Serie über Truman Capote: Verrat ist keine Literatur

serie über truman capote: verrat ist keine literatur

„Blutig und wahr und echt“: Truman Capote (Tom Hollander) und Babe Paley (Naomi Watts) in Ryan Murphys „Feud: Capote vs. The Swans“

Als das Ende beginnt, am Schluss der ersten von acht sehr langen Folgen dieser Geschichte, als der begnadete Schriftsteller und unverbesserlicher Trinker Truman Capote fast über Nacht von Everybody’s Darling der New Yorker High Society zum Paria wird, da sieht es kurz so aus, als könnte eine eigene Geschichte ihren Anfang finden: eine, die nicht nur die alten Anekdoten für ein junges Publikum nacherzählt, sondern einen neuen Blick auf die Ereignisse dieser Jahre zurückwirft, eine, die aus all dem biographischen Material Fragen entwickelt, die uns heute noch interessieren könnten, weil sie zeitlos oder wenigstens zeitgemäß sind.

Ein paar davon drängen sich ja auf: Warum hat Truman Capote das gemacht? Warum hat er, nachdem ihm die New Yorker Elite jahrelang einen Platz an ihren Dinnertafeln eingeräumt hatte, 1975 in seinem Text für das Magazin „Esquire“ diese unglaublichen Indiskretionen ausgeplaudert? Warum hat er das Vertrauen seiner superreichen Freundinnen, der Swans, wie er sie gerne nannte, missbraucht? Hat er tatsächlich seine Privilegien und seine soziale Anerkennung, wie man es zu seinen Gunsten gelegentlich auslegt, der Literatur geopfert, der Ambition, all seine Beobachtungen, wie sein Vorbild Marcel Proust, in das elegante und schonungslose Porträt einer bigotten Gesellschaft zu verwandeln? Oder war das immer nur die Angeberei eines eitlen Großmauls? Hat man als Schriftsteller nicht nur die Lizenz dazu, schlecht über andere zu reden, zu schreiben, was, wie es Capote in der Serie einmal sagt, „blutig und wahr und echt“ ist, sondern auch eine künstlerische Pflicht? Und wird aber deshalb sofort aus jeder bösen Wahrheit Literatur?

All diese Fragen wären auch in dem Jahr, in dem sich Capotes Geburtstag zum 100. Mal jährt, nicht nur für seine Fans interessant; sie ließen sich zum Ausgangspunkt einer Betrachtung über persönliche Freundschaft und soziale Ignoranz machen, über die Trennung und Untrennbarkeit von Klatsch und Kunst, und zwar mit spektakulär glamouröser Besetzung. Dafür immerhin findet der Fließband-Serienproduzent Ryan Murphy („Glee“, „Pose“, „Dahmer“) in der zweiten Staffel seiner Promizwist-Anthologie „Feud“ (die erste handelte von der Rivalität zwischen Bette Davis und Joan Crawford) phantastische Darsteller. Tom Hollander eignet sich Capotes Prätentionen und dessen berühmt eigenwilligen Sprachduktus so manisch an, dass man irgendwann kaum noch merkt, dass man es mit einer Imitation zu tun hat. Hollander sei so in der Rolle aufgegangen, erzählt seine Kollegin Diane Lane in einem Interview, dass sie den Schauspieler hinter Capote erst nach den Dreharbeiten kennenlernen konnte. Der Mut, mit dem sich Hollander dabei an der Grenze zur Karikatur bewegt, kann den Zuschauer anfangs leicht überwältigen, mit der Zeit aber vergisst man sogar fast Philip Seymour Hoffmans geniale Darstellung im Kinofilm „Capote“. Und auch am Glamour der Swans kann man sich kaum sattsehen, an Lane als Slim Keith, Chloë Sevigny als C. Z. Guest und vor allem an Naomi Watts als Babe Paley, die Frau des CBS-Gründers Bill Paley, die lange Capotes engste Freundin war und über die er einmal sagte: „Sie hatte nur einen Fehler: sie war perfekt; abgesehen davon war sie perfekt.“

Eine Hauptrolle für das Schreiben

Sieben Folgen nun kreisen Showrunner Jon Robin Baitz und Gus van Sant, Experte für selbstzerstörerische Figuren, der in sechs der acht Folgen Regie führte, um den berühmten Bruch: um die soziale Ächtung Capotes nach der Veröffentlichung der nur schlecht verschlüsselten Geschichte „La Côte Basque, 1965“, benannt nach dem edlen Stammrestaurant der Swans, in der Capote nicht nur das Gerücht publik machte, dass das Starlet Ann Woodward ihren Mann, den Banker William Woodward, erschossen hat. Er schildert auch peinliche Details einer Affäre von Bill Paley und blamiert damit auch seine Freundin Babe total. Woodward nahm sich das Leben, Capote immer mehr Drogen – auch deshalb schaffte er es nie, „Erhörte Gebete“ fertig zu schreiben: das Buch, für das er zwanzig Jahre lang wie ein embedded journalist im Zentrum der amerikanischen Macht recherchiert hatte und das, wie es in der Serie einmal heißt, „den verborgenen Klang unter all dem Gerede“ offenbaren sollte; das allen beweisen sollte, dass Capote der rechtmäßige Erbe Marcel Prousts sei und die Kritik an seinem infamen Verhalten nur kleinbürgerlich und kunstfeindlich.

So spannt „Feud: Capote vs. The Swans“ den Bogen vom Kennenlernen von Capote und den Paleys bis zu seinem Tod, beschwört Capotes tote Mutter (Jessica Lange) als Geist der provinziellen Herkunft herauf, stolpert durch Capotes verzweifeltes Liebesleben und reinszeniert den legendären „Black and White Ball“ von 1966 als Schwarz-Weiß-Doku im Stil des Direct Cinema der Brüder Albert und David Maysles (die zwar einen Film über Capote drehten, aber nicht über den Ball). Und doch schafft es die Serie viel zu selten, die Ebene der bloßen Nacherzählung zu verlassen, ein Thema jenseits der boulevardesken Spekulationen über zerbrochene Freundschaften und Eifersucht und Rache zu finden. Immer wieder kehrt sie an den Tisch im „La Côte Basque“ zurück, noch ein Küsschen, noch einen Chardonnay, habt ihr das schon gehört? Viel zu oft ertönt von allen Seiten der Refrain über die Unmöglichkeit der Vergebung, das Selbstmitleid der armen, gekränkten Superreichen.

So gut wie nie dagegen rückt in den Mittelpunkt, was aus Capote immer mehr gemacht hat als den exzentrischen Clown, dem er seine Prominenz verdankt: sein Schreiben. In der vorletzten Folge blitzt kurz auf, wie man auch diesem eine Hauptrolle hätte geben können, als Capote einen Nachruf auf Babe vorliest (den er nie geschrieben hat). Meistens aber bringt die Kamera Capotes rote Smith-Corona Electra 110 immer nur als unbenutzte Dekoration ins Bild, als Chiffre für den chronisch unerhörten Appell, sein Buch fertig zu schreiben.

Nur eine Folge deutet an, wie reizvoll es gewesen wäre, die Geschichte fortzuschreiben und zu verhandeln, worum es jenseits all der Eitelkeiten hätte gehen können. In einer sogenannten bottle episode in der Mitte der Staffel erfindet Drehbuchautor Baitz ein Treffen von Capote und James Baldwin, dem anderen großen Hundertjährigen des Jahres in der amerikanischen Literatur. Nach der Veröffentlichung des „Esquire“-Artikels schneit Baldwin (Chris Chalk) aus dem selbstgewählten Exil in Frankreich kurz in New York vorbei, um sich als Freund Capotes zu zeigen, als Verbündeter in dem Projekt der gnadenlosen Demaskierung einer heuchlerischen Gesellschaft. Seine Arbeit sei noch nicht beendet, ermuntert ihn Baldwin, er solle weiterarbeiten an seinem „Lexikon des Abscheus“, am „Thesaurus des amerikanischen Ekels“. Und auch wenn Baitz seinen Traum etwas sehr weit treibt, wenn er Baldwin Capotes Buch als dessen „Guillotine, die Marie Antoinette geköpft hat“, feiern lässt, als seine „Bombe Oppenheimers“, sogar als seinen „Sklavenaufstand“, geht es hier doch endlich einmal um Fragen jenseits der Befindlichkeiten vergessener Berühmtheiten.

So bleibt „Feud“, was auch „Answered Prayers“ blieb: nur die Behauptung, dass es mehr als Gossip sei; ein Versprechen von Genialität, das sich nie erfüllt.

Ab 8. Mai auf Disney+

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