So lief Caren Miosgas Talk-Einstand im Ersten

Berlin. In ihrer neuen Gesprächssendung empfing Caren Miosga am Sonntagabend unter anderem Friedrich Merz – und setze dabei auf Anhieb einen angenehm unaufgeregten Ton. Wie sich das Format von Anne Will unterscheidet.

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Caren Miosga diskutierte am Sonntagabend unter anderem mit dem CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz.

Was Anne Will in drei Jahren nicht geschafft hat, hat bei Caren Miosga bereits in der ersten Sendung geklappt: ein Besuch von Friedrich Merz. Der CDU-Chef hatte es zuletzt gemieden, zu Miosgas Vorgängerin zu gehen und machte seit Ende 2020 einen Bogen um den Sonntagstalk. Kurz vor ihrem Abschied sagte Will der „Süddeutschen Zeitung“, dass sie sich über den 68-Jährigen als Gast noch einmal freuen würde. Ihr Wunsch erfüllte sich nicht: Merz blieb Will fern.

Bei „Caren Miosga“ war Merz zum Auftakt nicht nur Gast, er schaffte es sogar in den Sendungstitel. „Merz richtet die CDU neu aus – wird Deutschlands Zukunft konservativ?“ lautete das Thema, um das es ab 21.45 Uhr im Ersten ging. Für den prestigeträchtigen Sendeplatz nach dem „Tatort“ hatte die Redaktion neben Merz die „Zeit“-Journalistin Anne Hähnig und Soziologie-Professor Armin Nassehi eingeladen.

Zu Beginn der Sendung nimmt sich Miosga den CDU-Chef allerdings im Einzelgespräch vor. Sie startet mit Bildern, die bei Demonstrationen gegen Rechtsextremismus an diesem Wochenende entstanden sind. „Teilen Sie die Ängste der Demonstranten?“, ist Miosgas erste Frage. Später kitzelt Miosga Merz mit der Tatsache, dass beim Potsdam-Treffen zumindest ein aktives CDU-Mitglied dabei war. Sie stellt ihm Fragen zum Verhältnis zu Angela Merkel. Und zur Kanzlerkandidatur – bei denen er auch bei mehrfacher Nachfrage ausweicht.

Während des Gesprächs sitzen sich Merz und Miosga an einem Tisch gegenüber. Das Setting hat etwas von Esszimmer-Atmosphäre. Zur angenehmen Stimmung trägt aber auch die Moderatorin bei. Sie hört aufmerksam zu, hält Blickkontakt mit ihrem Gast und ist im Gespräch häufig nach vorne gebeugt. Ihre Hände sind zunächst gefaltet, später stützt sie sich mit ihrem Ellbogen auf dem Tisch ab. Miosga wirkt für eine Premiere vor großem Publikum nicht aufgeregt, dafür aber sehr gut vorbereitet. Vielleicht zu gut. Denn tatsächlich scheint es in der ersten Sendungshälfte stellenweise so, als arbeite Miosga ihren akribisch vorbereiteten Fragenkatalog ab. Sie hakt an wenigen Stellen nach, für Merz dürfte das recht angenehm sein.

Etwas unbequemer wird es für den CDU-Chef erst im zweiten Teil der Sendung. Nach einer kurzen Reportage erweitert Miosga die Runde um Hähnig und Nassehi. Als es um die Frage nach einer Zusammenarbeit mit der AfD und Brandmauern der CDU geht, redet sich Merz zum ersten Mal in Rage. Miosga hingegen lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Sie bleibt freundlich und unaufgeregt, was ihre große Stärke ist. Sie ist kontrolliert, nicht so hibbelig wie zum Beispiel ihr Talk-Kollege Markus Lanz

Der ruhige Grundton der Sendung mag überraschend sein. Viele Talkshows leben weniger vom konzentrierten Gespräch und vielmehr vom Krawall, der sich im Idealfall schon nach einigen Minuten entfaltet. Die konzentrierte Atmosphäre bei Miosga dürfte insofern auch ein Risiko darstellen: Auf dem Sonntagabend-Sendeplatz, mit dem erfolgreichen „Tatort“ im Vorprogramm, sind die Quotenerwartungen der ARD besonders hoch.

Kurz vor Ende der Sendung wird es für den CDU-Chef noch einmal schwierig. Miosga konfrontiert Merz mit einem Zusammenschnitt einiger Äußerungen, die in den vergangenen Monaten für Diskussionen sorgten (Stichwort Zahnärzte, Stichwort Gillamoos). Miosga unterstellt Merz indirekt, dass er sich bei Tätigen dieser Aussagen nicht unter kontrolle habe. „Wenn Sie spüren, dass sich bei Ihnen ein solcher Affekt einstellt: Was tun Sie dann?“, fragt sie. Nun kann man Miosga nicht mehr vorwerfen, zu zahm mit ihrem Gast umzugehen.

Ein klarer Vorteil an Miosgas Sendung sind die zwei Experten in der Runde. Immer, wenn Merz keine klare Antwort geben möchte, kann Miosga direkt auf einen der beiden anderen Gäste umschwenken, die sogleich mit einer Analyse dienen können. Positiv fällt auf, dass alle Anwesenden ihre Gedanken zu Ende bringen können. Miosga unterbricht kaum und wenn sie ihren Gästen ins Wort fällt, macht sie das dezent.

Die neue Talkshow von Caren Miosga lebt von einer intensiv-konzentrierten Atmosphäre. Am ehesten erinnert sie an die Sendung von Sandra Maischberger, bei der das unaufgeregte Einzelgespräch schon länger Bestandteil ist. Das ist gerade in Zeiten hervorhebenswert, in denen eine gute Diskussionskultur nicht mehr selbstverständlich ist. Für eine Premiere geht die erste Folge zudem ausgesprochen routiniert und professionell über die Bühne. Bleibt am Ende nur die Frage, ob Merz nach diesem Auftakt noch einmal zu Caren Miosga kommen wird.

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