Selbstfahrendes Schienen-Taxi könnte alte Bahngleise wiederbeleben
Forschungsverbund testet Monocab
Selbstfahrendes Schienen-Taxi könnte alte Bahngleise wiederbeleben
Ein Prototyp des selbstfahrenden Schienen-Taxis Monocab auf einem stillgelegten Gleis
Die Mobilität im ländlichen Raum steigern, ohne alte Bahnstrecken zu reaktivieren: Ein selbstfahrendes Schienen-Taxi soll Abhilfe schaffen.
Köln – Die Deutsche Bahn hat in den letzten Jahrzehnten zahlreiche Kilometer Schiene aufgegeben. Doch aktuell findet eine Trendumkehr statt, viele Gleise sollen wieder genutzt werden. Allein in NRW zu wurden in den vergangenen Jahren über 200 Kilometer Schiene reaktiviert, der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) nennt rund 40 weitere Strecken, die wiederbelebt werden könnten. Auch in Rheinland-Pfalz sollen bis zu zwölf Bahnstrecken reaktiviert werden.
Schienen-Taxi als Alternative zur Reaktivierung
All diese Maßnahmen sind oft mit Machbarkeitsstudien und anderen Planungsschritten verbunden – es muss geprüft werden, ob sich die Wiederbelebung einer Strecke lohnt. Fällt das Ergebnis negativ aus, sind das im Zweifelsfall keine guten Nachrichten für Anwohner. Gerade für solche Fälle kann das Schienen-Taxi Monocab, das aktuell getestet wird, in Zukunft eventuell Abhilfe schaffen.
Beim Monocab handelt es sich um eine kleine Einschienenbahn, die jedoch kein Monorail-System mit nur einer Schiene benötigt. Stattdessen fahren die Prototypen auf regulären Bahnstrecken und nutzen dabei nur eines der beiden verlegten Gleise. Dadurch können auf einem Gleis theoretisch sogar zwei Monocabs gleichzeitig fahren, wie die WDR-Digitalmarke kugelzwei in einem Instagram-Video erklärt.
Das soll das Schienen-Taxi Monocab leisten können
Hinter dem Monocab steht ein Forschungsverbund aus der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe, der Hochschule Bielefeld und dem Fraunhofer IOSB-INA. Die Gesamtprojektleitung obliegt Prof. Dr.-Ing. Thomas Schulte. Zu den Förderern gehören der European Regional Development Fund (ERDF) und das Verkehrsministerium NRW. Sollte das Schienen-Taxi zur Serienreife gelangen, wäre es auch in Regionen, die nicht mehr an das reguläre Schienennetz angebunden sind, eine klimaschonende Alternative zur Fahrt mit dem eigenen Auto.
Fünf Personen sitzen in einem Prototyp des selbstfahrenden Schienen-Taxis Monocab
Im „Technical Leaflet“ zum Monocab verweisen die Urheber allerdings darauf, dass die jetzt getesteten Prototypen noch bis zur Serienreife überarbeitet werden müssen. Sie sind allerdings bereits im 1:1-Maßstab angefertigt und können Personen transportieren, um den Normalbetrieb möglichst genau zu simulieren. Bei den späteren Serienprodukten sollen Energie-Effizienz und funktionale Sicherheit gesteigert, der Kostenfaktor hingegen gesenkt werden. Die fertigen Monocabs sollen Platz für bis zu sechs Erwachsene bieten und barrierefrei sein, damit auch Rollstuhlfahrer oder Fahrräder mit dem Schienen-Taxi fahren können.
Auf 24RHEIN-Anfrage berichtet Thorsten Försterling, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit beim Institut für Energieforschung der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe, dass die aktuell fahrenden Prototypen den technischen Reifegrad 5 (von insgesamt 9) besitzen: „Versuchsfahrzeug in Einsatzumgebung“. Der Testlauf der Prototypen war ein Erfolg, so Försterling: „Wir konnten die Machbarkeit der Idee und der Technik nachweisen.“
Wann die Monocabs im regulären Betrieb fahren können
Wenn das Schienen-Taxi Monocab zur Serienreife gelangt, soll man es bequem per Handy zur Haltestelle bestellen können und auf die gleiche Weise den Wunsch-Zielort angeben. Da es sich dabei um ein selbstfahrendes Vehikel handelt, müssen Fahrgäste nichts weiter tun. Dies würde nicht nur die Mobilität im ländlichen Raum steigern, sondern auch zur Verkehrssicherheit beitragen, da gerade Personen, die Schwächen bei der Führung eines Fahrzeugs haben, Alternativen zur Fahrt mit dem Auto hätten.
Den finalen technischen Reifegrad 9 soll das Monocab nach aktuellen Planungen 2028 erlangen. In Dortmund sollen zur Internationalen Gartenausstellung (IGA) im Jahr 2027 Monocabs vorgeführt werden. „Bis zur IGA wird das Monocab noch keine Serienreife haben, aber auf einem Gleis werden wir im Rahmen der Veranstaltung den bis dahin erreichten technischen Standard fahren lassen, sodass sich die Öffentlichkeit ein Bild machen kann“, erklärt Försterling.
Unter Umständen wird manche Bahnstrecke reaktiviert, bevor die selbstfahrenden Schienen-Taxis unterwegs sind. Ab Ende 2024 soll die Hertener Bahn wieder fahren, wie der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) erklärte. Andere Wiederbelebungspläne sind dagegen noch Zukunftsmusik: 2032 könnte die Mittlere Ruhrtalbahn nach über 50 Jahren reaktiviert werden, in den frühen 2030ern soll die Walsumbahn nach über 40 Jahren wieder fahren. (nbo)