Tesla in Grünheide: Protest eskaliert, Radikale versuchen, Werk zu stürmen
Protest: Am Tesla-Werk in Grünheide sperrt ein Polizist den Zugang zu einer Aktion der Naturschutzorganisation Robin Wood.
Radikale Gegner der Tesla-Fabrik wollen im ostbrandenburgischen Grünheide die Gigafactory stürmen. Der Streit zwischen Umweltaktivisten und dem E-Autokonzern Tesla scheint zu eskalieren. Offenbar gibt es zwei Gruppen am Ort bei Grünheide: Die einen protestieren friedlich direkt vor der Fabrik auf dem riesigen Parkplatz. Dort sind es etwa 1200 Leute. Die Polizei rechnet außerdem damit, dass der benachbarte Autobahnanschluss zeitweilig gesperrt werden muss. Es ist der bislang größte Protest vor der Fabrik.
Doch in einem Wald nahe der Fabrik gibt es seit vielen Wochen ein Protestcamp. Dort waren am Freitag auch viele Polizisten mit Helmen und Schutzkleidung zugegen. Es kam zu Rangeleien. Am Zaun rund um das weiträumige Gelände haben Demonstranten am Freitag dann die Sperren der Polizei plötzlich durchbrochen. Der Plan der Protestler: die Erstürmung des Fabrikgeländes. Bilder zeigen, wie die gewaltbereiten Angreifer von der Polizei gewaltsam gestoppt und über den Boden gezogen werden.
Die Polizei hatte sich nach eigenen Angaben „auf alle Eventualitäten“ vorbereitet. Bislang waren die Proteste in Grünheide meist friedlich geblieben. Doch nach einem Anschlag auf einen Strommast im März, zu dem sich die linksextremistische „Vulkangruppe“ bekannt hatte, wurde eine weitere Eskalation befürchtet. Seit Donnerstag laufen nun mehrtägige Protestaktionen rund um die erste europäische Tesla-Fabrik. Die Polizei arbeitet mit der Bundespolizei zusammen und hat Einsatzkräfte aus mehreren Bundesländern als Verstärkung geholt.
Denn seit dem 8. Mai bauen verschiedene Umweltgruppen ein Camp in Grünheide auf, unweit der Gigafactory. Sie selbst sprechen von einer „Aktionswoche gegen Tesla“, die am 12. Mai enden soll.
Doch die Vergangenheit hat gezeigt, dass Protestaktionen auch schnell kippen können. Vor allem, wenn radikale Gruppe die Aktionswoche unterwandern. Wie gehen die Veranstalter mit dieser Situation um?
Die Lage ist unübersichtlich, heißt es bei der Polizei. Denn gleich mehrere Gruppen sind an der Planung und Umsetzung des Programms der Aktionswoche gegen Tesla beteiligt. Das Bündnis „Tesla den Hahn abdrehen“ besteht aus mehr als sechzehn verschiedenen Akteuren, darunter Robin Wood und radikalere Gruppen wie Extinction Rebellion. An der Großdemonstration am Sonnabend, die den Höhepunkt der Aktionswoche bilden soll, sind zehn weitere Gruppen beteiligt.
Ist es überhaupt möglich, eine Unterwanderung durch gewaltorientierte Leute zu verhindern? Esther Kramm, die Sprecherin von „Tesla den Hahn abdrehen“, verweist darauf, dass die bisherigen Aktionen friedlich verlaufen seien. Man distanziere sich von der „Vulkangruppe“ und anderen extremistischen Akteuren. „Mit diesen Personen haben wir und unsere Bündnispartner nicht zu tun“, sagte sie am Freitag der Berliner Zeitung.
Zur Freude der Organisatoren schließen sich immer mehr bundesweite Protestbewegungen den Aktionen an. Eine Art „Protesttourismus“ zieht offenbar von West nach Ost in Richtung Brandenburg. Lange lag bisher der Fokus auf Orten wie Lützerath.
Protestaktion der Umwelt- und Naturschutzorganisation Robin Wood gegen die geplante Tesla-Werkserweiterung in Grünheide vor dem Tesla Store in der Mall of Berlin.
Nun – nach vier Jahren Protest gegen Tesla – hat auch die gesamtdeutsche Protestbewegung Grünheide entdeckt. Damit bekommt der Protest eine neue Dimension und so befürchten die Sicherheitskräfte, dass sich Grünheide zu einem Lützerath des Ostens entwickeln könnte. Auch deshalb hat sich die Polizei mit einem Großaufgebot auf das Wochenende vorbereitet. Seit Tagen rät die brandenburgische Polizei zu einer weiträumigen Umfahrung der Gegend um Grünheide.
Wie ein Sprecher der Berliner Zeitung mitteilte, entschied sich die Polizei am Freitag dazu, einen Tag vor der angekündigten Großdemo einen Abschnitt der Landstraße zu sperren: „Der Bereich steht nicht für den Fahrzeugverkehr zur Verfügung.“ Auch die Anschlussstelle Freienbrink an der Bundesautobahn A10 kann in beiden Fahrtrichtungen betroffen sein.
Derweil lassen Aktivisten einen Drachen vor der Gigafactory steigen, spielen Pingpong, sitzen an einer Biertischgarnitur und halten ihre Follower auf X auf dem Laufenden. Einige hundert Meter entfernt harren im benachbarten Protest-Camp neben der Fabrik noch immer dutzende Protestierer in ihren Baumhäusern aus. Und einige versuchen, das Gelände zu stürmen.
Auch in Berlin kam es zu einer Aktion: Eine Gruppe der Umweltorganisation Robin Wood versammelte sich am Freitagmorgen am Tesla-Store in Berlin-Mitte. Die Protestierer entrollten vor dem Laden ein Banner mit der Aufschrift „Saubere Autos sind eine dreckige Lüge!“Die Gruppe teilte mit: Für eine Verkehrswende brauche es keine „Luxus-E-Autos, die sich ohnehin nur wenige leisten können“, sondern eine sinnvolle Verkehrswende. Ohne Tesla.
Am Sonntag läuft die Genehmigung für das Camp auf der Festwiese in Grünheide aus. Die Polizei ist zuversichtlich, dass die Aktivisten das Camp ohne Zwischenfälle selbstständig auflösen werden. „Bisher sind die Personen kooperativ“, so ein Polizeisprecher.