteller angeordnet, daneben gibt es noch Sektionen für Festtags- und Hobbyartikel. Tatsächlich erscheint die Messe wie ein Warenhaus von und für die ganze Welt. Die Hallen mit den Porzellananbietern ähneln vielfach nebeneinandergestellten Geschirrsegmenten eines Warenhauses in einer hiesigen Fußgängerzone. In den für „global sourcing“ vorgesehenen Hallen sieht es hingegen mehr nach Großhandel aus, für aufwendiges Standdesign wurde nicht so viel ausgegeben. Die meisten der Aussteller kommen hier aus Fernost, insbesondere aus China. Irgendwo muss schließlich die vermeintliche Werkbank der Welt die Händler der Welt treffen, die ihre Waren an die Kundschaft im Westen und darüber hinaus verkaufen.

Um einen Überblick über die verschiedenen Marktebenen vor dem Einzelhandel und die zugehörigen Lieferketten zu bekommen, gibt es wohl nicht viele geeignetere Orte. Für die großen Produzenten aus Asien etwa ist die Frankfurter Messe der Ort, um mit ihren europäischen Kunden direkt ins Gespräch zu kommen. Aber längst nicht alle Gäste der Messe kommen dafür in Betracht: Die Mindestbestellmenge der Produzenten aus Übersee ist meist ein Schiffscontainer oder sogar noch mehr – nichts, was ein deutscher Einzelhändler ordern würde.

Viele chinesische Hersteller in Frankfurt

Einer der chinesischen Produzenten ist Hualian, ein Porzellanhersteller aus Liling in der südchinesischen Provinz Hunan. An 17 Fertigungsstraßen beschäftigt Hualian 5000 Mitarbeiter. 60 Prozent der Produktion gehen nach Unternehmensangaben ins Ausland, zuvorderst nach Europa und in die Vereinigten Staaten. In Deutschland beliefert Hualian mehrere große Einzelhandelsketten. Seit vielen Jahren schon kommt Hualian regelmäßig nach Frankfurt. Vertriebsleiterin Celia Chen ist nicht nur für die europäischen Kunden da – auch die Kontakte zu Großhändlern aus Nord- und Südamerika möchte sie hier pflegen. 2024 seien wieder sehr viele chinesische Hersteller zur Frankfurter Messe gekommen, sagt Chen. Im vergangenen Jahr sei das wegen der Pandemie noch nicht so gewesen. Das habe für sie das Geschäft leicht gemacht, im laufenden Jahr werde es wohl nicht ganz so einfach. Immerhin sei man wieder auf dem Weg, das Vorpandemieniveau zu erreichen.

Neben Produzenten aus Fernost stellen auch deutsche Hersteller aus. Der Porzellanhersteller Seltmann Weiden aus Bayern ist seit Jahren regelmäßiger Aussteller. In diesem Jahr, freut sich Vertriebschef Bernhard Schieder, ist Seltmann sogar wieder mit zwei Ständen dabei – mit einem auf die Kunden in der Gastronomie zugeschnittenen und mit einem für die Einzelhändler. In Zeiten zunehmender geopolitischer Spannungen und unzuverlässiger werdender Lieferketten verspricht die Produktion in Deutschland größere Sicherheit – damit einher gehen aber auch die Probleme vor Ort: Für die energieintensive Porzellanproduktion waren die vergangenen Jahre keine einfachen. Der Gaspreis habe sich zwischendurch versechsfacht, berichtet Schieder. Daher seien dies „zwei schwierige Jahre“ für Seltmann gewesen. Auch die Personalkosten für die 700 Mitarbeiter seien merklich gestiegen. „Wären wir kein solides familiengeführtes Unternehmen, dann weiß ich nicht, wie es geendet hätte“, sagt Schieder.

Das Publikum, an das sich Schieders Stand richtet, überschneidet sich zwar mit dem der chinesischen Hersteller, weist aber deutliche Unterschiede auf. Auch Seltmann kann in großen Stückzahlen liefern, zu ihm an den Stand kämen etwa Möbelverbände. Ordern würden die aber in Frankfurt nichts mehr, sagt Schieder. Auf der Messe gehe es zuvorderst darum, ins Gespräch zu kommen. An Einzelhändler richte sich der Stand zwar auch. Aber die erreiche Seltmann auch über lokale Messen. Die Frankfurter Schau sei diejenige für die Großkunden und für das internationale Geschäft. Außerhalb der deutschsprachigen Länder sei die Marke Seltmann noch nicht so etabliert – da gebe es noch Verbes­serungspotential, sagt Schieder. In Deutschland stehe Seltmann im mittel- und hochpreisigen Segment für Zuverlässigkeit. „Wir sind der Volkswagen unter der Porzellanherstellern“, sagt Schieder.

Messeauftritt als Teil der Neuaufstellung

Andere Unternehmen halten auf der Messe die Kontakte in beide Richtungen: zu den Produzenten wie auch zum Einzelhandel. Der Glas- und Keramikgroßhändler Gerd van Well aus Krefeld kauft seine Produkte im EU-Ausland, in der Türkei, aber auch in China ein und beliefert vornehmlich den deutschen Markt. Verkauft wird sowohl an Einzelhändler als auch an Abholgroßmärkte und Onlinehändler. Mit einem eigenen Stand ist van Well das erste Mal auf der Frankfurter Messe vertreten, erzählt Geschäftsführer Johannes Rüby. Vor zwei Jahren hat er mit Partnern das zuvor familiengeführte Unternehmen übernommen, der Messeauftritt ist Teil der Neuaufstellung. An Rübys Stand stellt van Well neben klassischen und modernen Tischgedecken auch Terrinenformen oder Schüsseln verschiedener Größe aus, die durch eine spezielle Lackierung jeweils eigene Muster haben. Im mittleren und unteren Preissegment möchten die Krefelder alle bedienen können. „Van Well kann mehr als in der Vergangenheit, und wir glauben, dass die Stärken noch nicht so nach außen getragen wurden, wie es eigentlich möglich ist“, sagt Rüby. Die Messe biete nun die Möglichkeit, das Gesamtpaket des neuen Auftritts zu zeigen.

Zehn Prozent mehr Aussteller als im Vorjahr zählt die Messe, van Well ist einer von ihnen. „Das Gelände platzt aus allen Nähten“, sagt Messechef Braun. 154.000 Besucher kamen im Vorjahr. In diesem Jahr erhofft er sich noch mehr.

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