Reaktion von Kanzler Scholz: "Iran riskiert einen regionalen Flächenbrand"

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach der Landung in Chongqing:

Olaf Scholz erreicht die Meldung von Irans Angriff im Flieger nach China. Das hat Auswirkungen auf den Verlauf der Kanzlerreise.

“Iran riskiert einen regionalen Flächenbrand”

Den Bundeskanzler erreicht die befürchtete Nachricht auf 11 900 Meter Flughöhe über Kasachstan. Er ist auf dem Weg zu einem dreitägigen Besuch in China, als die Meldungen von iranischen Angriffen auf Israel eintreffen.

Im Regierungs-Airbus ist schon alles vorbereitetet für die Nachtruhe, aber Olaf Scholz ist noch wach, als Jens Plötner ihn informiert. Sein außenpolitischer Berater versucht, die Informationen zu sortieren – aus offenen Quellen wie auch die Meldungen der Nachrichtendienste.

Nun ist eingetreten, was seit Tagen erwartet worden war. Iranische Drohnen sind auf dem Weg nach Israel, ein großer Krieg droht. Schon vor Abflug zu der dreitägigen Reise war erwartet worden, dass das passieren könnte.

Vorbereitet wird nun eine Erklärung, die unmittelbar nach der Landung in Chongqing verbreitet wird. “Mit aller Schärfe hat Bundeskanzler Olaf Scholz die schweren Luftangriffe auf israelisches Staatsgebiet verurteilt, die das Regime in Teheran heute Nacht begonnen hat. Mit dieser unverantwortlichen und durch nichts zu rechtfertigenden Attacke riskiert Iran einen regionalen Flächenbrand”, heißt es darin. In diesen schweren Stunden stehe Deutschland eng an der Seite Israels. Über weitere Reaktionen werde man sich eng mit den G-7-Partnern und Verbündeten besprechen.

Schon jetzt ist klar, dass die Reise des Kanzlers durch China nicht den normalen Verlauf nehmen kann.

Eine Bootsfahrt sagt der Kanzler ab

Scholz wird am Dienstag zu Gesprächen mit Präsident Xi Jinping in Peking erwartet. Zuvor aber absolviert Scholz am Sonntag ein abgespecktes Besuchsprogramm. In der Mega-Metropole Chongqing, mit 32 Millionen Einwohnern angeblich die größte Stadt der Welt, besichtigt er mittags eine Bosch-Produktionsstätte für Wasserstoffantriebe. Gezeigt wird dem Kanzler eine klimatisierte, fast voll automatisierte Fabrik, die erst im vergangenen Jahr eröffnet worden ist. Die Chancen, die sich deutschen Konzernen in China immer noch bieten. Das war eine der Botschaften, die sich Scholz von seinen Stationen Chongqing und danach Shanghai versprochen hatte.

Beim Besuch der Produktionsstätte von Wasserstoffantrieben in Chongqing greift der Kanzler in der Fertigung selbst zum Akkuschrauber.

Ein Stadtrundgang mit Architekturstudenten fällt am Sonntag aus, obwohl auch der Scholz besonders interessiert hätte. Das an Berghängen liegende Chongqing ist eine kompliziert in Etagen errichtete Stadt, in der sich Hochhaus an Hochhaus reiht. Auch eine Bootsfahrt auf dem Jialing- und Jangtse-Fluss sagt Scholz ab.

Zum einen will der Kanzler, während im Nahen Osten die größtmögliche Katastrophe droht, wohl keine touristisch anmutenden Bilder liefern. Zum anderen muss er sich vom fernen China aus in die Krisendiplomatie einschalten, während in Berlin der Krisenstab unter Leitung von Annalena Baerbock zusammentritt. Das Scholz-Team bereitet auch die Teilnahme an einer Schaltkonferenz von Staats- und Regierungschefs der G-7-Staaten vor. Von Berlin aus ist ein IT-Experte mitgereist, der für die nötige Sicherheit sorgen soll. Allen Mitgliedern der Reisegruppe ist eingebläut worden, dass der chinesische Geheimdienst mithört, wo immer er kann.

Scholz wird mit Xi wohl auch über die Lage in Nahost sprechen

Ein Abbruch der Reise steht nicht zur Debatte. Vor allem, weil das ein Affront gegenüber den Gastgebern wäre und Scholz sich einiges vorgenommen hat, um in China gute Stimmung zu machen. Mit an Bord sind zwölf Wirtschaftsvertreter, Bayer-Chef William Anderson etwa, Mercedes-Boss Ola Källenius und Tobias Meyer, Vorstandschef von DHL.

Sicher aber auch, weil nach den iranischen Angriffen auf Israel eher noch ein dringendes Thema für die Gespräche mit Xi hinzugekommen ist. Den Einfluss Chinas auf das Mullah-Regime in Teheran will man zwar im Scholz-Umfeld nicht überschätzen, aber bei null liegt er sicher nicht.

Wie im Falle des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine will Scholz an Xi appellieren, Verantwortung für den Frieden zu übernehmen. Im Ukraine-Krieg behauptet China offiziell, neutral zu sein, versorgt Russland aber unterhalb von Waffenlieferungen verlässlich mit allem, was es für den Krieg braucht. Scholz will in Peking deutlich machen, wie sehr China damit seinem Verhältnis zu den Europäern schadet.

Auch zu Iran unterhält die Volksrepublik gute Beziehungen, Israel hatte es wegen des Gaza-Krieges scharf kritisiert. China sei “zutiefst besorgt” über die jüngste Eskalation im Nahen Osten, teilt am Sonntag das chinesische Außenministerium mit. Man rufe alle betroffenen Seiten auf, Ruhe zu bewahren, um eine weitere Zunahme der Spannungen zu vermeiden. Die internationale Gemeinschaft müsse sich “in konstruktiver Weise” für Frieden und Stabilität in der Region einzusetzen. Scharfe Kritik an Teheran, wie sie Scholz geäußert hat, ist aus Peking allerdings nicht zu hören.

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