Bei der FDP übernehmen glühende AKW-Befürworter das Kommando

bei der fdp übernehmen glühende akw-befürworter das kommando

«Die Versorgungssicherheit hinsichtlich Elektrizität erfordert den Einsatz aller verfügbaren Technologien, auch der Kernenergie», findet die FDP. Im Bild: Kühlturm des Kernkraftwerks Gösgen. Gaëtan Bally / Keystone

Die FDP und die Kernkraft, das war lange Zeit eine komplizierte Beziehung. Vor zwei Jahren machte sich der Parteichef Thierry Burkart daran, die Partei auf eine AKW-freundlichere Haltung einzuschwören. Verabschiedet werden sollte eine Resolution, die forderte, dass Kernkraftwerke zugelassen werden können.

Doch heraus kam dann eine Zustimmung im Konjunktiv: An einer Delegiertenversammlung einigte sich die Partei bloss auf einen Text, in dem es hiess, dass eine neue Generation von Reaktoren «längerfristig» und «bei Bedarf» einen Beitrag leisten «könnte». Auf eine klare Formulierung verzichtete die Partei damals lieber – dem Parteifrieden zuliebe.

Dass Burkart mit seinem Bekenntnis zur Atomenergie nur teilweise durchkam, lag daran, dass der grüne Flügel der Partei auf die Barrikaden stieg. Nicht zuletzt die FDP-Frauen, unter ihnen die Präsidentin Susanne Vincenz-Stauffacher, wehrten sich vehement gegen Burkarts Atomoffensive.

Mittlerweile jedoch haben sich die Fronten geklärt. Und die atomkritischen Stimmen innerhalb der Partei sind weitgehend verstummt. Vincenz-Stauffacher etwa erklärte im Sommer in einem Interview, dass sie sich neuen AKW nicht verschliessen wolle, wenn es eine neue Generation von Kernkraftwerken sei. Selbst sie glaube langsam nicht mehr daran, dass die Energiestrategie aufgehe.

In den Kommissionen sitzen nun Kernkraft-Freunde

Ein standhafter AKW-Skeptiker in der Partei wurde derweil von seiner Schlüsselposition verbannt. Der Aargauer Nationalrat Matthias Jauslin verlor vergangene Woche seinen Sitz in der Energiekommission des Nationalrats. Der Energiewende-Turbo hatte davor wiederholt betont, dass er für den Bau neuer Atomkraftwerke keinen unmittelbaren Handlungsbedarf sehe. Dass er damit recht weit weg von der Linie der Parteileitung lag, schien ihn nicht zu kümmern. Dafür bekam er nun die Quittung.

Auf seinem Stuhl sitzt nun Christian Wasserfallen, ein glühender Verfechter der Atomenergie. Der Berner Nationalrat hatte vor vier Jahren die Energiekommission unter Protest verlassen, da ihm der grüne Kurs der damaligen Parteipräsidentin Petra Gössi missfiel. Jetzt gibt Wasserfallen sein Comeback. Und auch der Parteichef Thierry Burkart nimmt direkten Einfluss auf die Energiepolitik: Er erbt den Sitz von Ruedi Noser in der Umwelt- und Energiekommission des Ständerats.

Am Donnerstag will die FDP nun in neuer Besetzung im Nationalrat ein erstes Ausrufezeichen setzen. In der Debatte über den sogenannten Beschleunigungserlass beantragt die Fraktion, dass das Verbot zum Bau neuer Kernkraftwerke aus dem Gesetz gestrichen wird.

Die FDP führt ins Feld, dass sich in der Schweiz bis 2050 eine riesige Stromlücke von bis zu 43 Terawattstunden auftun wird, was etwa zwei Dritteln des heutigen Stromverbrauchs entspricht. «Die Versorgungssicherheit mit Elektrizität erfordert deshalb den Einsatz aller verfügbaren Technologien, auch der Kernenergie», heisst es in der Begründung des Antrags. Ebenfalls leiste die Kernenergie einen wertvollen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele des Pariser Abkommens.

In der Beschleunigungsvorlage wirkt die Aufhebung des Technologieverbots allerdings etwas sachfremd: Schliesslich hat sie zum Ziel, die Verfahren für den Bau neuer Wasser-, Wind- und Solarkraftwerke zu vereinfachen. Der FPD-Nationalrat Christian Wasserfallen, einer der Urheber des Antrags, sieht darin jedoch kein Problem: «Wollen wir den Ausbau der Energieproduktion beschleunigen, gehört dazu auch, dass wir die Hürden für die Kernenergie aus dem Weg räumen.»

Als Freipass für künftige Kernkraftwerke will Wasserfallen die Forderung nicht verstanden haben. Es handle sich um ein Signal, dass man es mit der Technologie-Offenheit in der Energieversorgung ernst meine. Im Gesetz werde denn auch weiterhin geregelt, dass es eine Rahmenbewilligung brauche für den Bau eines Kernkraftwerks – und es keinen Rechtsanspruch auf eine Erteilung einer solchen gebe.

Aufhebung des Neubauverbots bisher chancenlos

Die grosse Frage lautet indes, ob auch das neue Parlament weniger Berührungsängste gegenüber der Kernenergie hat als das letzte. Noch in der Herbstsession versenkte es zwei Vorstösse der SVP/Lega zur Aufhebung des AKW-Verbots. Auch die FDP-Mehrheit im Parlament stimmte dagegen. Doch die politischen Gewichte könnten sich nun verschieben. Zumal auf die Euphorie nach dem Atomausstieg längst Ernüchterung gefolgt ist. So gelangen immer mehr Politiker im bürgerlichen Lager zu dem Schluss, die Energiestrategie sei zum Scheitern verurteilt – und eine sichere und klimaneutrale Versorgung ohne Kernenergie sei entsprechend unrealistisch.

Den Zeitgeist nutzen wollen auch die Initianten der Volksinitiative «Blackout stoppen». Sie wollen dafür sorgen, dass in der Schweiz in Zukunft neue Kernkraftwerke gebaut werden können. Gemäss Medienberichten wurden bereits über 100 000 Unterschriften gesammelt. Die Frist läuft bis zum 1. März 2024.

Deutlich selbstbewusster tritt auch wieder die Lobby der Nuklearindustrie auf. Am Dienstag publizierte das Nuklearforum ein White Paper zur Wirtschaftlichkeit von Kernkraftwerken. Anhand von Berechnungen kommt der Bericht zu dem Schluss, dass die Kernenergie im Vergleich zu anderen Energiequellen «eine wirtschaftlich attraktive Option» bleibe. Empfohlen wird darin, dass die Schweiz eine Roadmap erstellt, die konkrete Schritte hin zu neuen Nuklearanlagen aufzeigt. Sollen diese Pläne umgesetzt werden, ist die Nuklearindustrie zwingend auf die Unterstützung der FDP angewiesen.

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