So wird die Rente nicht zukunftssicher

so wird die rente nicht zukunftssicher

Feiert die Riester-Rente ein Comeback?

Vertrauen in die Alterssicherung setzt eine schlüssige Rentenpolitik voraus, und dazu bedarf es einer klaren Problemanalyse. Doch daran mangelt es sowohl der Regierung, als auch der Gesellschaft insgesamt. Es fehlt schon am gemeinsamen Grundverständnis davon, was überhaupt die Aufgaben sind. Politik läuft damit Gefahr, durch Regeländerungen zwar viele Milliarden Euro an Beitrags-, Steuergeld und privaten Ersparnisse hin- und herzuschieben – aber ohne die Stabilität der Alterssicherung zu stärken oder wenigstens das Zutrauen in die erhoffte Stabilität.

Vor einigen Jahren schien noch eine Verständigung möglich, dass die Alterung der Gesellschaft das Umlagesystem der gesetzlichen Rente auf eine schwierige Probe stellt. Und dass ein Nachjustieren des Lastenausgleichs zwischen den Generationen nötig sei, wenn sonst eine schrumpfende Gruppe von Zahlern mit immer höheren Beiträgen und Steuern immer mehr Rentner versorgen muss. Doch ein Konsens dazu ist nicht mehr in Sicht.

Im Grund hat ihn schon die alte Koalition aus Union und SPD aufgekündigt, als sie 2018 eine sogenannte Haltelinie in die Formel für die jährliche Rentenerhöhung einfügte – zunächst zwar nur mit befristeter Gültigkeit bis 2025. Aber nun wollen SPD und Grüne in der Ampel daraus eine Dauergarantie machen. Im Ergebnis würde der Demographie- oder Nachhaltigkeitsfaktor, der schon vor 30 Jahren als Stabilisator in die Rentenformel eingefügt wurde, auf Dauer ausgeschaltet – und das ausgerechnet zum Renteneintritt der geburtenstarken Jahrgänge.

Auch die FDP muss sich bewegen

Dieser Faktor bewirkt, dass der Anstieg der Renten etwas kleiner ausfällt als der allgemeine Lohnanstieg, wenn es weniger Beitragszahler und mehr Rentner gibt. Das soll die sonst unvermeidliche Mehrbelastung der Zahler dämpfen. Technisch gesehen senkt der Nachhaltigkeitsfaktor dann die Kenngröße Rentenniveau gezielt ab; aber die „Haltelinie“ verhindert genau das. Eine Kursbestimmung täte also not.

Doch die scheitert seit Jahren allein schon daran, dass maßgebliche politische Akteure gar kein Interesse daran zeigen, mit offensichtlichen Missverständnissen aufzuräumen. Sie versuchen lieber, politisch Profit daraus zu schlagen, wenn das Publikum ein Absinken der Größe Rentenniveau mit sinkenden Renten verwechselt. Denn dann winkt die Chance, sich mit dem Versprechen von „Haltelinien“ als vermeintlicher Retter vor Altersarmut zu profilieren. Was aber zum nächsten Missverständnis führt: Eine Haltelinie sorgt für prozentual stärkere Rentenerhöhungen. Also haben Senioren mit kleiner Rente fast nichts von den Milliardenmehrausgaben, die das auslöst, jene mit hohen Renten viel mehr.

Die Gewerkschaften haben das nie akzeptiert

Erklären lässt sich solche Schlingerpolitik auch damit, dass kein Konsens über den Stellenwert der Umlagerente im Gesamtsystem der Alterssicherung besteht. Nach Recht und Gesetz ist sie nur eine von mehreren tragenden Säulen – so wie es einst die rot-grüne Koalition mit ihrer Reform zur Jahrtausendwende geregelt hat. Das Ver­spre­chen der Lebensstandardsicherung im Alter gilt nur noch für die, die ergänzend mit geförderter Riester- oder Betriebsrente vorsorgen. So steht es auf dem Papier. Die Politik hat sich aber längt davon abgewandt – ohne näher zu klären, wo die Reise der alternden Gesellschaft denn dann hingehen soll.

Die Gewerkschaften, die heute sozialpolitisch ein enormer Machtfaktor sind, haben diese Reform ohnehin nie akzeptiert. Ihr Maßstab des Scheiterns ist seit jeher, dass die Umlagerente allein (wie beabsichtigt) nicht mehr alle Ansprüche erfüllt. Und warum schafft Politik es nicht, evidente Mängel der Riester-Rente zu beheben? Auch weil die Gewerkschaften gar kein Interesse daran haben. Die neue Halte­linien­po­li­tik aber markiert für sie die ersehnte Abkehr vom Mehrsäulenmodell.

Einen markanten Beitrag dazu lieferte jüngst der Gewerkschaftstag der IG Metall. Deren Credo: Die Umlagerente hat gar kein Finanzproblem – nur eines mit zu niedrigen Leistungen. Falls das auch der Kompass der Regierungsparteien SPD und Grüne ist, muss man über Reformvorschläge etwa des Sachverständigenrats mit ihnen gar nicht reden. Ihnen muss aber klar sein: Die Gewerkschaften wollen keine Haltelinie, die bloß den Nachhaltigkeitsfaktor stilllegt. Sie wollen, dass die Renten künftig sogar schneller steigen als die Löhne. Die Babyboomer sind ihre Kernklientel.

Was heißt das für die Ampel? Ohne gemeinsame klare Position zur Demographie beschließt sie besser gar keine Rentenpakete mehr. SPD und Grüne bekämen für ihre Haltelinie von den Gewerkschaften ohnehin nur Krittelei zu hören. Und im Gegenzug wird die FDP es verkraften, dafür ihre Idee des „Generationenkapitals“ zur Stützung der Rentenkasse aufzugeben. Solange dieses nur in einem Paket mit der Abkehr vom Nachhaltigkeitsfaktor zu haben wäre, ist der Preis dafür zu hoch.

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