Vulcan Energy : Start-up produziert erstmals Lithium in Deutschland

Das Unternehmen Vulcan Energy gewinnt nun Lithium aus dem Oberrheingraben. Das Batteriemetall ist elementar für Elektroautos und die Energiewende – und hat in diesem Fall einen Umweltbonus.

Nur noch wenige Monate, dann könnte es eine erste rein europäische Lieferkette für die Lithiumförderung und -verarbeitung geben: Das australisch-deutsche Unternehmen Vulcan Energy hat seine Lithiumextraktionsoptimierungsanlage (Leop) in Landau in Betrieb genommen.

Der sperrige Begriff bezeichnet eine Anlage, die tonnenweise Lithium produziert, allerdings noch nicht in kommerzieller Größenordnung. Auf diese Art kann die Produktion in kleinerem Maßstab bereits starten und weiter verbessert werden.

Kurz vor dieser Ankündigung hat Vulcan Energy zudem am Dienstagmorgen in Frankfurt-Höchst das Richtfest für die Schwesternanlage gefeiert, die Lithiumelektrolyse-Optimierungsanlage (Cleop). So eine Anlage verarbeitet das extrahierte Lithiumchlorid weiter zu Lithiumhydroxid, das wiederum für die Batterieproduktion von Elektroautos verwendet wird.

Abhängigkeit von China bereitet Sorgen

Im Sommer soll Cleop in Betrieb gehen und zunächst kleine Mengen des Materials für europäische Autohersteller wie Volkswagen und Stellantis herstellen, sagt Vulcan-Energy-CEO Chris Moreno beim Richtfest. Er deutet auf das halbfertige Gebäude hinter ihm: Eingerahmt von Gerüsten, sind bereits einige Rohre und eine Trockenanlage zu erkennen. „Lithium von Europa für Europa“, sagt Moreno.

Dass Deutschland bei Rohstoffen wie Lithium, das elementar ist für die Energiewende, so abhängig sei von wenigen anderen Ländern, besorge ihn derzeit am meisten. Die Autoindustrie sei ein Herzstück von Deutschland. Doch sie ist nach Ansicht von Moreno international nicht konkurrenzfähig, wenn sie Lieferketten für Rohstoffe, die elementar sind bei Elektroautos, nicht kontrolliere. Das gelte vor allem im Vergleich zu China.

Die Volksrepublik baut sich bei vielen kritischen Rohstoffen, darunter Lithium, komplette Wertschöpfungsketten auf. Eine neue Studie von Deloitte zeigt: Im vergangenen Jahr kamen 24 Prozent aller deutschen Importe von Lithiumcarbonat, das wie Lithiumhydroxid zur Batterieproduktion verwendet wird, aus China. Vor zehn Jahren war es noch ein Prozent. Bei den fertigen Lithium-Ionen-Akkus sind es sogar 41 Prozent.

Neben geopolitischen Risiken birgt dieses Verhältnis Umweltrisiken. Moreno erklärt: Bislang werde Lithium in Bergwerken in Australien gewonnen, die Gesteine würden dann nach China geliefert und dort zu Lithiumhydroxid verarbeitet. Das Lithium mache dabei höchstens 15 Prozent des Gesteins aus, der Rest sei Abfall.

Der Abbau in Chile oder Argentinien, wo Hersteller lithiumhaltiges Salzwasser aus unterirdischen Seen an die Oberfläche bringen und in großen Becken verdunsten lassen, sei zwar etwas effizienter. Dennoch fielen wegen der aufwendigen Produktion und der langen Lieferwege auch dort pro Tonne Lithiumhydroxid 15 bis 25 Tonnen CO2 an.

Vulcan Energy wirbt mit CO2-Neutralität

Das Lithiumhydroxid, das Vulcan Energy in Landau fördern und in Frankfurt-Höchst weiterverarbeiten wird, sei hingegen CO2-neutral. Das funktioniert so: Im Oberrheingraben pumpt Vulcan Energy mit einer Förderpumpe heißes lithiumhaltiges Thermalwasser nach oben.

Die Wärme wird extrahiert und kann zum Heizen oder zur Stromgewinnung genutzt werden. Außerdem entzieht die Anlage Leop dem Thermalwasser in einem besonderen Verfahren das Lithium und leitet anschließend das Wasser wieder unter die Erde. Das Verfahren ist nach Angaben des Unternehmens mit Extraktionseffizienzraten von bis zu 95 Prozent deutlich nachhaltiger als andere Formen der Lithiumgewinnung.

Ab Sommer, wenn die Schwesteranlage Cleop die Arbeit aufnimmt, wird Vulcan Energy das gewonnene Lithium dann rund 140 Kilometer entfernt in Frankfurt-Höchst weiterverarbeiten: zu Lithiumhydroxid, das ebenfalls wichtig ist für Batterien.

Ende des Jahres wird das Start-up dann beginnen, die kommerzielle Lithiumanlage in Landau zu bauen, 2025 folgt der Baustart der kommerziellen Schwesteranlage in Frankfurt-Höchst. Spätestens 2026 will Moreno Lithiumhydroxid in großen Mengen an Unternehmen liefern können.

Derzeit sind die Preise für Lithium niedrig

Derzeit kostet Lithiumcarbonat zwar nur halb so viel wie vor einem Jahr. Und seit dem Allzeithoch im November 2022 ist der Preis sogar um mehr als 80 Prozent gefallen. Grund dafür ist die schwächelnde Nachfrage nach Elektroautos.

Doch Vulcan-CEO Moreno gibt sich gelassen. Vulcan Energy habe für die Produktion der nächsten fünf bis zehn Jahre feste Abnahmevereinbarungen getroffen mit den Unternehmen Volkswagen, Stellantis, Renault, mit dem Kathodenspezialisten Umicore und dem koreanischen Batteriehersteller LG. Für einen erheblichen Teil des Lithiumhydroxids habe er feste Preise vereinbart.

Dennoch: Um als deutscher Produzent im globalen Preiswettbewerb, gerade mit China, bestehen zu können, sei finanzielle Unterstützung in Form von öffentlichen Finanzierungen wichtig.

Erstpublikation: 10.04.2024, 20:28 Uhr.

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