Nvidia-CEO: Programmieren lernen lohnt nicht mehr – das sagen Programmierer dazu

nvidia-ceo: programmieren lernen lohnt nicht mehr – das sagen programmierer dazu

Die neue KI von Nvidia könnte die Gaming-Branche grundlegend verändern.

Auf dem World Government Summit teilte der CEO von Nvidia mit, dass KI zukünftig die Arbeit von Programmierern übernehmen wird – Kinder sollten also nicht mehr Programmieren lernen. Wir haben Menschen vom Fach gefragt, was sie davon halten.

Die Aussage ist ziemlich eindeutig: Jensen Huang diskutierte auf einem Panel der World Government Summit über die Möglichkeiten von künstlicher Intelligenz. Dabei äußerte er sich auch dazu, dass Kindern seit Jahren dazu geraten wird, Programmieren zu lernen. “In den letzten 10-15 Jahren hat Ihnen fast jeder, der auf einer Bühne wie dieser sitzt, gesagt, dass es wichtig ist, dass Ihre Kinder Informatik lernen, dass jeder Programmieren lernen sollte. Tatsächlich ist fast genau das Gegenteil der Fall.” Seiner Meinung nach müsse eigentlich niemand mehr Programmieren lernen, da die Programmiersprachen zukünftig einfach durch unsere “normale” Sprache ersetzt würden – dank KI. Das würde bedeuten, dass der Beruf des Programmierers ausstirbt. Zukünftig sollten Menschen eher in der Lage sein, einer KI zu sagen, was sie programmiert haben wollen – und die erledigt den Rest. Was aber ist davon zu halten? Wir haben mit Programmierern aus der Gaming-Branche gesprochen und sie nach ihrer Meinung zu dieser Vision von Huang gefragt. In kurzen Protokollen teilen sie uns ihre Einschätzung mit.

Kirk Lenke, CEO bei Nukklear in Hannover

“Die jüngsten Äußerungen des Nvidia-CEOs mögen zwar den Aktienkurs beflügeln, doch seine Vision, dass Kinder in 10 bis 15 Jahren nicht mehr programmieren lernen müssen, weil genügend ältere Menschen diese Fähigkeit besitzen und künstliche Intelligenz das Programmieren besser beherrschen wird als Menschen, bedarf einer differenzierten Betrachtung. Meiner Ansicht nach sind diese Aussagen nicht unrichtig, doch sie berücksichtigen nicht, dass das Erlernen von Programmierkenntnissen in jungen Jahren das Gehirn auf eine Weise formt, die für das Verständnis komplexer Problemlösungen unerlässlich ist. Durch diese Fähigkeiten können Menschen mithilfe von KI weit über das hinausgehen, was wir heute unter ‘Prompt-Engineering’ verstehen. Ich glaube, dass die Übernahme der Basisprogrammierung durch KI dazu führen wird, dass sich mehr Menschen der Programmierung zuwenden, da sie zugänglicher wird. Diejenigen, die die Grundlagen der Programmierung beherrschen, werden schnell in der Lage sein, mithilfe von KI alltägliche Aufgaben zu bewältigen, gleichzeitig aber auch den Code zu verstehen und bei Bedarf Anpassungen und Korrekturen vorzunehmen. Zugleich werden sie aber auch in der Lage sein, komplexere Programme unter Zuhilfenahme der KI zu schreiben. Und überhaupt: aktuelle Modelle können Wissen nur aggregieren, und da bedarf es weiterhin Programmierleistung, um die nächste Evolutionsstufe zu erreichen.”

Paul Lawitzki, Programmierer und Game-Designer bei Chasing Carrots in Stuttgart

“Für mich ist das einfach nur Marketing-Sprech. Zum Einen glaube ich nicht, dass uns Sprachmodelle so bald die Programmierarbeit abnehmen werden. Blind einer ‘KI’-Black-Box zu vertrauen, dass sie komplexe Software fehlerfrei, performant und sicher programmiert, halte ich für fahrlässig. Das wird noch sehr lange nicht ohne zusätzliche Kontrollinstanz funktionieren. Ich finde es außerdem sehr wichtig, dass in einer Bevölkerung grundlegende Bildung in allen Bereichen, auch außerhalb der Informatik, erhalten bleibt. Allein in der Microelektronik und in der Software-Entwicklung gibt es jede Menge verlorenes Wissen. Fortschritt erhält sich nicht von selbst. Es braucht Menschen, die Know-how kultivieren und weitergeben.”

Ben Lochmann, CEO bei Pixel Maniacs in Nürnberg

“Wir arbeiten derzeit neben unserem nächsten Game an unserer Influencer-Marketing-Software für Games. Ich hatte die Software zunächst alleine für uns entwickelt und biete sie mittlerweile diversen Publishern, Marketing-Agencies und Indies als SaaS an. Wir haben eine EU-Förderung in Höhe von 630.000 Euro für die Weiterentwicklung der Software erhalten und fokussieren uns seitdem sehr stark darauf. Meine nachfolgenden Ausführungen sind analog auf meine Kolleg:innen übertragbar, welche an unserem nächsten PC/Konsolen-Spieleprojekt arbeiten. Ich bin vollkommen begeistert davon, wie schnell wir mithilfe von KI vorankommen: Seitdem ich GitHubs Copilot nutze, fühlt es sich für mich an, als hätte ich eine Kollegin, die Vollzeit mit mir gemeinsam am Code arbeitet und jeden bisher geschrieben Code der Welt kennt. Das fühlt sich definitiv so an wie Programmieren auf Steroiden, ich war noch nie so schnell im Implementieren von Features (und erhalte auch dieses Feedback von unseren Kunden). Ich habe einen festen Scope an Features, die ich implementieren möchte und habe definitiv wegen KI einfach mehr Zeit für andere Dinge, weil ich geschätzt 30 bis 50 Prozent schneller bin als zuvor. Als Ergänzung zum GitHub-Copilot nutze ich OpenAI. ChatGPT erkläre ich bei sicherheitsunkritischen (und auswechselbaren) Teilen der Software teilweise nur meine Anforderungen, probiere die vorgeschlagene Lösung, und erkläre meiner KI-Kollegin, was mir an der Lösung nicht gefällt, und bekomme direkt eine neue Lösung präsentiert, die ich wieder ausprobiere. Auch hilft mir ChatGPT bei Systemadministrationsfragen und hilft mir oft deutlich schneller, effizienter und mehr auf meine Frage bezogen als eine Google-Suche oder Surfen auf Stackoverflow. Viele meiner Fragen, die ich zuvor kostenpflichtig an gut bezahlte externe Expert:innen gegeben hatte, beantwortet mir mittlerweile die KI. Den Namen “Copilot” finde ich ausgezeichnet gewählt, der Copilot hilft mir massiv, aber das Konzept und die Architektur der Software kommt nach wie vor von uns. Es ist kein Pilot, der mit hilft, es ist ein Assistent. Mein Gefühl ist, dass das nicht weggehen wird: Softwareentwickler:innen werden sich immer mehr eher auf die Software-Architektur, die geplante Struktur der Software konzentrieren, und sich weniger mit lästigen (und auch langweiligen) To-dos beschäftigen. Den meisten ‘Brainjuice’ bei der Entwicklung einer Software investiere ich zudem häufig gar nicht am Rechner: Mir kommt beim Radfahren, beim Schwimmen, beim Spazierengehen oft ein gutes Konzept für eine Problemlösung. Das tatsächliche Niederschreiben ist nicht die Kunst, die Architektur und Idee ist das Besondere. Das ist für mich ein Gewinn an Lebensqualität, weniger Arbeit am Rechner zu investieren und mehr über Konzepte nachzudenken. Es wird meines Erachtens irgendwann so sein, dass ein:e Entwickler:in die Struktur einer geplanten Software mit wenig Aufwand einer KI übermittelt. Die Idee wird derzeit noch via Fingerbewegungen und Übersetzung in Text an den Rechner übermittelt, in zehn Jahren bestimmt mit irgendeiner sinnvolleren Mensch-PC-Schnittstelle. Diese Idee wird dann von der KI in Code gegossen. Der Mensch wird dieses Ergebnis inspizieren, testen und sicherlich noch das Vorgehen überprüfen. Es wird meines Erachtens immer so sein, dass es von Vorteil ist, zu wissen, was genau die KI für eine Software geschrieben hat, insbesondere wenn es Probleme gibt (Sicherheit, Performance, Bugs etc.). Ich denke aber, dass KI wie in vielen anderen Berufsfeldern Low-Level-Programmierende Schwierigkeiten bereiten wird. Man wird ‘nach oben’ streben müssen und versuchen müssen, sich von den Fähigkeiten einer KI abzugrenzen. Für mich wird KI zu einer Industriellen Revolution führen, nur dass diesmal eher die ‘White Collar’-Jobs Herausforderungen haben werden (Programmierende, Anwält:innen, Ärtz:innen, Jornalist:innen, Graphic-Designer:innen, Consultants etc.). Die Top 20 Prozent in ihren Berufsfeldern werden eher profitieren durch mehr Effizienz, die unteren 80 Prozent werden sich sicherlich mittelfristig stärker anpassen müssen. Ich sehe unterm Strich in KI aber gesellschaftlich mehr Chancen als Risiken.”

9 Aufgaben in Videospielen, die fast alle Entwickler hassen:

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