Streit um Ex-Goebbels-Villa: Jüdischer Verband schreibt Brief an Berlins Finanzsenator Stefan Evers
Die ehemalige Villa von Joseph Goebbels auf dem Areal am Bogensee
In der ehemaligen Villa von NS-Propagandaminister Joseph Goebbels nördlich von Berlin sollte nach Ansicht des Verbandes europäischer Juden (EJA) ein Zentrum zur Bekämpfung von Hasspropaganda entstehen. In einem Brief an Berlins Finanzsenator Stefan Evers (CDU) schrieb der EJA-Vorsitzende, Rabbi Menachem Margolin: „Die Villa, die einst einem der schlimmsten Ingenieure völkermörderischer Propaganda in der Geschichte der Menschheit gehörte, in ein Zentrum für politische Psychologie, Kommunikation und die Bekämpfung von Hassreden zu verwandeln, wäre ein wichtiger moralischer Sieg.“
Die European Jewish Association sei bereit, die Möglichkeit zu prüfen, gemeinsam mit Berlins Regierung ein solches Zentrum zu schaffen, heißt es in dem am Sonntagabend veröffentlichten Schreiben weiter. Gerade in der aktuellen Zeit des Hasses und der Gewalt dürfe die einstige Goebbels-Villa nicht zerstört werden. Sie solle vielmehr „eine ewige Erinnerung an die Gefahren sein, die von Hassreden ausgehen.“
Das rund 17 Hektar große Gelände, auf dem sich Goebbels ein Landhaus bauen ließ, ist seit dem Jahr 2000 ungenutzt und verfällt. Seit geraumer Zeit wird wieder verstärkt über Nutzungsideen für das Areal diskutiert, das dem Land Berlin gehört. Berlin erwägt, die Gebäude abzureißen und die Flächen zu renaturieren, weil die Kosten für Sicherung und Unterhalt jährlich in die Millionen gehen. Finanzsenator Evers hatte am Donnerstag im Abgeordnetenhaus angekündigt, notfalls wolle das Land das verfallende Areal verschenken.
Daraufhin kritisierte der Bürgermeister von Wandlitz hat die Äußerungen von Berlins Finanzsenator scharf. Oliver Borchert (Freie Bürgergemeinschaft Wandlitz) äußerte im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur die Befürchtung, dass rechte Ideologen versuchen könnten, an das Gelände zu kommen. „Ich habe für solche Aussagen kein Verständnis“, sagte Borchert. Die Äußerungen würden der historischen Bedeutung nicht gerecht und seien schädlich für die Liegenschaft.
Vor Jahren habe unter anderem bereits das „Königreich Deutschland“ versucht, dort Fuß zu fassen. Der Verfassungsschutz rechnet die Gruppierung dem „Reichsbürger“-Milieu zu. „Was ich nicht gerne sehen würde, dass das Land Berlin das Areal an irgendeinen Privaten verschenkt, der dann ideologische Ziele mit der Liegenschaft verfolgt. Vor diesem Hintergrund ist die Äußerung von Evers äußert unglücklich“, kritisierte Borchert.
Der Landkreis Barnim und die Gemeinde wollen einen Abriss verhindern und künftige Nutzungsmöglichkeiten ausloten. Die Gemeinde Wandlitz, auf deren Gebiet das Gelände am Bogensee liegt, hat jetzt nach eigenen Angaben einen Antrag auf Fördergeld aus dem Programm „Nationale Projekte des Städtebaus“ gestellt. Dabei geht es in diesem Jahr um Vorhaben, die vor allem die Demokratiebildung fördern sollen. Dafür sei das Gelände genau der richtige Ort, sagte der Bürgermeister. Er nannte nach einer bislang vorsichtigen Schätzung eine Summe von 500.000 bis 600.000 Euro an benötigten Fördermitteln.