Riesenvirus aus Kläranlage macht hirnfressender Amöbe den Garaus
Was in Kläranlagen gefunden wird, ist selten wirklich erfreulich. Vor allem, wenn es sich um Viren handelt. Im Fall eines in Österreich entdeckten Naegleriavirus scheint aber genau das der Fall zu sein.
Es klingt bedrohlich, könnte aber ein bisher unlösbares Problem lösen: Forschende der Universität Wien haben in einer Kläranlage in Klosterneuburg ein Riesenvirus entdeckt, das den krankmachenden und in der Regel tödlichen Einzeller Naegleria fowleri befällt.
Warum ist Naegleria fowleri ein Problem?
Der Parasit wird auch als hirnfressende Amöbe bezeichnet, weil er beim Menschen das Gehirn befällt, dort eine Hirnhautentzündung auslöst und innerhalb kurzer Zeit die Gehirnmasse zersetzt. Die Erkrankung ist zwar extrem selten, endet aber nahezu immer tödlich. Laut den US-Gesundheitsbehörden CDC liegt die Überlebensrate bei weniger als drei Prozent. Ein Heilmittel gibt es bislang nicht.
Was kann das neu entdeckte Virus dagegen ausrichten?
Es bietet womöglich erstmals die Chance, Naegleria fowleri zu bekämpfen. In ersten Tests infizierte und tötete das neu entdeckte Riesenvirus zuverlässig alle Vertreter der Gattung Naegleria, einschliesslich des gefürchteten Naegleria fowleri. Deshalb gaben sie ihm den Namen Naegleriavirus. Laut den Forschenden wird das Naegleriavirus von den Amöben fälschlicherweise als Futter aufgenommen und zerstört sie dann innerhalb von nur wenigen Stunden.
«Das Naegleriavirus wird von den Amöben fälschlicherweise als Futter aufgenommen und zerstört sie dann innerhalb von nur wenigen Stunden.»
Wie schafft das Naegleriavirus das?
Das Virus schleust seine Gene in Amöbenzellen ein und baut in ihnen eine Art Virusfabrik auf. «Um die Wirtszelle währenddessen am Leben zu halten, bedient sich das Naegleriavirus vermutlich spezieller Proteine, die die natürliche Immunreaktion der Amöbenzelle unterdrücken und so den vorzeitigen Zelltod verhindern», erklärt Co-Autor Florian Panhölzl von der Universität Wien. «Erst nach erfolgreicher Vermehrung der Viren kommt es zur Zerstörung der Wirtszelle und dem Freisetzen der Viren.»
Wie könnte das Naegleriavirus eingesetzt werden?
Noch brauche es weitere Forschung, so die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. «Diese Entdeckung eröffnet grundsätzlich die Möglichkeit einer vorbeugenden Behandlung von gefährdeten Gewässern, wie zum Beispiel im Rahmen der Wasseraufbereitung in Swimming Pools (siehe Box).»
Sicher sei dagegen bereits, dass das neu entdeckte Riesenvirus helfen werde, die Biologie der Naeglerien und deren Interaktionen mit Viren besser zu verstehen.
Die Studie ist im Fachjournal «Nature Communications» erschienen.