Tarifeinigung: Deutsche Bank wendet Streiks für Postbank ab
11.04.2024, Hamburg: Während eines Warnstreiks bei der Postbank ziehen Teilnehmer einer Demonstratio data-portal-copyright=
Mehr Gehalt und längerer Kündigungsschutz – dadurch verhindert das Institut unbefristete Arbeitsniederlegungen bei der Tochterbank. Was die Einigung im Einzelnen umfasst.
Die Deutsche Bank und die Gewerkschaften Verdi und DBV haben sich auf einen neuen Tarifvertrag für die Postbank geeinigt. Danach sollen die Gehälter für etwa 8700 Tarifbeschäftigte mit Postbank-Tarifvertrag im Deutsche-Bank-Konzern in zwei Schritten um 11,5 Prozent steigen. Außerdem verlängerte die Bank den Kündigungsschutz im Privatkundengeschäft bis Ende 2027.
Das teilten die Deutsche Bank sowie die Gewerkschaften Verdi und DBV am Donnerstag mit. Das Ergebnis kam nach einer 21-stündigen Verhandlung frühmorgens am 1. Mai zustande. „Seit vielen Jahrzehnten hat es in der Deutschen Bank keinen so hohen Abschluss mehr gegeben“, heißt es in der Mitteilung des DBV. Die Gewerkschaft zeigte sich davon überzeugt, dass der Abschluss „für andere Teile der Branche als Muster dienen“ werde.
Die Deutsche Bank hatte bei den Verhandlungen unter großem Druck gestanden. Denn zuletzt bestreikten Verdi und DBV auch die Serviceeinheiten, in denen wichtige Hintergrundarbeiten für das Privatkundengeschäft im Deutsche-Bank-Konzern erledigt werden. Das war vor allem für die Postbank ein Problem, bei der es nach einer IT-Umstellung zu extremen Serviceschwierigkeiten kam.
Nach Angaben der Deutschen Bank arbeitete sie bis Ende März den Rückstau bei denjenigen kundenkritischen Prozessen ab, bei denen die Finanzaufsicht Bafin im vergangenen September schnelle Verbesserungen angeordnet hatte. Doch die Bank räumt selbst ein, dass sie ihren Service weiter verbessern muss.
Dadurch war die Verhandlungsposition der Gewerkschaften bei diesen Tarifverhandlungen besonders gut. „Die Beteiligung an den Warnstreiks war außergewöhnlich hoch, und während der – technisch gesehen noch laufenden – Urabstimmung zeigte sich eine ebenfalls extrem hohe Beteiligung“, sagte der DBV-Vorsitzende Stephan Szukalski dem Handelsblatt.
Mehr Gehalt, mehr Urlaub, mehr Altersvorsorge
Nach mehreren Warnstreiks hatten die Gewerkschaften eine Urabstimmung über unbefristete Streiks eingeleitet. Diese soll am 3. Mai enden. Es gilt als wahrscheinlich, dass die Gewerkschaftsmitglieder Arbeitskämpfen zugestimmt hätten.
Durch die Einigung in der fünften Verhandlungsrunde wendet die Bank eine solche Streikwelle nun ab. Formal müssen die Gewerkschaftsmitglieder der Einigung noch zustimmen, dies gilt jedoch als Formsache.
Die Einigung umfasst folgende Punkte:
– Das Gehalt soll ab dem 1. Juni 2024 um sieben Prozent steigen. Für die unteren Tarifgruppen soll die Gehaltserhöhung mindestens 270 Euro betragen. Ab Juli 2025 steigen die Gehälter dann um weitere 4,5 Prozent.
– Die Bank führt für gut 3500 Beschäftigte eine arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersversorgung ein, die bisher keine solche Versorgung hatten. „Rund 4000 Mitarbeitende profitieren damit neu von dieser Form der Altersversorgung“, teilte die Deutsche Bank dazu mit. Das war vor allem für Beschäftigte der unteren Lohngruppen wichtig. Das Thema hat laut DBV-Chef Szukalski seit 2006 in fast jeder Tarifrunde eine Rolle gespielt. Er sprach von einem „echten Meilenstein“.
– Beschäftigte erhalten die Möglichkeit, bis zu vier Wochen zusätzlichen Urlaub pro Jahr durch Gehaltsverzicht zu erhalten.
– Der Kündigungsschutz für das Privatkundengeschäft wird bis Ende 2027 verlängert. Hintergrund sind die geplanten umfangreichen Filialschließungen bei der Postbank. Das Institut will bis 2026 rund 250 von 550 Filialen schließen. Bislang waren Kündigungen bis zum Herbst ausgeschlossen.
– Beide Seiten vereinbarten Standortgarantien für mehr als 320 Postbank-Filialen. Nach Verdi-Angaben soll es zudem elf neue regionale Beratungszentren geben, um Ersatzarbeitsplätze für Beschäftigte zu schaffen. „Das sind gute Neuigkeiten für die Beschäftigten und die Kundinnen und Kunden der Postbank“, sagte Verdi-Verhandlungsführer Jan Duscheck.
– Die Auszubildendenvergütung wird zum 1. Juni 2024 um 150 Euro und zum 1. Juli 2025 um weitere 50 Euro erhöht.
– Der Tarifvertrag hat eine Laufzeit bis März 2026. Dominik Hennen, Verhandlungsführer und Leiter Personal Banking der Deutschen Bank, sprach von einem „fairen Kompromiss“, der „attraktive und marktgerechte Gehaltssteigerungen“ vorsehe und Planungssicherheit für das Unternehmen schaffe.
Vor allem die Lohnerhöhung um mindestens 270 Euro war den Gewerkschaften wichtig. „Wir sind sehr froh, dass wir einen so guten Abschluss mit sozialer Komponente vereinbaren konnten, der den unteren Tarifgruppen überproportionale Gehaltserhöhungen bringt“, sagt DBV-Chef Szukalski. Dadurch stiegen „die Gehälter für viele Beschäftigte mit unteren und mittleren Einkommen deutlich über 13 Prozent“, fügte Verdi-Verhandler Duscheck hinzu.