Vom Lehrer zum Erfolgstrainer: Für Ward das Wichtigste: «Die menschliche Dynamik»

Geoff Ward (62) besitzt die Begabung, aus einer Gruppe von Spielern ein Team zu formen. Das hat der Coach auch in Lausanne geschafft. «Weil er authentisch ist», beschreiben Weggefährten den Kanadier, dessen Trainer-Karriere in einem Dorf aus purem Zufall begonnen hat.

vom lehrer zum erfolgstrainer: für ward das wichtigste: «die menschliche dynamik»

Für Ward das Wichtigste: «Die menschliche Dynamik»

Wer ist dieser Geoff Ward, der Lausannes Mannschaft auf Vordermann gebracht und in den Playoff-Final geführt hat? Manche erinnert der Kanadier an einen Rockstar, vielleicht der längeren Haare wegen. Oder weil eine dicke Silberkette um seinen Hals baumelt. Damit konfrontiert, lacht Ward schallend. Und liefert amüsiert die Erklärung: «Als wir im November neun von zehn Spielen gewonnen haben und es immer besser lief für uns, entschied ich, die Haare nicht mehr zu schneiden.» Im Final angelangt, haben sie nun eine Länge erreicht, die seiner Frau nicht mehr wirklich gefalle, verrät er. Die Kette ziert einen Anhänger, den er 2011 als Assistenztrainer der Boston Bruins für den Stanley-Cup-Sieg bekommen hat.

Wards offene Art im Gespräch passt so gar nicht zum Bild, das man von ihm haben könnte. An der Bande verzieht er kaum je eine Miene, wirkt distanziert. Nach den Spielen sind seine Antworten kurz angebunden. Das hat einen guten Grund – den man erst versteht, wenn man Ward versteht. Seine Persönlichkeit, die eine tiefgründige ist. Mit der Begabung, Menschen oder eben Spieler für sich, seine Ideen, Überzeugungen und den Prozess, den ein Team durchlaufen soll, zu gewinnen. Dank Vertrauen und Respekt.

Ward hinterlässt Eindruck, weil er ist, wie er ist. Auch bei vielen einstigen Weggefährten. «Er ist ein grossartiger Kommunikator. Ein Gentleman, der die Gabe dafür hat, jedem Spieler die Wichtigkeit seiner Rolle zu vermitteln», sagt Glen Metropolit (49, Ka). Als der HCD-Assistenzcoach 2007/08 in der NHL bei Boston spielt, ist Ward der Assistent. Sieben Jahre später bekommt Metropolit von ihm einen Anruf, just als seine Karriere stagniert und er Rücktrittsgedanken hat. «Geoff lotste mich nach Mannheim. Er hat unser Team so zusammengeschweisst, wie ich das kaum je erlebt habe.» Sie feiern den DEL-Titel.

Eine märchenhafte Karriere

Es ist Wards erster Triumph als Headcoach. Und ein nächster Meilenstein seiner Karriere, die ein Märchen ist. Warum? Es ist keine klassische Laufbahn, denn sie beginnt 1988 mit einem Zufall im Dorf namens New Liskeard in der kanadischen Provinz Ontario. Ward ist 26 Jahre jung und begeisterter Lehrer an der örtlichen Highschool, er unterrichtet Sport und Naturwissenschaften. «Ich merkte früh, dass die Kids im Klassenzimmer nicht wirklich motiviert sind, sich das auf einem Spielfeld oder in der Sporthalle sofort ändert.» Als das Hockey-Team der Schule ohne Trainer dasteht, bittet man Ward um Hilfe.

Er springt ein. Wie bei jedem Kanadier ist Hockey auch Teil der Jugend von Ward, der aus Waterloo, Ontario, stammt. «Ich habe mit meinen Brüdern und unserem Vater draussen gespielt.» Und später einige Jahre an der Laurentian University in Sudbury, als er dort studiert. «Die Leidenschaft fürs Hockey war immer da. Aber ich war zu schlecht, um Profi-Spieler zu werden.» Deshalb gibt der Vollzeit-Lehrer seine Passion den Hockey-Kids der Schule weiter. «Da verliebte ich mich ins Coaching.»

Nach zehn weiteren Jahren im kanadischen Junioren-Hockey, in denen er immer mal wieder als Aushilfslehrer arbeitet, sowie einem missglückten Ausflug in die East Coast Hockey League (Arkansas) wagt Ward 2000 den Schritt zum Profi-Coach – beim EC Bad Nauheim in der zweithöchsten deutschen Liga. Den Kontakt stellt einer seiner Ex-Nachwuchsspieler her, der dort spielt. Doch von Bad Nauheim wird er als Trainer entlassen, kurz bevor der Klub bankrott geht.

Die Philosophie des Lehrers

Dank seiner guten Beziehung zu NHL-Trainer-Legende Claude Julien (63, Montréal, Boston) landet Ward als dessen Assistent in der AHL bei den Hamilton Bulldogs – und ersetzt ihn ein Jahr später als Headcoach. Julien sowie Don McKee (81), dessen Coaching-Programme er über Jahre absolviert hat, seien die Menschen mit dem grössten Einfluss auf seine Trainer-Karriere gewesen. Doch essenziell für Wards Wirken ist sein Lehrer-Herz. Was ihn am Lehrersein fasziniert hat? «Mit jungen Menschen zu arbeiten, sie etwas übers Leben zu lehren. Dann zu sehen, wie sie ihr Potenzial erkennen und ausschöpfen.» Das lasse sich auch auf Hockeyspieler adaptieren. «Mein ganzes Coaching basiert auf der Lehrer-Philosophie. Helfen, ein Ziel zu erreichen. Helfen, ein besserer Schüler oder dann eben Spieler zu werden.»

Taktik oder Spielsystem? Natürlich auch wichtig, zumal dem vierfachen Familienvater schon in seiner Zeit bei Calgary (2018 bis 2021) ein ausgezeichnetes Gespür dafür attestiert wird, mitten im Spiel das System perfekt dem Geschehen oder Gegner anpassen und Korrekturen anbringen zu können. Doch für Ward zählt: «Der Mensch.» Bei den Flames ist die Verblüffung gross, als der Kanadier 2020 bei seiner Beförderung vom Assistenten zum Headcoach mit jedem Spieler Einzelgespräche ansetzt. In der NHL hält sich vielerorts noch die Meinung, der Trainer rede kaum ausführlich mit den Spielern über überhaupt etwas.

Nicht so Ward. «Er ist einfach ein guter Mensch», sagt Andrew Ference (45) im «The Athletic». Er spielt sechs Saisons in Boston unter Ward. «Geoff hatte immer eine Verbindung zu uns Spielern. Wenn dir ein Trainer sagt, was du zu tun hast, ist das wichtig, damit du für ihn durch die Wand gehst, oder? Diese tiefe Beziehung trägt dazu bei, als Spieler für ihn über die Grenzen hinauszugehen.»

«Respekt und Vertrauen verdienen»

Auch bei seinem Amtsantritt in Lausanne im November 2022 setzt sich der Trainer mit jedem Spieler zusammen, redet über Privates. «Eine gute Beziehung und Kommunikation ist die Basis von allem», so Ward. «Ich muss mir ihren Respekt und ihr Vertrauen verdienen. Dadurch, wie ich sie behandle, weil mir etwas an ihnen liegt», beschreibt es Ward. Er nennt es einen Prozess, der alle näher zusammenbringt. «Eine Gruppe mit dem gleichen Ziel bleibt eine Gruppe. Ein richtiges Team wird daraus, wenn es sich bedingungslos einem Ziel verschreibt und es zusammen verfolgt. Das macht ein Team grossartig. Die menschliche Dynamik.»

Ward ist nicht darauf aus, sich die Erfolge auf die eigene Fahne zu schreiben. Er sieht sich als helfender Begleiter der Spieler, der deren Qualitäten hervorbringen möchte. «Es ist das Team der Spieler, nicht das von Geoff Ward.» Mit einem Wort charakterisieren ihn sowohl Ference als auch Ex-NHL-Star Milan Lucic (35, Ka, Calgary, Edmonton, Boston) oder Jeff Tomlinson (53, Ka): «Authentisch.» Klotens Berater ist neben Ward Assistent der deutschen Nationalmannschaft an der WM 2015. «Geoff sagt immer seine ehrliche Meinung und spielt niemandem etwas vor», so Tomlinson, «er findet dabei den perfekten Mix zwischen Ernst und Humor.» Selbst vor DEB-Boss Franz Reindl habe er nicht mit Lachen aufgehört, als dieser vor dem grossen WM-Spiel gegen Kanada die nervöse Garderobe betritt.

Tritt ein Trainer vors Team und schauspielert, ist nicht sich selbst und lernt seine Reden auswendig, wird das von den Spielern schnell entlarvt – und nie goutiert. Womit wir endlich beim Grund wären, wieso Ward nach dem Match wortkarg auf Journalisten-Fragen antwortet: «Es gibt nur diesen einen perfekten Moment nach dem Spiel, um dem Team meine ehrlichen Gedanken und Gefühle zur Leistung zu sagen und meine Message rüberzubringen.» Das ist ihm wichtiger als die Analyse für die Medien. Deshalb möchte Ward immer zuerst mit den Spielern sprechen. Weil sie diesen Moment verdienen.

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