Scholz passt Besuchsprogramm in China an – Baerbock wirft Iran „aggressives Verhalten“ vor

Olaf Scholz saß gerade im Flugzeug nach China, als der Iran seinen massiven Angriff auf Israel startete. Das Programm des Kanzlers in der chinesischen Stadt Chongqing muss kurzfristig geändert werden. Die G-7-Staaten wollen am Nachmittag beraten. Die Reaktionen im Überblick.

Der aktuell in China reisende Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat nach den Angriffen des Iran auf Israel sein Besuchsprogramm angepasst. Der Kanzler weilt zurzeit mit einer großen Wirtschaftsdelegation in der Provinzstadt Chongqing, wo er am Sonntagmorgen eine Produktionsstätte der Firma Bosch besichtigte. Am Nachmittag waren nach einem Essen mit dem örtlichen Parteisekretär die Besichtigung eines Kulturmarktes und eine Stadtbesichtigung geplant. Ob Scholz diese Termine absolviert, ist noch unklar.

An einer Bootsfahrt auf den Flüssen Jialing und Jangtse, die für den frühen Abend angedacht war, wird der Kanzler jedoch nicht teilnehmen. Der Kanzler wird sich von Chongqing aus an einer Schaltkonferenz der in der G 7 organisierten Staats- und Regierungschefs am Nachmittag beteiligen.

Zum Zeitpunkt des iranischen Angriffs auf Israel hatte sich Scholz noch im Anflug auf China befunden. Er sei fortlaufend informiert worden, hieß es aus der Delegation. In Deutschland hatte es Kritik gegeben, weil der Kanzler vergleichsweise spät mit einer Stellungnahme reagiert hatte.

In seinem Statement verurteilte Scholz die schweren iranischen Luftangriffe „mit aller Schärfe“. „Mit dieser unverantwortlichen und durch nichts zu rechtfertigenden Attacke riskiert Iran einen regionalen Flächenbrand“, teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Sonntagmorgen direkt nach der Ankunft von Scholz in Chongqing mit. Deutschland stehe eng an der Seite Israels. „Über weitere Reaktionen werden wir uns nun eng mit unseren G-7-Partnern und Verbündeten besprechen“, sagte Hebestreit weiter.

Auch Außenministerin Annalena Baerbock verurteilte den Angriff. Dieser könne eine ganze Region ins Chaos stürzen, schrieb Baerbock in der Nacht zu Sonntag im Onlinedienst X. „Der Iran und seine Proxies müssen diesen sofort einstellen“, forderte Baerbock. „Israel gilt in diesen Stunden unsere ganze Solidarität“, fügte die Außenministerin hinzu.

In einer Pressekonferenz am Sonntagmittag warf Baerbock der iranischen Regierung zudem vor, eine schwerwiegende Eskalation in der Region riskiert zu haben. „Das iranische Regime hat sehenden Auges den ganzen Nahen und Mittleren Osten an den Rand des Abgrunds geführt“, sagte Baerbock nach einem Treffen des Krisenstabs im Auswärtigen Amt. Die „weltweiten Verurteilungen“ des iranischen Vorgehens zeigten, dass Teheran mit seinem „aggressiven Verhalten“ isoliert sei.

Unionsfraktionschef Friedrich Merz forderte als Reaktion schärfere Sanktionen gegen Teheran. „Ich verurteile den rücksichtslosen iranischen Angriff gegen Israel auf das Schärfste“, sagte Merz am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Die Bundesregierung steht nun in der Pflicht, sich auf europäischer Ebene für eine spürbare Verschärfung der Sanktionen gegen den Iran einzusetzen“, fügte Merz hinzu.

Joe Biden telefoniert mit Netanjahu

US-Präsident Joe Biden verurteilte den iranischen Angriff ebenfalls „auf das Schärfste“. Er kündigte für diesen Sonntag Beratungen der G-7-Gruppe wirtschaftsstarker Demokratien an. Er werde die Staats- und Regierungschefs der G 7 zusammenrufen, „um eine gemeinsame diplomatische Reaktion auf den dreisten Angriff des Irans zu koordinieren“, teilte Biden mit.

Er habe kurz zuvor mit dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu telefoniert und ihm Amerikas unerschütterliche Unterstützung für die Sicherheit Israels zugesichert. Israel sei in der Lage gewesen, eine beispiellose Angriffswelle abzuwehren. Dies sei „eine klare Botschaft an seine Feinde, dass sie die Sicherheit Israels nicht wirksam bedrohen können“.

scholz passt besuchsprogramm in china an – baerbock wirft iran „aggressives verhalten“ vor

Joe Biden spricht mit Außenminister Blinken und seinen Sicherheitsberatern AFP/-

Der französische Präsident Emmanuel Macron erklärte am Sonntag im Onlinedienst X, er verurteile den „beispiellosen Angriff des Iran auf Israel, der die Region zu destabilisieren droht, auf das Schärfste.“ Frankreichs Staatschef erklärte weiter: „Ich bringe meine Solidarität mit dem israelischen Volk und das Engagement Frankreichs für die Sicherheit Israels, unserer Partner und die regionale Stabilität zum Ausdruck.“ Paris arbeite mit seinen Partnern an einer Deeskalation und rufe zur „Zurückhaltung“ auf.

Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni erklärte, ebenfalls auf X, ihre Regierung bekräftige „ihre Verurteilung der iranischen Angriffe auf Israel“. Die italienische Regierung, die derzeit den Vorsitz der G 7 innehat, teilte später mit, es werde eine Dringlichkeitssitzung der G-7-Staats- und Regierungschefs geben.

Die Nato hat den direkten Angriff des Iran auf Israel als eine „Eskalation“ der Unruhen in der Region verurteilt und alle Beteiligten zur Zurückhaltung aufgerufen. „Wir verurteilen die nächtliche Eskalation durch den Iran, rufen zur Zurückhaltung auf und beobachten die Entwicklungen genau“, sagte Nato-Sprecherin Farah Dakhallah. Es sei wichtig, „dass der Konflikt im Nahen Osten nicht außer Kontrolle gerät“, betonte sie.

Das russische Außenministerium hat sich besorgt geäußert. Man hoffe, dass die Regierungen des Nahen Ostens ihre Probleme mit politischen und diplomatischen Mitteln lösen werden. Russland warf den westlichen Staaten im Weltsicherheitsrat auch vor, sie hätten eine angemessene Reaktion auf den Angriff auf das iranische Konsulat in Syrien am 1. April verhindert.

Der Iran hatte den erklärten Erzfeind Israel in der Nacht erstmals direkt angegriffen. Bei dem Großangriff wurden nach Angaben des israelischen Militärs rund 300 Drohnen und Raketen abgefeuert. Die große Mehrheit der Raketen fing Israels Luftabwehr nach Militärangaben noch außerhalb der Grenzen Israels ab. Nur eine kleine Anzahl von Raketen sei auf israelischem Gebiet eingeschlagen, Todesopfer oder größere Schäden gab es demnach nicht.

Der Sender CNN berichtete unter Berufung auf einen ranghohen Regierungsvertreter, Biden habe Netanjahu in dem Telefonat gesagt, die USA würden sich ungeachtet ihres militärischen Beitrags zu Israels Selbstverteidigung nicht an „offensiven Operationen gegen den Iran beteiligen“.

UN-Generalsekretär: Fordere alle Parteien zu größtmöglicher Zurückhaltung auf

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kritisierte Teheran scharf und rief alle Seiten zur Besonnenheit auf. „Ich verurteile den unverhohlenen und ungerechtfertigten Angriff auf Israel auf Schärfste. Und ich fordere den Iran und seine Stellvertreter auf, diese Angriffe unverzüglich einzustellen“, schrieb von der Leyen am Sonntagmorgen auf X. „Alle Akteure müssen nun von einer weiteren Eskalation absehen und sich für die Wiederherstellung der Stabilität in der Region einsetzen.“

Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, rief zur Zurückhaltung auf. „Ich bin zutiefst beunruhigt über die sehr reale Gefahr einer verheerenden Eskalation in der gesamten Region. Ich fordere alle Parteien auf, größtmögliche Zurückhaltung zu üben, um jede Handlung zu vermeiden, die zu größeren militärischen Konfrontationen an mehreren Fronten im Nahen Osten führen könnte“, so Guterres in einer Erklärung.

Saudi-Arabien brachte seine tiefe Sorge über die militärischen Eskalationen in der Region und die schwerwiegenden Folgen zum Ausdruck. In einer vom Außenministerium veröffentlichten Erklärung rief das Königreich alle Parteien dazu auf, äußerste Zurückhaltung zu üben und die Region und ihre Bevölkerung vor der Gefahr eines Krieges zu bewahren.

China äußerte ebenso seine „tiefe Besorgnis“ angesichts des iranischen Luftangriffs auf Israel. „China bringt seine tiefe Besorgnis über die aktuelle Eskalation zum Ausdruck und fordert die maßgeblichen Parteien auf, Ruhe und Zurückhaltung zu üben, um weitere Eskalationen zu verhindern“, sagte ein Außenamtssprecher. Die Volksrepublik rufe die internationale Gemeinschaft, „insbesondere Länder mit Einfluss, dazu auf, eine konstruktive Rolle für den Frieden und die Stabilität der Region zu spielen“.

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