Parteien werfen sich gegenseitig Versagen vor

Berlin. Der Bundestag hat nach monatelangem Ringen die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Einführung einer Bezahlkarte für Geflüchtete geschaffen. In der Parlamentsdebatte warfen sich die Parteien gegenseitig Unfähigkeit und Unwillen vor.

parteien werfen sich gegenseitig versagen vor

Nancy Faeser (SPD), Bundesministerin des Innern und für Heimat spricht während der 164. Sitzung des Bundestages. zum Bezahlkartengesetz.

Zum Ende hin wurde es dann doch noch richtig munter im Plenarsaal des Deutschen Bundestags. CDU-Poltiker Kai Whittaker hatte als letzter Redner der Debatte um die Einführung einer Bezahlkarte für Geflüchtete der Ampel-Koalition gerade vorgeworfen, sie weigere sich, die Probleme im Land anzuerkennen, und gesagt: „Diese Bezahlkarte wird zur Blamage-Karte der Ampel-Koalition.“ Es folgten Zwischenrufe, -fragen und -bemerkungen aus den Reihen von SPD, Grünen und FDP, sodass Whittakers Rede eher zu einem Schlagabtausch wurde.

Zuvor war es in der Debatte halbwegs ruhig zugegangen, was in den Monaten zuvor nicht immer der Fall war. Das lag möglicherweise auch daran, dass die Einführung einer Bezahlkarte – abgesehen von der Linken-Gruppe – von keiner Fraktion prinzipiell abgelehnt wurde. Auch nicht die „Anpassung von Datenübermittlungsvorschriften im Ausländer- und Sozialrecht“, die an diesem Freitag vom Bundestag gleichzeitig verabschiedet wurde. Damit soll effizientere Arbeit in der Verwaltung ermöglicht und Sozialleistungsbetrug verhindert werden.

Das dominierende Thema war aber die Bezahlkarte, mit der beispielsweise Überweisungen von Sozialleistungen ins Ausland unmöglich gemacht werden sollen. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) betonte in ihrer Rede die Erfolge der Ampel in der Migrationspolitik. „Wir ordnen die Migrationspolitik erstmals vollumfänglich“, sagte Faeser und fügte nach Zwischenrufen des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz hinzu: „Das haben Sie nicht gemacht, Herr Merz“, womit sie auf vorherige CDU-angeführte Koalitionen verwies.

Die AfD-Fraktion, die schließlich mit der Koalition für das Gesetz stimmte, kritisierte, dass die Bezahlkarte schon viel früher hätte eingeführt werden müssen. Die CDU schien es dagegen besonders auf die Grünen abgesehen zu haben. „In der Migrations- und Ausländerpolitik bleiben die Grünen ein Geisterfahrer“, sagte etwa CSU-Politiker Stephan Stracke. Er warf der Partei eine „beispiellose Verzögerungstaktik“ bei der Einführung der Karte vor. „Weil Sie die Bezahlkarte nicht wollen.“ Maximilian Mörseburg (CDU) ging die Ampel insgesamt an. Die Regierungsparteien lägen in der Migrationspolitik inhaltlich so weit auseinander, dass sie zu einem effizienten Handeln gar nicht in der Lage wären.

Grünen-Politiker Andreas Audretsch dagegen sagte, dass die Regelungen für die Bezahlkarte gar nicht nötig gewesen wären, weil sie schon zuvor hätte eingeführt werden können. Er verwies auf Hannover, in dem ein Grünen-Oberbürgermeister die Bezahlkarte bereits eingeführt hat. „Damit ist er vorangegangen, bevor Sie überhaupt einen Gedanken daran verschwendet haben, wie das funktionieren könnte“, sagte er in Richtung der CDU/CSU-Fraktion.

Die Gruppe der Linken sprach sich in Person von Clara Bünger komplett gegen eine Bezahlkarte aus. Wissenschaftler hätten festgestellt, dass in bar ausgezahlte Leistungen kein Grund für fliehende Menschen wären, nach Deutschland zu kommen. „Krieg ist der Grund, warum Menschen fliehen, nicht die mickrigen Sozialleistungen.“ Die Koalition lasse sich aus Furcht vor der AfD treiben, statt Rückgrat zu beweisen.

Das mit Stimmen der Koalition, der AfD und des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) beschlossene Gesetz bietet einen rechtlichen Rahmen für die Einführung einer Bezahlkarte. Bundesländer und Kommunen können nun selbst entscheiden, ob und in welcher Form sie diese einführen.

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