In Deutschland wird über die Schuldenbremse diskutiert, während andere Länder Fakten schaffen und sich immer mehr verschulden. Das wird wegen des Euros auch Folgen für Deutschland haben – selbst wenn hier die Finanzen nicht aus dem Ruder laufen.
Es ist schon eine Weile her. Aber die Frage geht mir nicht mehr aus dem Kopf: „Wann zahlt sich Deutschlands Sparsamkeit aus?“ stand über einer Grafik, die bei einer Web-Konferenz gezeigt wurde. Darunter war die Entwicklung der Schulden G7-Länder zu sehen. In allen Ländern bis auf Deutschland lag die Staatsverschuldung im vergangenen Jahr höher als im Jahr 2010 (siehe Grafik oben).
Der Referent ließ damals die Frage einfach im Raum stehen, ohne sie zu beantworten. Bei mir verstärkt sich aber immer mehr das Gefühl, dass die Antwort „nie“ lautet. Man muss sich dazu einfach mal die Meldungen der letzten Tage anschauen: Frankreich meldet ein Haushaltsdefizit von 5,5 Prozent und eine Schuldenquote von 111 Prozent des BIP. Italien versicherte kürzlich, dass die Quote zumindest in diesem Jahr „mit Sicherheit“ unter 140 Prozent bleiben werde. Wie beruhigend! Die USA haben ein gewaltiges Haushaltsdefizit von mehr als sechs Prozent des BIP, dafür boomt ihre Wirtschaft. Angelockt von der Aussicht auf Subventionen (und natürlich guten Rahmenbedingungen) investieren dort Firmen aus der ganzen Welt wie zum Beispiel Chip-Hersteller.
Diskussion um die Schuldenbremse
In Deutschland hingegen verteidigt Finanzminister Christian Lindner die Schuldenbremse, jüngst zum Beispiel im TV-Talk bei „Carmen Miosga“. Die Schuldenbremse bleibe, der Staat habe ein Ausgaben- und kein Einnahmenproblem, die Sozialausgaben müssten begrenzt werden, etwa beim Bürgergeld, so das Mantra des FDP-Chefs. Auch das Drängen von Ökonom Jens Südekum (SPD) auf eine „Reform” der Schuldenbremse fruchtete nicht: „Die Schulden von heute sind die Steuererhöhungen von morgen”, antwortete der Minister.
Im Prinzip stimme ich Lindner zu. Geld ist genug da, die Steuereinnahmen liegen auf Rekordniveau. Erst vor kurzem meldete das Statistische Bundesamt, dass die Einnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden im Jahr 2022 fast 900 Milliarden Euro erreichten, ein Plus von 7,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Auf der anderen Seite geben wir viel Geld für Dinge aus, die man nicht unbedingt als Zukunftsinvestitionen bezeichnen kann.
Aber leider geht in Sachen Sparen wenig voran. Die Parteien sind sich zwar in ihren Zielen einig (gibt es jemanden, der mehr Bürokratie oder schlechtere Bildung fordert?), aber nicht über den Weg, ihn zu erreichen. Und während wir blockiert sind, schaffen die Staaten um uns herum Fakten. Dort denkt keiner ans Sparen.
Die Euro-Staaten in der Schicksalsgemeinschaft
Das würde mich nicht weiter stören, wenn ich nicht die Angst hätte, dass wir mit unserem Kurs am Ende die Dummen sind. Denn mal weiter gedacht: Werden wir dafür belohnt, wenn sich alle um uns herum verschulden, wir aber weiter den Sparmeister gegeben? Ich glaube nicht. Denn wir sind mit Frankreich, Italien und anderen über den Euro in einer Schicksalsgemeinschaft verbunden. Es ist eben nicht so, dass jedes Land seine „Schuldensuppe“ selber auslöffeln muss. Wenn in einem Euro-Land die Schulden aus dem Ruder laufen, hängen alle mit drin.
Ich kann mich noch gut erinnern, wie das in der Griechenland-Krise war. Da wurden Rettungsschirme aufgespannt und Bürgschaften gewährt, und immer war Deutschland als wirtschaftlich stärkstes Land in der Euro-Zone vorne mit dabei. Und es ist ein offenes Geheimnis, dass die EZB bei ihrer Geldpolitik nicht nur auf die Inflationsentwicklung achtet, sondern auch auf die Staatsschulden. Ein ganzes Maßnahmenpaket steht bereit, um verschuldeten Ländern zu helfen. Besonders mag ich das Transmission Protection Instrument (TPI), das der EZB ermöglicht, praktisch unbegrenzt Staatsanleihen zu kaufen. Voraussetzung: „ungerechtfertigte, ungeordnete Marktentwicklungen“ stören die Geldpolitik der EZB. Damit ist nichts anderes gemeint, als dass die Zinskosten von Schuldenstaaten in die Höhe schießen – und die EZB sie retten muss.
Verliert Deutschland den Anschluss an den Rest der Eurozone? Ein Investitionsprogramm der Regierung könnte helfen Berenberg
Mein Wunsch wäre daher, dass die Regierung über eine Reform der Schuldenbremse nachdenkt. Schulden sind nicht per se schlecht, wenn das Geld sinnvoll investiert wird. Mehr Schulden zu machen, um Sozialleistungen zu erhöhen, ist natürlich ein Irrsinn. Aber Schulden, um in bessere Infrastruktur zu investieren und damit die Standortbedingungen zu verbessern, finde ich so falsch nicht. Ich habe zum Beispiel einmal diesen Vorschlag gehört: Für jeden Euro, der eingespart wird, dürfen fünf investiert werden. Das klingt für mich nicht verkehrt. Es ist traurig, aber wahr: Es bringt nichts, wenn wir alleine die Fahne der soliden Finanzpolitik hochhalten und sich sonst keiner daran hält. Entweder werden wir wirtschaftlich abgehängt – oder wir müssen den Retter spielen.
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