Selbst die Allianz-Arena huldigt dem Kaiser

Deutschland betrauert den Tod seiner Fussballikone, der es so viel zu verdanken hat. Beckenbauer tänzelte mit einer Leichtigkeit über die Fussballplätze, die staunen liess.

«Was will ich ein Denkmal?», sagte Franz Beckenbauer einmal. «Da pinkeln sowieso nur die Hunde ran.

Das Denkmal setzten sie ihm in Deutschland jetzt, in Nachrufen, seitenlangen Huldigungen, in Ehrerbietungen an ihn als Fussballer, Funktionär, Menschen, Kaiser. «Danke Franz» steht seit Tagen riesig auf der Aussenwand der Münchner Allianz Arena, die vielleicht eines Tages Franz-Beckenbauer-Arena heisst.

Heisst sie bald Franz-Beckenbauer-Arena? Der Schriftzug «Danke Franz» im Stadion von Bayern München.

Beckenbauer war der Junge aus Giesing, geboren im September 1945 in die Armut des Nachkriegsdeutschland, gewachsen zum Weltbürger dank seines einzigartigen Talents als Fussballer. Er erfand die Position des Liberos und tänzelte mit einer Leichtigkeit über die Fussballplätze, die staunen liess. Er konnte sich seine Ausflüge leisten, weil ihn «Katsche» Schwarzenbeck und «Bulle» Roth beschützten.

So war das in seinem Leben. Er hatte immer jemanden, der auf ihn schaute, wenn das nötig war. Im Leben neben dem Fussball war das Robert Schwan als Manager. Schwan machte ihn zur ersten Werbeikone des Landes. Als die Münchner Steuerfahndung Beckenbauer im Nacken sass und die erste Ehe am Ende war, floh er einfach für drei Jahre nach New York.

Beckenbauers Lebensleistung ist immens. Er machte den FC Bayern gross, als Spieler, Trainer und Präsident. Er machte Deutschland 1990 auch als Trainer zum Weltmeister. Er sorgte dafür, dass München zur WM 2006 ein neues Stadion erhielt. Eigentlich sollte das Olympiastadion dafür umgebaut werden, aber gerade für Beckenbauer war dieser Plan untauglich. Darum fiel einer dieser flapsigen Sätze, für die er auch berühmt war: «Es wird sich doch ein Terrorist finden lassen, der das Olympiastadion wegsprengt.»

München erhielt seine neue Arena. Und Deutschland eine WM, die zum Triumph wurde. Für Beckenbauer, weil das Land dieses Turnier ohne ihn nie bekommen hätte. Für das Land selbst, weil fünf wunderbare Wochen sein Image veränderten. Es war wirklich ein Sommermärchen.

Starb im Alter von 78 Jahren: Franz Beckenbauer.

Neun Jahre später begann das Bild von Beckenbauer nachhaltig zu zerfleddern. «Der Spiegel» erschütterte das Land mit seiner Geschichte vom «zerstörten Sommermärchen». Es ging um 6,7 Millionen Euro, mit denen der Zuschlag durch die Fifa-Exekutive erkauft worden sei. Die Medien verbissen sich moralinsauer ins Thema. Beckenbauer begann zu verwelken, auch gezeichnet vom Tod seines Sohnes Stephan und von schweren Herzproblemen.

Bewiesen ist nie etwas worden, was es mit diesem Geld tatsächlich auf sich hatte. Selbst wenn es für falsche Zwecke verwendet worden wäre, hätten die Beckenbauer-Deutschen nur nach den damaligen Regeln der Fifa gespielt. «Über den Charakter der Fifa muss ich nichts erzählen», sagt der frühere deutsche Aussenminister Joschka Fischer in der ARD-Dokumentation «Beckenbauer», «das ist nun mal ein Haifischbecken, das nicht nach moralischen Kriterien funktioniert.» Und er sagt, sie alle hätten diese WM gewollt, er auch. Wie war denn das etwa im Fall von Katar? Wieviel Geld wendete es auf, um die WM 2022 zu erhalten? Man redet von Hunderten von Millionen. 6,7 Millionen wären ein Schnäppchen.

«Der Tod ist das Leben. Wovor soll ich Angst haben?», sagte Franz Beckenbauer. Am vergangenen Sonntag ist er 78-jährig gestorben.

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