Ladenhüter: 2023 wurden in Frankfurt wegen der gestiegenen Zinsen nur wenige Eigentumswohnungen wie hier im Europaviertel verkauft.
Man muss bis ins Jahr 1997 zurückblicken, um ein ähnlich schlechtes Jahr auf dem Frankfurter Immobilienmarkt zu finden: 3910 Grundstücke, Häuser und Wohnungen wurden 2023 verkauft, wie der Gutachterausschuss für Immobilienwerte am Dienstag berichtete. Gegenüber 2021 ist das ein Einbruch um mehr als 40 Prozent. Das liegt vor allem daran, dass der für Frankfurt wichtige Handel mit Bürogebäuden weitgehend zum Erliegen gekommen ist.
Aber auch Wohnimmobilien waren kaum gefragt. 1427 Eigentumswohnungen wurden 2023 verkauft, rund 500 weniger als im Jahr zuvor. Blickt man nur auf Neubauten, ist die Entwicklung noch dramatischer: Für gerade einmal 90 neue Eigentumswohnungen gab es im vergangenen Jahr Notartermine – das entspricht einem Einbruch von rund zwei Dritteln gegenüber dem Vorjahr. Damit setzt sich der Trend fort, der im zweiten Halbjahr 2022 infolge steigender Zinsen begann.
Schon damals zeichnete sich ab, dass es mit den seit Jahren kontinuierlich steigenden Preisen vorbei sein könnte. Vor einem Jahr sprach der Gutachterausschuss von einer Trendwende und stieß mit dieser Aussage bei vielen Marktteilnehmern auf Skepsis. Doch die damalige Prognose werde durch die Fakten bestätigt, betonte Michael Debus, der stellvertretende Vorsitzende des Gutachterausschusses.
Betrachtet man alle Eigentumswohnungen, ergibt sich für 2023 ein Durchschnittspreis von 5250 Euro pro Quadratmeter – ein Rückgang um 16 Prozent gegenüber 2022. Nicht ganz so groß sind die Abschläge bei Neubaubauwohnungen. Aber auch hier haben die Preise um rund neun Prozent nachgegeben. Im Durchschnitt kostete der Quadratmeter 7350 Euro, womit das Niveau von 2020 wieder erreicht ist. Der Gutachterausschuss wertet sämtliche Kaufverträge aus, die ihm die Notare vorlegen müssen.
Keine Immobilienblase
„Der Markt normalisiert sich“, meint Debus. Eine Immobilienblase, die zu platzen droht, könne er nicht erkennen. Nur seien die Erwartungen an die künftige Preisentwicklung „zu euphorisch“ gewesen. Debus weist aber auch darauf hin, dass wegen der geringen Fallzahlen die durchschnittlichen Verkaufspreise nur eine begrenzte Aussagekraft hätten. „Zum Markt gehören auch die Verträge, die nicht zustande gekommen sind“, sagte er. Damit meint er: Es besteht durchaus Nachfrage nach Eigentumswohnungen – aber in einem Preissegment, in dem das Angebot fehlt. Darauf deutet auch eine weitere Auswertung hin: Der Anteil der Wohnungen, die für mehr als 7500 Euro pro Quadratmeter verkauft wurden, ist deutlich gesunken. Fast die Hälfte der Käufer hat nicht mehr 5000 Euro pro Quadratmeter ausgegeben. Noch 2021 machte dieses Segment gerade einmal 27 Prozent aller Verkäufe aus.
Wer nach einer Wohnung in dieser Preisklasse sucht, sollte sich nicht in den beliebten Stadtteilen Westend, Nordend, Bornheim oder Sachsenhausen umsehen. Altbauwohnungen für weniger als 5000 Euro pro Quadratmeter sind aber noch in Bockenheim, Eschersheim oder im Gallus zu finden. Die Preissensibilität der Käufer ist nach Einschätzung des Gutachterausschusses auch ein Grund dafür, dass 2023 keine einzige Wohnung in einem neuen Hochhaus mit mindestens 15 Stockwerken verkauft wurde. In neun älteren Türmen wurden immerhin 63 Transaktionen mit einem durchschnittlichen Quadratmeterpreis von 13.520 Euro verzeichnet. Dabei reichte das Spektrum von rund 4700 Euro bis fast 27.000 Euro pro Quadratmeter. Die verkauften Hochhauswohnungen sind im Mittel deutlich kleiner als in den vergangenen Jahren, was ebenfalls ein Hinweis auf die begrenzten finanziellen Möglichkeiten ist.
Kaum neue Eigenheime
Diese machen sich auch bei Einfamilienhäusern bemerkbar, bei denen die Kaufpreise in allen Altersklassen nachgegeben haben, im Durchschnitt um fünf Prozent. Besonders gefragt waren Reihenmittelhäuser aus den Zwanziger- und Fünfzigerjahren in Praunheim und am Frankfurter Berg. Sie waren zu Preisen zwischen 400.000 und 500.000 Euro zu haben. Neubaueigenheime hingegen spielen in Frankfurt so gut wie keine Rolle. Gerade einmal sieben Häuser wurden 2023 verkauft. Die Zahlen sind aber schon seit zehn Jahren sehr niedrig.
Auffallend ist, dass der Verkauf von Mehrfamilienhäusern weiter zurückgegangen ist. Christine Helbach, die zum Jahresbeginn den Vorsitz des Gutachterausschusses übernommen hat, führt das auf die Folgen des Baulandmobilisierungsgesetzes zurück. Seit dem Frühjahr 2022 ist es in Hessen deutlich schwieriger, Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umzuwandeln. Das zuvor weitverbreitete Geschäftsmodell, Mietshäuser zu kaufen und nach einer Aufteilung die Wohnungen einzeln weiterzuverkaufen, ist dadurch uninteressanter geworden. 2022 wurden dem Gutachterausschuss 360 Wohnungsumwandlungen im Zusammenhang mit einem Hausverkauf gemeldet, 2023 waren es nur noch 60.
Für Planungsdezernent Marcus Gwechenberger (SPD) sind Mietwohnungen ohnehin wichtiger als Eigentumswohnungen, die sich Normalverdiener nicht mehr leisten könnten. Er will Projektentwickler deshalb davon überzeugen, Wohnungen nicht einzeln anzubieten, sondern sie als Mietwohnungen auf den Markt zu bringen. Damit überhaupt noch Wohnungen gebaut werden, müssten die Baukosten gesenkt werden, meint Gwechenberger. „Wir müssen auf einen Standard kommen, den wir vor zehn Jahren hatten.“ Der sogenannte Baulandbeschluss, mit dem die Stadt Frankfurt unter anderem eine bestimmte Quote von Sozialwohnungen fordert, stehe dem Wohnungsbau hingegen nicht im Weg. Änderungen werde es nicht geben.
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