AfD-Verbot: Berliner Grüne preschen mit neuen Forderungen vor - das sagen SPD, Linke

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Kristin Brinker, AfD-Fraktionschefin im Berliner Abgeordnetenhaus, traf sich im Juli mit Rechtsextremen. Für die Berliner Grünen ist klar: „Eine bürgerliche AfD gibt es nicht.“

Das Bundesverfassungsgericht soll ein Verbot der AfD prüfen – das fordern jetzt die Grünen in Berlin. Innerhalb der Bundespartei tut sich der Berliner Landesverband immer wieder mit radikalen Forderungen hervor.

Die Debatte um ein mögliches AfD-Verbot gärt schon länger. Doch nach einem Bericht des Medienhauses Correctiv hat sie erneut an Fahrt aufgenommen. Demnach trafen sich AfD-Politiker mit Rechtsextremen, Politikern von CDU und Werteunion sowie mit solventen Unternehmern, um über die „Remigration“ von Millionen Menschen mit Migrationshintergrund zu sprechen. Correctiv übersetzt dieses Konzept des Rechtsextremen Martin Sellner als „Vertreibung von Millionen von Menschen aus Deutschland“.

In den vergangenen anderthalb Monaten sind daher Millionen Menschen gegen rechts auf die Straßen gegangen. Die Berliner Grünen begrüßen das ausdrücklich. „Ich hatte Gänsehäute“, sagte Co-Fraktionschef Werner Graf am Montag im Abgeordnetenhaus. Doch die Demonstrationen alleine seien nicht ausreichend, so der Grünen-Politiker. Daher will die Partei jetzt einen nächsten Schritt gehen und das Bundesverfassungsgericht in die Pflicht nehmen.

Die Berliner Grünen halten die AfD für eindeutig rechtsextrem. Das gelte im Übrigen auch für den Berliner Landesverband: Graf wirft der Berliner AfD vor, sie wolle sich „ein bürgerliches Kleid anziehen“. Dabei habe sich Partei- und Fraktionschefin Kristin Brinker auch „vom Flügel wählen lassen“.

Der „Flügel“ war eine parteiinterne Gruppe rund um den einflussreichen Thüringer Landespolitiker Björn Höcke, die die Partei in den vergangenen Jahren immer weiter nach rechts gerückt hatte. Inzwischen hat sich die Gruppierung zwar offiziell aufgelöst, soll aber als „solidarisch-patriotisches Lager“ innerhalb der Partei fortbestehen.

Auch ein anderes Detail setzt Brinker unter Druck: Im Januar wurde bekannt, dass sie bereits im Sommer an einem Treffen von Rechtsextremen in der Privatwohnung des ehemaligen Berliner Finanzsenators Peter Kurth (CDU) teilgenommen hatte.

Der Grünen-Mann Graf und seine Kollegin Bettina Jarasch kommentierten das Treffen so: „Was schon lange offensichtlich war, ist spätestens jetzt Gewissheit: Eine gemäßigte oder bürgerliche AfD gibt es nicht.“ Das Schlagwort „Nie wieder ist jetzt“ bedeute auch: „Wann, wenn nicht jetzt, muss ein AfD-Verbot geprüft werden.“

SPD und Linke im Berliner Abgeordnetenhaus klingen da allerdings deutlich vorsichtiger. Bei der Linken gebe es noch kein einheitliches Meinungsbild, ob man ein Verbotsverfahren überhaupt für politisch richtig halte, sagte ein Sprecher auf Anfrage der Berliner Zeitung.

Für die Berliner SPD-Fraktion sprach sich der Innenpolitiker Martin Matz zur Zurückhaltung mit öffentlichen Forderungen aus. „Ich sehe gar nicht, dass es irgendjemandem etwas bringt, wenn jetzt alle reden“, sagte Matz auf Anfrage der Berliner Zeitung und verwies auf ein aktuelles Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht Münster in Nordrhein-Westfalen. Dessen Entscheidung könnte das Startsignal für ein Prüfverfahren werden, das insgesamt wohl bis zu drei Jahre dauern könnte.

In Münster klagt derzeit die AfD gegen die Einstufung als Verdachtsfall. Der Verfassungsschutz führt die Gesamtpartei seit zwei Jahren unter dieser Kategorie, was ihn berechtigt, sie digital und mithilfe von V-Männern zu beobachten. Derzeit gelten nur einzelne Landesverbände der Partei sowie ihre Jugendorganisation Junge Alternative als „gesichert rechtsextrem“.

Mit mehreren Befangenheitsanträgen gegen einen der Richter war die AfD bereits gescheitert. Jetzt bereitet sie sich mit einer internen Abfrage auf das Verfahren vor: Nach Informationen der Berliner Zeitung ruft die Partei alle Mitglieder auf, sich zu melden, sofern sie selbst einen Migrationshintergrund haben oder mit einem Migranten verheiratet sind. Offenbar sucht die Partei nach Entlastungsmaterial, das sie vor Gericht anführen könnte.

Bei dem Prozess um die Einstufung der AfD als Verdachtsfall dürfte es jedoch nicht bleiben. Wie die Süddeutsche Zeitung (SZ) berichtet, plant Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang schon den nächsten Schritt: Seine Behörde will die rechte Partei in einem Gutachten als „gesichert extremistische Bestrebung“ einstufen, so die SZ unter Berufung auf interne E-Mails und Vermerke, die ihr aus der Behörde zugespielt wurden.

Nur aus Rücksicht auf das kommende Gerichtsurteil soll die Behörde ihr neues Gutachten vorerst zurückhalten, heißt es im Bericht. In dem Gutachten soll es um Rassismus und Autoritarismus in den Reihen der Partei gehen, aber auch um das Verhältnis der AfD zu Russland. Demnach kursierten schon im April vergangenen Jahres erste Gliederungsentwürfe des Gutachtens innerhalb der Behörde.

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Nimmt die AfD verstärkt ins Visier seiner Behörde: Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang.

Laut SZ ist in dem Gutachten ferner zu lesen, das „solidarisch-patriotische Lager“ rund um den Thüringer AfD-Landespolitiker Björn Höcke gewinne „zunehmend an Einfluss“. Die „inhaltliche Heterogenität“ innerhalb der Partei nehme dadurch zwar ab, existiere aber weiterhin. Daher betrachte man nicht alle Parteimitglieder als Anhänger „extremistischer Strömungen“.

Die Berliner Zeitung wollte von der Bundes-AfD wissen, wie sie zu dem mutmaßlichen Gutachten des Verfassungsschutzes steht. Bis Redaktionsschluss äußerte sich die Partei nicht – Schnellschüsse will man offenbar vermeiden. Weitere Schritte könnten davon abhängen, wie das Oberverwaltungsgericht in Münster entscheidet.

Auch die Berliner SPD wartet gespannt auf das OVG-Urteil aus Münster, unter anderem davon hänge das weitere Vorgehen entscheidend ab. Innenpolitiker Matz macht eines klar: „Wenn es eine Aussicht auf Erfolg gibt, sollte man diesen Weg gehen. Aber nur dann.“ Ein Scheitern in Karlsruhe wäre schädlich für die Demokratie.

Zu den Unwägbarkeiten gehört im Übrigen auch, wie die einzelnen Landesverfassungsämter die jeweiligen AfD-Landesverbände einschätzen. In Berlin zum Beispiel ist nicht bekannt, ob das Landesamt die hiesige AfD beobachtet. Auch Innensenatorin Iris Spranger (SPD) und Justizsenatorin Felor Badenberg (für CDU) halten sich bedeckt.

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