Fünf Fragen rund um die Wahl: Warum wird in Berlin noch mal gewählt?

fünf fragen rund um die wahl: warum wird in berlin noch mal gewählt?

Könnte sein Direktmandat verlieren: Michael Müller (SPD), damals Regierender Bürgermeister in Berlin, macht im September 2021 Wahlkampf für sich als Bundestagskandidat.

Warum wird noch einmal gewählt?

Bei der Wahl am 26. September 2021 gab es zahlreiche Pannen. Damals wählten die Berliner gleichzeitig den Bundestag, das Berliner Landesparlament und die Bezirksvertretungen und stimmten auch über einen Volksentscheid ab. Zudem fand der Berlin-Marathon am gleichen Tag statt, so dass viele Straßen der Stadt gesperrt waren. In zahlreichen Wahllokalen gab es zu wenig Stimmzettel, Wahlberechtigte mussten oft lange anstehen, auch nach 18 Uhr wurde vielerorts noch gewählt.

Für die Wahl zum Abgeordnetenhaus entschied der Berliner Verfassungsgerichtshof, dass wegen der vielen Wahlfehler die Wahl komplett wiederholt werden muss. Das geschah im Februar 2023. Die CDU wurde bei dieser Wahl stärkste Partei, es kam zu einem Regierungswechsel von Rot-Rot-Grün zu Schwarz-Rot.

Der Bundestag wollte aber keine komplette Wiederholungswahl, sondern entschied mit der Mehrheit der Ampelfraktionen, dass nur in 431 Wahlbezirken die Wahl wiederholt werden soll. Nach einer Wahlprüfungsbeschwerde der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag legte das Bundesverfassungsgericht im Dezember 2023 fest, dass die Wahl in 455 der 2256 Wahlbezirke Berlins wiederholt werden muss.

Wer darf wählen?

Wählen dürfen seit heute Morgen um acht Uhr knapp 550.000 Bewohner Berlins. Bei einer regulären Wahl wären es weit mehr als zwei Millionen. Am stärksten betroffen ist der Bezirk Pankow, wo mehr als 80 Prozent der Wahlberechtigten noch einmal zur Wahl aufgerufen sind. In Charlottenburg-Wilmersdorf sind es 42 Prozent, auch Reinickendorf ist stark betroffen. In anderen Bezirken sind es zum Teil nur einige wenige Prozent.

Gehen die Leute noch einmal wählen?

Bei der Wahl 2021 waren fast 75 Prozent der Wahlberechtigten in Berlin zur Wahl gegangen. So viele werden es diesmal wohl nicht sein. Landeswahlleiter Stephan Bröchler strebt eine Beteiligung von 60 Prozent an. Zahlreiche Prominente haben in Videos im Internet zur Wahl aufgerufen. Einen ersten Aufschluss kann die Zahl der Wahlscheine geben, die für die Briefwahl beantragt wurden. Die Bezirkswahlämter stellten für 27,8 Prozent der Wahlberechtigten einen Wahlschein aus. Bei der Wahl 2021 hatten 39 Prozent einen Wahlschein beantragt.

Welche Besonderheiten gibt es?

Die Wiederholungswahl findet fast zweieinhalb Jahre nach der Bundestagswahl statt. In der Zwischenzeit sind manche Bewohner der betroffenen Wahlbezirke weggezogen, sie können nicht noch mal wählen, auch wenn sie in einem betroffenen Wahlbezirk lebten. Wer nun volljährig geworden ist, darf wählen, auch wenn er das 2021 noch nicht konnte. Andere sind in die betroffenen Wahlbezirke hinzugezogen. Wenn sie das bis zum 31. Dezember vergangenen Jahres taten, dann können zum zweiten Mal wählen, auch wenn sie 2021 schon in einem anderen Bundesland gewählt haben.

Soweit es irgend möglich ist, müssen die gleichen Kandidatinnen und Kandidaten antreten wie 2021. Deshalb steht Canzel Kiziltepe von der SPD wieder zur Wahl, obwohl sie gar nicht mehr in den Bundestag will. Sie hatte ihr Bundestagsmandat im April 2023 aufgegeben hat, um Sozialsenatorin in Berlin zu werden. Für die AfD steht die ehemalige Bundestagsabgeordnete und frühere Richterin Birgit Malsack-Winkelmann formell auf der Wahlliste. Sie befindet sich allerdings seit Dezember 2022 in Haft, weil ihr vorgeworfen wird, Mitglied einer terroristischen Vereinigung von Reichsbürgern zu sein, die einen Umsturz planten.

Was ist spannend an dieser Wahl?

Einfluss auf die Machtverhältnisse im Bundestag wird die Wahl nicht haben. Einzelne Abgeordnete könnten ein Direktmandat verlieren, andere entsprechend eines gewinnen. Verlieren könnten ihr Direktmandat etwa der ehemalige regierende Bürgermeister Michael Müller von der SPD, die frühere Kulturstaatsministerin Monika Grütters von der CDU oder SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert. Da die Stimmen bundesweit verrechnet werden, kann es dazu kommen, dass Politiker aus anderen Bundesländern in den Bundestag einziehen oder aus ihm ausscheiden müssen. Einfluss darauf hat, wie viele Leute wählen gehen und welche Partei ihre Anhänger mobilisieren kann.

Das Spannendste an der Wahl ist, dass sie ein erster kleiner Stimmungstest in einem Jahr ist, in dem mit der Europawahl, zahlreichen Kommunalwahlen und den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg im September noch viele wichtige Abstimmungen anstehen. So könnten die Ampelparteien, die 2021 in Berlin zusammen mehr als 50 Prozent erreichten, jetzt schwächer abschneiden. Das gilt auch für die Linke, die damals auf mehr als 14 Prozent kam. Wer sie wegen Sahra Wagenknecht wählte, hat es schwer, denn sie hat ja jetzt eine eigene Partei, die natürlich nicht zur Wiederholungswahl antreten darf. Die AfD könnte stärker werden. Sie hatte 2021 bei der Bundestagswahl in Berlin 8,1 Prozent erzielt

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