Spion im Europaparlament: Wer ist Jian G., der verhaftete Mitarbeiter von Maximilian Krah?
Maximilian Krah hat seinen Mitarbeiter Jian G. entlassen, der im Verdacht steht, als chinesischer Spion gearbeitet zu haben.
Im Europäischen Parlament wurde der unter Spionageverdacht verhaftete Jian G. selten gesehen, obwohl er als vom Parlament bezahlter Assistent vertraglich eine Präsenzpflicht hatte. Deutsche Ermittler sollen ihn schon länger im Visier gehabt haben – spätestens wohl, seit im Jahr 2023 erstmals Berichte über G.s Verbindungen nach China und die Nähe seines Chefs Maximilian Krah zu Peking erschienen waren.
Die ARD berichtet, G. habe sich den deutschen Sicherheitsbehörden „vor mindestens zehn Jahren als Informant angeboten“. Es sei aber nicht zu einer Zusammenarbeit gekommen, weil der Mann als unzuverlässig eingestuft worden sei – und als möglicher Doppelagent.
Krah und G. kannten sich aus Dresden
Aus diversen Recherchen und öffentlich zugänglichen Quellen ist über G. bekannt, dass er 1981 in China geboren wurde. Im Jahr 2001 oder 2002 kam er als Student nach Dresden, wo er an der Technischen Universität Geschichte und Germanistik studierte. Die deutsche Staatsangehörigkeit nahm er 2011 an. Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete, er sei 2010 der sächsischen SPD beigetreten und bis 2015 einfaches Parteimitglied gewesen.
Von 2012 bis 2019 war G. Geschäftsführer einer Vertriebsgesellschaft in Dresden, die mit elektronischen Waren handelte, als Geschäftszweck aber auch „wirtschaftliche und transkulturelle Kommunikation zwischen Deutschland und China“ sowie Übersetzungsdienste zwischen den beiden Sprachen nannte. In dieser Zeit soll er Krah kennengelernt haben, der als Anwalt in Dresden arbeitete.
Auf seinem Profil bei LinkedIn gibt Jian G. als Berufserfahrung drei weitere Tätigkeiten an. Demnach ist er seit Juni 2010 Mitarbeiter von zwei Handelsgesellschaften mit Sitz im chinesischen Shenzhen. Außerdem identifiziert er sich als Vertreter der Auslandsabteilung von Fenda Technology, einem Konzern aus Shenzhen, der sich auf elektroakustische Bauteile spezialisiert hat und als Kunden etwa Huawei, Philips und Amazon nennt.
Seine Tätigkeit für das Europäische Parlament, die im September 2019 begann, führt G. nicht auf. Als Standort gibt er eine Gemeinde im Südwesten Brüssels an. Hauptsächlich hat er aber wohl in Dresden gelebt, wo die Polizei am Montag eine Wohnung und ein Wohnhaus durchsuchte, in dem er mit einer chinesischen Partnerin wohnte.
Auftraggeber soll ein chinesischer Geheimdienst gewesen sein
Die Bundesanwaltschaft wirft G. vor, er habe für einen chinesischen Geheimdienst gearbeitet und im Januar 2024 „wiederholt Informationen über Verhandlungen und Entscheidungen im Europäischen Parlament an seinen nachrichtendienstlichen Auftraggeber“ weitergegeben. In jenem Monat befasste sich das Plenum mit zwei Themen, die einen Bezug zu China aufwiesen.
Zum einen forderte das Europäische Parlament Peking auf, die Verfolgung von Falun-Gong-Anhängern zu beenden und einen Aktivisten der Gruppe sofort freizulassen. Zum anderen stimmte das Parlament über eine Resolution zu den sicherheits- und verteidigungspolitischen Auswirkungen des chinesischen Einflusses auf die kritische Infrastruktur in der EU ab. G. könnte über interne Beratungen, Entwürfe und Änderungsanträge im Bilde gewesen sein. Außerdem soll er chinesische Oppositionelle in Deutschland ausgespäht haben.
Nachdem das Europäische Parlament Jian G. am Dienstag als Mitarbeiter suspendiert hatte, teilte die AfD am Mittwoch mit, Krah habe sich „mit sofortiger Wirkung von seinem Mitarbeiter getrennt“. Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshof erließ in der Nacht auf Mittwoch auf Antrag der Bundesanwaltschaft Haftbefehl gegen G. und ordnete Untersuchungshaft an.