Migration als Hoffnung auf ein besseres Leben

«Weltweit unterwegs»: Das Freilichtmuseum Ballenberg erzählt zusammen mit der Entwicklungsorganisation Helvetas von der einstigen und der heutigen Migration.

migration als hoffnung auf ein besseres leben

Ballenberg-Gäste vor dem Haus aus Leutwil. Hier und in weiteren Häusern werden Migrationsgeschichten erzählt.

Anna Gloor ist zum dritten Mal schwanger. Es werden Zwillinge. Die Armut ist ihre stete Begleiterin.

Anna Gloor gab es wirklich. Ihre Familie bewohnte das einfache, 1802 gebaute Strohdachhaus von Leutwil im Aargau. Im Freilichtmuseum Ballenberg sind die Stimmen von Anna und ihrer Schwester Susanna als Beitrag zum Jahresthema «Weltweit unterwegs» in der Stube des Hauses zu hören – das Gespräch ist erfunden, basiert aber auf Fakten.

Die Männer der Schwestern arbeiteten notgedrungen weit weg. Susannas Mann ging sogar in den Kriegsdienst nach Batavia (Niederländisch-Indien), obschon das 1857 verboten war. Er kehrte nicht zurück. Eine Schweizer Migrationsgeschichte aus wirtschaftlicher Not, mitten in der Idylle der gepflegten historischen Bauwerke der ländlichen Schweiz.

Positives und Probleme der Migration

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Das Jahresthema «Weltweit unterwegs» erzählt von positiven und problematischen Seiten der Migration.

Am 13. April eröffnete das Freilichtmuseum zusammen mit der Entwicklungsorganisation Helvetas den Themenweg «Weltweit unterwegs». Die im Gelände sichtbaren Zeichen sind himmelblaue Ständerplakate mit übergrossen ausgeschnittenen Konturen und Silhouetten von Menschen. In sechs Häusern werden Migrationsgeschichten aus der Schweiz von früher erzählt, denen jeweils die wahre Geschichte von jemandem gegenübergestellt wird, der heute migriert ist.

Beim Haus von Leutwil handelt es sich um Sunday Isioyi, der innerhalb von Afrika ein Auskommen gesucht und es in Benin als eigenständiger Händler von mechanischen Teilen gefunden hat. Die Porträts der Menschen sind exemplarische Geschichten, die ein Grundprinzip abbilden. Sie schildern positive Erfahrungen und Möglichkeiten, die sich aus der Migration ergeben, aber auch Schwierigkeiten und Einschränkungen.

Verfolgung hier, Krieg da

«Heute ist es möglich, ohne grosse Hindernisse weltweit unterwegs zu sein», sagte Bernadette Hänni, Vizepräsidentin des Stiftungsrats Ballenberg bei der Begrüssung der Gäste anlässlich der Eröffnung. Allerdings seien heute auch viele Menschen unter schwierigen Umständen und nicht freiwillig unterwegs. Mit der Zusammenarbeit mit Helvetas schlage das Museum eine Brücke von der historischen Schweiz zur Gegenwart in ärmeren Ländern.

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Im Rahmen des Jahresthemas 2024 «Weltweit unterwegs» werden Geschichten von Menschen gezeigt, die in den historischen Ballenberghäusern lebten – und oft saisonal mobil waren oder ein- und auswanderten.

In der Scheune von Wasen steht das Schicksal der Täufer, die wegen ihrer Art, das Christentum zu leben, im Emmental verfolgt wurden und flohen, dem einer jungen Frau aus der Ukraine gegenüber, die mit ihren Kindern vor dem Krieg geflohen ist. Eine andere Ukrainerin, die bei der Eröffnung dabei war, hat eine kleine Madonna-Ikone zur Ausstellung beigetragen, die sie auf ihrer schwierigen Flucht in die Schweiz begleitet hat.

Die Kunst des Obstbaus

Nicht immer ist Migration aus der Not geboren. Da ist die Geschichte des Genfers Joseph Guillerme, der vom König von Savoyen auf eine Bildungsreise geschickt wurde. Er lernte neue Methoden für die Obstkultur kennen, wandte sie erfolgreich an und baute in Lancy das eindrückliche Bauerngut, das auf den Ballenberg umgezogen ist.

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Das Zentrum der Ausstellung: Hier sind Fakten zur Migration und interaktive Möglichkeiten zusammengestellt.

Schwerer hat es sein Gegenüber aus der heutigen Zeit: Die Ärztin Aiya Cayupare Dasilva ist von Venezuela nach Peru ausgewandert. Praktizieren durfte zuerst nur ihr Mann, der aber an Corona starb. Sie musste sich ihre Zulassung dann hart erkämpfen.

«Menschen machen sich sowohl freiwillig als auch unfreiwillig auf den Weg, weil sie darin für sich und ihre Familie eine Chance sehen oder weil das Bleiben eine sehr schlechte Option ist. Die Gründe waren früher so vielfältig wie heute. Gemeinsam ist allen die Hoffnung auf ein besseres Leben», schreibt Helvetas zur Ausstellung, die auch mit Zahlen und Fakten aufwartet und zum spielerischen Mitmachen einlädt. Das Ziel ist, das aktuelle Thema Migration ohne Berührungsängste, differenziert und auf überraschende Art und Weise zu vermitteln.

Es geht um das Leben in den Häusern

Der Themenweg passt zur Weiterentwicklung des Museums. «Es geht nicht mehr nur um die Entstehung und die Bauart der Häuser, sondern auch um das Leben in ihnen», sagte Geschäftsführer Martin Michel. Wissenschaftlich läuft zum Thema das Nationalfondsprojekt «Mensch und Haus» der Uni Basel. Die beiden Kuratorinnen Nadja Buser (Helvetas) und Mirjam Koring (Ballenberg) haben zusammen Bilder und Worte gefunden und die Ausstellung, die von Bund, Kanton und Stiftungen finanziell unterstützt wird, mit einem grossen Team gestaltet.

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