Polizei fasst drei Ausbrecher: Ein Straftäter noch auf der Flucht
Vier Personen flüchteten am Mittwoch aus dem Massnahmenzentrum in Uitikon ZH. Drei der vier flüchtigen Straftäter konnten bereits wieder gefasst werden, teilt das Amt für Justizvollzug und Wiedereingliederung mit.
Mehrere Personen blicken im Erdgeschoss aus dem Fenster, während über ihnen laut Glas klirrt. Über Minuten hinweg wird mit einem Gegenstand auf das Sicherheitsglas im ersten Stock des Massnahmenzentrums Uitikon (MZU) geschlagen. Wie ein Video zeigt, steigt anschliessend eine Person aus dem Fenster und ruft «Allahu Akbar». Ihm folgen drei weitere junge Männer, die über das Hausdach ins Freie stürmen.
Für die Mehrheit währte die Freiheit nur kurz: Wie Oliver Baumann von der Medienstelle Justizvollzug und Wiedereingliederung auf Anfrage bestätigt, wurden bis Donnerstagnachmittag bereits drei Jugendliche wieder gefasst. Die Fahndung nach einer weiteren Person laufe weiter.
Den Vorfall nehme man ernst, sagt Baumann: «Wir werden ihn genau analysieren. Das beinhaltet auch die Erörterung allfälliger Massnahmen, die wir ergreifen können, um solche Vorfälle in Zukunft zu verhindern.»
«Nicht überrascht» vom Ausbruch
Das Video des Ausbruchs wurde von einem Insassen der Austritts-Wohngruppe, einer Wohngruppe, in der sich die jungen Erwachsenen auf das Leben nach der Haft vorbereiten, aufgenommen. «Ich habe laute Geräusche gehört und dachte, da ist etwas im Garten los. Dann habe ich gesehen, wie in der geschlossenen Anstalt Scheiben eingeschlagen werden», erzählt der Mann, der anonym bleiben möchte.
Er habe keinen engeren Kontakt zu den Insassen in der geschlossenen Abteilung, man grüsse sich aber jeweils, wenn man sich begegnet. Überrascht von den Ereignissen sei er nicht. Wie der junge Erwachsene erzählt, sei die Stimmung in der Anstalt sehr angespannt. Er spricht von einem «Regime» und «Missständen, die man nie erwarten würde». Er erläutert: «Hier hat es Jugendliche, die sich ein bis zwei Monate nur in ihrem Zimmer aufhalten dürfen. Sie haben dort keine Unterhaltung und man macht nichts mit ihnen. Dann ist es auch logisch, dass solche Sachen passieren.»
Verunsicherte Anwohner
Im Massnahmenzentrum Uitikon kam es bereits letztes Jahr zu zwei Ausbrüchen von Inhaftierten: Am 2. Juli wurden zwei Jugendliche, die aus einem zerbrochenen Fenster entwichen, nach wenigen Stunden in Basel aufgegriffen. Nur drei Wochen später flüchteten zwei jugendliche Straftäter in der Nacht auf den 24. Juli ebenfalls aus dem MZU.
Einigen Anwohnerinnen und Anwohnern ist es aufgrund der Ausbrüche unwohl. Eine 65-Jährige, die in unmittelbarer Nähe des MZU regelmässig die Busstation benutzt, sagt: «Die Jugendlichen pöbeln mich manchmal an und machen extrem rassistische Bemerkungen. Dann fühle ich mich schon sehr unsicher.» Zu den Ausbrüchen meint sie, die Jugendlichen wüssten genau, worauf sie achten müssen, um rauszukommen. «Bessere Sicherheitsmassnahmen wie hohe Zäune würden mich besser schlafen lassen.»
Auch Anna (55) machte sich nach dem Ausbruch Gedanken: «Eigentlich haben wir keine Probleme mit dem MZU. Aber wenn es wieder zu einem Ausbruch kommt, machen wir uns schon Sorgen.» So habe sie gestern extra die Vespa in die Garage geholt, aus Angst, dass die Jugendlichen versuchen würden, damit abzuhauen. Der direkte Nachbar des Massnahmenzentrums hingegen berichtet von einem ruhigen Zusammenleben. «In den 12 Jahren, die ich schon hier wohne, habe ich noch keine schlechten Erfahrungen gemacht.»