Showdown im US-Kongress um Ukraine-Hilfen: Mike Johnson geht aufs Ganze

Sein größter Gegner ist die eigene Partei: Der Republikaner Mike Johnson will die Ukraine retten – und über neue Hilfsgelder abstimmen lassen. Kann der Plan des Sprechers des Repräsentantenhauses aufgehen?

showdown im us-kongress um ukraine-hilfen: mike johnson geht aufs ganze

Donald Trump is watching: Noch stützt der Ex-Präsident den republikanischen Sprecher des Repräsentantenhauses, Mike Johnson.

Mike Johnson klingt auf einmal wie ein Staatsmann: „Dies ist ein Chamberlain- oder ein Churchill-Moment.“ So warb der republikanische Sprecher des US-Repräsentantenhauses am Mittwoch in einem Brief an seine Fraktion, als er um Rückhalt bei der für diesen Samstag geplanten Verabschiedung der Ukraine-Hilfen bat. Die militärische Unterstützung des von Russland angegriffenen Landes sei von entscheidender Bedeutung.

Johnson, erst seit knapp einem halben Jahr im Amt, hat sich nach langem Zögern entschlossen, bei diesem Thema aufs Ganze zu gehen. Aufs Ganze auch deshalb, weil er mit diesem Schritt seine eigene politische Zukunft riskiert. Hardliner seiner Partei wollen weitere Hilfen für die Ukraine blockieren oder zumindest sicherstellen, dass Johnson sein Versprechen einhält, keine zusätzlichen Hilfen für die Ukraine ohne mehr Sicherheit an den US-Grenzen zuzulassen.

Im Senat haben die Demokraten eine knappe Mehrheit

Am Mittwoch veröffentlichte der Sprecher den Gesetzentwurf zu einem Nothilfepaket für die Ukraine, Israel und Taiwan sowie einen separaten Gesetzentwurf zur Grenzsicherheit. Johnson stellte drei Gesetzentwürfe vor, die Milliarden an Unterstützung für die Ukraine, Israel und Taiwan vorsehen. Ein vierter Gesetzentwurf würde eingefrorene russische Vermögenswerte für die Ukraine umwidmen, einen Verkauf der Social-Media-App TikTok erzwingen und Sanktionen gegen Russland, China und den Iran ermöglichen.

Die vier Entwürfe sollen dann wieder gebündelt werden, bevor sie an den Senat gehen, wo die Demokraten eine knappe Mehrheit haben. Das Gesetz über die Grenzsicherheit würde dagegen separat behandelt – die Demokraten im Senat könnten dieses dann in der Schublade verschwinden lassen.

Der Entwurf ähnelt der bereits vom Senat verabschiedeten Version, in der 60,8 Milliarden Dollar (vor allem Militärhilfen) für die Ukraine und fast 26,4 Milliarden Dollar für Militärhilfe an Israel und humanitäre Hilfe für den Gazastreifen vorgesehen sind – zudem fließt ein Großteil der Gelder in die Aufstockung der US-Waffenbestände. Es gibt jedoch einen entscheidenden Unterschied: Die Wirtschaftshilfe für die Ukraine in Höhe von rund 9,5 Milliarden Dollar würde als Darlehen gewährt.

US-Präsident Joe Biden signalisierte, das Paket nachdrücklich zu unterstützen. Anschließend half seine Partei Johnson in der Nacht zu Freitag dabei, das Gesetz durch den zuständigen Ausschuss zu bringen. Auch am Samstag ist Johnson auf die Hilfe der Demokraten angewiesen.

Notwendig ist diese ungewöhnliche parteiübergreifende Zusammenarbeit geworden, weil die Hardliner in der republikanischen Fraktion sich querstellen. Die rechte Abgeordnete Marjorie Taylor Greene droht Johnson mit einem Abwahlantrag. Der Sprecher habe die Partei „ins Chaos gestürzt, indem er sich den Demokraten angedient und Bidens Agenda übernommen“ habe, sagte Greene, die sich gerne als Vertraute von Ex-Präsident Donald Trump inszeniert.

Trumps Rolle in diesem innerparteilichen Bürgerkrieg ist auf den ersten Blick verwirrend. Einerseits erklärte er gerade erst wieder, Europa müsse deutlich mehr tun als bisher, und wenn er Präsident wäre, hätte dieser Krieg nie begonnen. Andererseits empfing er Johnson kürzlich in seinem Wohnsitz Mar-a-Lago in Florida und signalisierte damit, dass der Sprecher nicht frei zum Abschuss sei – zumindest noch nicht.

Die Mehrheit der Republikaner im Repräsentantenhaus beträgt gerade mal zwei Stimmen. Sollten zwei weitere Republikaner einem eventuellen Abwahlantrag zustimmen und Johnson keine Demokraten zur Seite springen, steht die Kammer schon wieder führungslos da.

Außenpolitik-Experten loben nun Johnsons Vorgehen, nachdem seine zögerliche Haltung auf Unverständnis stieß. So sagt Peter Rough, Direktor des „Zentrums für Europa und Eurasien“ am konservativen Hudson Institute in Washington: „Ich bin überzeugt, dass die Hilfsgesetze verabschiedet werden, aber ich kann nicht sagen, welche politischen Auswirkungen dies für Johnson haben wird.“ Rough weiter: „Bei aller Kritik, die er in den letzten Monaten geerntet hat, setzt Johnson sein Amt als Parlamentspräsident aufs Spiel, um die Ukraine zu unterstützen. Ich denke, dafür verdient er Lob.“

Dieser Schritt sei überfällig, sagt Bradley Bowman, Leitender Direktor des „Center on Military and Political Power“ bei der „Foundation for Defense of Democracies“. „Das Repräsentantenhaus hätte schon vor Monaten zusätzliche Sicherheitshilfen für die Ukraine, Israel und Taiwan beschließen müssen.“ Die Verzögerung sei für die Ukrainer besonders kostspielig, sagt Bowman.

„Da die Ukrainer ihre Munition rationieren, die Russen ihre Offensive forcieren und die Spannungen im Nahen Osten von Minute zu Minute eskalieren, kann eine Verabschiedung dieses Gesetzes nicht früh genug kommen.“

Bowman ist sich sicher: „Ich glaube nicht, dass die Geschichte freundlich auf die Mitglieder des Kongresses blicken wird, die die Isolation der amerikanischen Führung vorziehen. Die US-Hilfe für die Ukraine, Taiwan und Israel ist keine Wohltätigkeit – sie ist eine kluge Investition für die Amerikaner.“

News Related

OTHER NEWS

Ukraine-Update am Morgen - Verhandlungen mit Moskau wären „Kapitulationsmonolog" für Kiew

US-Präsident Joe Biden empfängt Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus. Evan Vucci/AP/dpa Die US-Regierung hält Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland zum jetzigen Zeitpunkt für „sinnlos”. Bei einem Unwetter in Odessa ... Read more »

Deutschland im Wettbewerb: Subventionen schaden dem Standort

Bundeskanzler Olaf Scholz am 15. November 2023 im Bundestag Als Amerikas Präsident Donald Trump im Jahr 2017 mit Handelsschranken und Subventionen den Wirtschaftskrieg gegen China begann, schrien die Europäer auf ... Read more »

«Godfather of British Blues»: John Mayall wird 90

John Mayall hat Musikgeschichte geschrieben. Man nennt ihn den «Godfather of British Blues». Seit den 1960er Jahren hat John Mayall den Blues geprägt wie nur wenige andere britische Musiker. In ... Read more »

Bund und Bahn: Einigung auf günstigeres Deutschlandticket für Studenten

Mit dem vergünstigten Deutschlandticket will Bundesverkehrsminister Wissing eine junge Kundengruppe dauerhaft an den ÖPNV binden. Bei der Fahrkarte für den Nah- und Regionalverkehr vereinbaren Bund und Länder eine Lösung für ... Read more »

Die Ukraine soll der Nato beitreten - nach dem Krieg

Die Ukraine soll nach dem Krieg Nato-Mitglied werden. Die Ukraine wird – Reformen vorausgesetzt – nach dem Krieg Mitglied der Nato werden. Das hat der Generalsekretär des Militärbündnisses, Jens Stoltenberg, ... Read more »

Präsidentin droht Anklage wegen Tod von Demonstranten

Lima. In Peru wurde eine staatsrechtlichen Beschwerde gegen Präsidentin Dina Boluarte eingeleitet. Sie wird für den Tod von mehreren regierungskritischen Demonstranten verantwortlich gemacht. Was der Politikerin jetzt droht. Perus Präsidentin ... Read more »

Novartis will nach Sandoz-Abspaltung stärker wachsen

ARCHIV: Das Logo des Schweizer Arzneimittelherstellers Novartis im Werk des Unternehmens in der Nordschweizer Stadt Stein, Schweiz, 23. Oktober 2017. REUTERS/Arnd Wiegmann Zürich (Reuters) – Der Schweizer Pharmakonzern Novartis will ... Read more »
Top List in the World