Wie sinnvoll Lernen in den Ferien wirklich ist

Die Ferienzeit für Schul-Aufgaben zu nutzen, klingt erst einmal ungerecht. Denn auch für Kinder ist der Urlaub zur Entspannung da. Doch für manche kann sich das mehr lohnen als eine Reise. Wer den Kennzeichen-Trick kennt, schafft es sogar ohne Stress.

wie sinnvoll lernen in den ferien wirklich ist

Endlich Ferien! Endlich ausschlafen, den ganzen Tag spielen, rumhängen, Freunde und Familie treffen, etwas Schönes unternehmen, vielleicht sogar verreisen. Vor allem an Weihnachten ist die Versuchung groß, die freie Zeit zu nutzen, um die neuen Geschenke auszuprobieren oder in den Skiurlaub zu fahren. Die Schule und der Unterrichtsstoff, der wiederholt oder vorbereitet werden könnte, geraten da leicht in den Hintergrund.

Das ist bis zu einem gewissen Punkt auch so gedacht. „Ferien sind aus gutem Grund da. Die Schülerinnen und Schüler haben in den vergangenen Wochen und Monaten ordentlich gepowert, jetzt sollen sie wieder Luft schnappen und Kraft tanken“, sagt Stefan Düll, Präsident des Lehrerverbandes.

Das heißt allerdings nicht, dass die Schule in den Ferien komplett vergessen werden sollte. Die Pausezeit könnten immer auch dafür genutzt werden, um sich zu organisieren, Termine und Leistungsnachweise zu planen, Stoff vorzubereiten und sich geistig auf die kommenden Wochen vorzubereiten. „Dafür muss man sich Zeit nehmen – aber in der Regel keine ganze Woche“, so Düll.

Das heißt: Nach Möglichkeit sollte man nicht die ganzen Ferien durchackern. Besonders bei zwei Wochen Ferien sei es in Ordnung, sich in der zweiten Woche mit schulischen Dingen zu beschäftigen, aber nicht durchgehend zu lernen. „Die Ferien sind zur Erholung da“, sagt Düll.

Die Debatte über die Sinnhaftigkeit von Lernen in den Ferien dreht sich oft um die Frage, ob Schülerinnen und Schüler eine komplette Auszeit benötigen oder ob es besser ist, bereits Gelerntes zu wiederholen. Hierbei ist es wichtig, die Bedürfnisse jedes einzelnen Kindes zu berücksichtigen. Während einige Schüler von einer Pause profitieren und neue Energie tanken können, fühlen sich andere durch die Fortsetzung des Lernprozesses besser vorbereitet und sicherer.

Die Notwendigkeit, den Unterricht in den Ferien nachzubereiten, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Schüler, die Schwierigkeiten in bestimmten Fächern haben, könnten von einer gezielten Stoffwiederholung profitieren. Hier ist es entscheidend, die individuellen Bedürfnisse und Ziele zu berücksichtigen.

Wer große Probleme oder gar eine Lernschwäche hat, hat sogar die Möglichkeit, Ferienkurse zu besuchen. Das Duden Institute beispielsweise bietet ihren Klienten Intensivtherapiewochen an – allerdings nur in den Ferien, die mindestens zwei Wochen andauern.

„Eigentlich sollten Kinder sich in den Ferien erholen. Deshalb machen wir Intensivtherapien nur unter der Bedingung, dass der Rest der Ferienzeit der Erholung vorbehalten ist“, sagt Lorenz Huck. Geschäftsführer des Duden Institutes. Eine Voraussetzung sei dann, mit den Kindern detailliert zu besprechen, wann, in welchem Umfang und was genau sie lernen sollen.

Zudem suchen sich die Kinder ihr Projektthema für die Woche selbst aus. Das trägt dazu bei, dass die Motivation trotz der Ferien hoch ist. „Wenn ich weiß, dass ich mich mit Dinos oder Pfadfindern beschäftigen darf, steigt die Motivation“, so Huck. Paukschulen, wie man sie aus anderen Kulturkreisen kennt, findet er problematisch. Aber wenn man darauf achte, wie es dem Kind geht und es motiviert, könne man auch die Ferienzeit nutzen.

Die meisten Kinder brauchen keine intensiven Lernwochen

Es geht aber nicht nur darum, wichtige Lerninhalte zu vermitteln, sondern auch darum, das Selbstbewusstsein der Kinder zu stärken. Deshalb gibt es zum Abschluss der Intensiveinheiten als Highlight eine Präsentation, bei der die Kinder ihren Eltern, den Lehrkräften und anderen Schülerinnen und Schülern ihre Ergebnisse vorstellen. „Das ist immer wunderbar anzusehen, die Kinder sind so stolz auf das, was sie geschafft haben“, sagt Huck. Es sei zwar auch oft eine Bewährungsprobe vor einer größeren Gruppe zu sprechen, aber letztlich helfe es den Kindern, sich positiv zu entwickeln.

Bei den meisten Kindern ist eine so intensive Lernwoche allerdings gar nicht nötig. Oft reicht es aus, sich jeden Tag konzentriert mit Lerninhalten zu befassen, bei denen es in der Vergangenheit Schwierigkeiten gab oder die Schwachstellen sind. „Die Wahrheit ist leider: Viele Kinder haben Nachholbedarf und stehen mit schlechten Noten da“, sagt Frederik Harkort, Gründer des Kids-Coaching-Anbieters cleverly. Ferien könnten deshalb eine gute Gelegenheit sein, um Inhalte aufzuholen, wenn nötig.

Die größte Schwierigkeit sieht er darin, die Kinder entsprechend zum Lernen zu motivieren – welches Kind habe schließlich Lust, in den Ferien zu lernen? Er empfiehlt deshalb auch unbedingt, zunächst einige Tage komplett lernfrei zu gestalten.

Danach könne man mit kurzen, intensiven Einheiten aber einiges erreichen. „Je nach Alter sind einmal am Tag 30 Minuten schon sehr sinnvoll“, sagt Harkort. Man könne die Lernzeit aber auch auf zwei Blöcke aufteilen. Wichtig ist, in diesen Zeiten zu versuchen, die Konzentration maximal hochzuhalten.

Hierfür hat er einige Tipps: Ein sauberer Schreibtisch verhindert Ablenkung, zudem sollte der Lernraum möglichst ruhig sein. „Geschwister, Fernseher oder tobende Hunde lenken nur ab“, so Harkort.

Manchen Kindern kann zudem eine Gedankenbox helfen: Dafür schreiben sie vor der Lerneinheit „wilde Gedanken“ auf einen Zettel und legen diesen dann in eine Schatulle. Nach dem Lernen können Eltern dann die Gelegenheit schaffen, um über diese Themen zu sprechen.

Generell sollten Eltern nicht daneben sitzen und ihren Kindern alles vorlernen, sondern anbieten, für Fragen zur Verfügung zu stehen und die Kinder beim Lernen zu unterstützen. „Ich rate, klein anzufangen und das Pensum über die Woche zu steigern“, sagt Harkort. Darüber hinaus sollte man das Lernen möglichst spielerisch gestalten: zum Beispiel durch Aktivitäten wie Nummernschilder zählen, gemeinsames Backen oder das Einbinden von Lernthemen in den Alltag. „So fühlt es sich nicht nach traditionellem Lernen an.“

Eltern sollten darauf achten, dass ihre Kinder eine ausgewogene Mischung aus Freizeitaktivitäten und Entspannung finden, um die Batterien aufzuladen und gleichzeitig den Lernprozess zu unterstützen. Durch positive Verstärkung, die Einbindung von interessanten Lernmaterialien und die Schaffung einer unterstützenden Lernumgebung können Eltern ihre Kinder dazu motivieren, sich freiwillig mit dem Schulstoff auseinanderzusetzen. Zudem ist es wichtig, klare Grenzen zu setzen und die Lernzeit sinnvoll zu strukturieren, um Überlastung zu vermeiden.

„Eltern sollten grundsätzlich vermitteln, dass das, was in der Schule gemacht wird, sinnvoll ist“, rät Lehrerverband-Präsident Stefan Düll. „Die positive Einstellung zur Schule und die Unterstützung bei der Vorbereitung und Nachbereitung der Ferienzeit schaffen eine positive Stimmung in Bezug auf Lernen, Leistung und Eigenorganisation.“

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