Regierungsrat stellt die Weichen für S-Bahn-Nachtzüge
Seit Nachtschwärmer im Moonliner keinen Nachtzuschlag mehr bezahlen, haben sich die Passagierzahlen verdoppelt. Nun könnten Nachtzüge folgen.
In Zukunft könnten stark frequentierte Moonliner-Linien durch S-Bahn-Nachtlinien ersetzt werden.
Wer es an Wochenenden auf den letzten Zug ab Bern schaffen will, muss die Party schon um 1 Uhr verlassen. Zwar verkehren auch danach noch die Moonliner-Nachtbusse, doch diese sind auf derselben Strecke doppelt so lange unterwegs.
Im Vergleich zum nächtlichen Angebot des öffentlichen Verkehrs in Zürich oder Genf ist Bern im Hintertreffen. Während der letzte Zug Bern um 1.12 Uhr in Richtung Biel verlässt, verkehren beispielsweise die Züge an Wochenenden zwischen Zürich und Winterthur im Halbstundentakt.
Ein Vorbild an Zürich hat sich auch David Stampfli (SP) genommen. In einem Postulat forderte der Grossrat den Regierungsrat auf, zu prüfen, wo Nacht-S-Bahn-Linien sinnvoll sein könnten.
In seiner Antwort anerkennt der Regierungsrat, dass das gesellschaftliche Leben an den Wochenenden nicht schon um Mitternacht endet. «Das Bedürfnis nach öffentlichen Verkehrsangeboten für einen sicheren Weg nach Hause geht über diese Zeitschwelle hinaus», schreibt die Kantonsregierung.
Bis zum nächsten Angebotsbeschluss für die Jahre 2027 bis 2030 will der Regierungsrat prüfen, wo die Einführung von Nacht-S-Bahnen auf den Hauptkorridoren zweckmässig sein könnten. Zur Diskussion stehen die Linien zwischen Bern, Biel, Thun, Burgdorf, Langenthal sowie Freiburg und Solothurn.
Stampfli setzt sich dafür ein, den Verkehr von der Strasse auf die Schiene zu verlagern. Handlungsbedarf sieht er beim Pendelverkehr ebenso wie bei der Mobilität von Nachteulen. «Viele, die in den Ausgang gehen, genehmigen sich das eine oder andere Gläschen», sagt Stampfli. Ein ausgebautes ÖV-Netz könne Menschen davon abhalten, sich angetrunken hinter das Steuer zu setzen.
Passagierzahlen weiterhin steigend
Die Moonliner-Busse der Nachtliniengesellschaft verkehren seit 1997. Ihr angeschlossen sind zehn Verkehrsbetriebe, darunter Bernmobil, RBS, STI und die Verkehrsbetriebe Biel. «In den letzten Jahren ist die Anzahl Passagiere stark gestiegen», sagt Seraina Ziörjen, die im Frühjahr 2022 die Geschäftsleitung von Moonliner übernommen hat.
Als Grund nennt sie einerseits den Ausbau des Angebots. So wurde auf den meisten Linien ab Bern der Stundentakt und auf einzelnen Linien sogar der Halbstundentakt eingeführt. Andererseits fiel im Dezember 2021 der Nachtzuschlag von 5 Franken weg. Die Tickets kosten seither gleich viel wie die entsprechende Zugverbindung tagsüber.
Da während der Pandemie die Moonliner-Busse an den Wochenenden zeitweise mehrere Monate in der Garage blieben, ist zum Vergleich das Referenzjahr 2019 sinnvoll. Damals nutzten 227’000 Fahrgäste die Moonliner-Busse. Im Jahr 2022 waren es nun schon 425’000. Die Nachtliniengesellschaft verfügt noch nicht über die Passagierzahlen für das Jahr 2023, laut Seraina Ziörjen sind diese im Vergleich zum Vorjahr erneut gestiegen.
Auch in Zürich, wo ebenfalls das Angebot ausgebaut und der Nachtzuschlag aufgehoben wurde, nahmen die nächtlichen Passagierzahlen während der Wochenenden stark zu.
Im Jahr 2023 sind gemäss Zahlen der Zürcher Verkehrsbetriebe (ZVV) pro Nacht im Durchschnitt 27’000 Fahrgäste unterwegs gewesen, was einem Plus von 20 Prozent gegenüber vor der Pandemie entspricht. Über das ganze Jahr transportierten die ZVV rund drei Millionen nächtliche Passagiere.
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