Forscher wollen Kipppunkte zu planetaren Gemeinschaftsgütern machen

amazon, forscher wollen kipppunkte zu planetaren gemeinschaftsgütern machen

Brandrodung am Amazonas, hier im Gebiet Lábrea.

Wenn der Grönländische Eisschild schmilzt, fließt so viel Süßwasser in den Nordatlantik, dass dies die Meeresströme durcheinanderbringen kann. Das wiederum würde zu mehr Wärme im Südatlantik führen und die Eisschmelze in der Antarktis beschleunigen – mit vielen weiteren Folgen. Wer die verhindern will, muss am Beginn der Kaskade ansetzen und verhindern, dass ein System wie der Eisschild kippt – also unwiederbringlich seinen Zustand ändert.

Ein Team von 22 Forschern aus der Rechts-, Politik- und Erdsystemwissenschaft schlagen deshalb vor, mögliche Kippelemente als „planetare Gemeinschaftsgüter“ gemeinschaftlich zu schützen – „unabhängig davon, wo sie sich befinden, weil sie unerlässlich dafür sind, alles Leben auf unserem Planeten aufrechtzuerhalten“, wie die Forscher in einem Aufsatz schreiben, der in den „Proceedings of the National Academy of Sciences“ veröffentlicht wurde.

Die Autoren machen sich keine Illusionen, dass das Vorhaben, das sie anregen wollen, „kontrovers und komplex“ ist. Angesichts der Gefahren, die zum Beispiel der auftauende Permafrostboden und der schwindende tropische Regenwald mit sich bringen, sei das Unterfangen aber schlicht notwendig. „Da diese Veränderungen Menschen auf der ganzen Welt betreffen, argumentieren wir, Kippelemente als planetarische Gemeingüter zu betrachten, die der Welt anvertraut wurden und daher einer gemeinsam koordinierten Steuerung bedürfen“, erklärt Mitautor Johan Rockström, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK).

Diese Steuerung soll an vorhandenen rechtlichen, politischen und diplomatischen Regeln ansetzen, die es auch bisher schon für „globale Gemeinschaftsgüter“ (Global Commons) gibt. Auch die Regelwerke für den Schutz und Gebrauch der Hohen See und des Meeresbodens in der Tiefsee sowie die Verträge zum Status der Antarktis sehen die Forscher als Anknüpfungspunkte. Allerdings gehe es dabei bisher meist eher darum, konkurrierenden Staaten gleiche Zugangschancen zu Regionen einzuräumen, die außerhalb nationaler Hoheitsgebiete liegen.

Für die im Klimawandel entscheidenden Systeme brauche es andere ­Regeln, argumentieren die Wissenschaftler – wie das Beispiel des Amazonas verdeutlicht. Der Regenwald liegt überwiegend in Brasilien, das souverän über das Gebiet verfügt. Neue überstaatliche Regeln für solche entscheidenden Klimasysteme sind daher auf die lokale Zustimmung angewiesen. Bestehen sie einmal, könnten sie dazu führen, dass auch andere Staaten sich finanziell am Schutz dieser Systeme beteiligen. So zumindest die Hoffnung der Forscher – die gleichzeitig zugeben, dass ihr Konzept „planetarer Gemeinschaftsgüter“ noch deutlicher Konkretisierung bedarf.

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