Palästina-Kongress in Berlin: Yanis Varoufakis verklagt Deutschland
ARCHIV – Früherer Finanzminister Griechenlands Yanis Varoufakis verklagt die deutschen Behörden.
Yanis Varoufakis, Griechenlands ehemaliger Finanzminister unter der Syriza-Regierung, gab am heutigen Donnerstag bekannt, dass er Deutschland verklagt. In einer Pressemitteilung erklärt seine Bewegung Mera25, wie Varoufakis zu dieser Entscheidung kam, nachdem im vergangenen April, im Zusammenhang mit dem verbotenen Palästina-Kongress in Berlin, ein Einreiseverbot gegen ihn verhängt worden war.
Das Einreiseverbot sei nur der Anfang gewesen. „Es folgten ungeheuerliche Verstöße gegen jeden Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit“, heißt es in der Pressemitteilung. „Nachdem die deutschen Behörden dem Anwalt von Varoufakis versprochen hatten, drei berechtigte Fragen (Welche Behörde hat das Verbot erlassen? Wann? Mit welcher Begründung?) schriftlich zu beantworten, teilten sie schließlich mit, dass sie nicht antworten würden, da es um die ‚nationale Sicherheit‘ gehe und weil jede schriftliche Antwort die ‚ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben der Bundespolizei und anderer mit dem Fall befasster Sicherheitsdienste‘ beeinträchtigen würde.“
Die Polizei hatte den „Palästina-Kongress“ am 12. April rund zwei Stunden nach Beginn aufgelöst. Als Grund nannte die Versammlungsbehörde eine per Video übertragene Rede eines Mannes, für den in Deutschland wegen Antisemitismus und Hasstiraden gegen Israel ein politisches Betätigungsverbot gilt. Als der Mann sprach, schritt die Polizei mit etlichen Beamten ein, kappte die Übertragung und schaltete den Strom zeitweise ab. Die Veranstalter kritisierten den Abbruch scharf. In diesem Zusammenhang hatten die deutschen Behörden laut einem Bericht des „Handelsblatts“ ein Einreiseverbot verhängt. „Um antisemitische und israelfeindliche Propaganda bei der Veranstaltung zu verhindern, sind mehrere Einreiseverbote verhängt worden, darunter auch eines gegen Varoufakis“, zitierte damals die Zeitung aus Sicherheitskreisen.
Einen Tag später gab Varoufakis bekannt, dass gegen ihn ein Einreise- und Betätigungsverbot verhängt worden war. Ob das stimmte, war zunächst unklar: Varoufakis hatte im Online-Netzwerk X geschrieben, das deutsche Innenministerium habe ein „Betätigungsverbot“ gegen ihn erlassen, also „nicht nur ein Einreiseverbot nach Deutschland, sondern auch ein Verbot der Teilnahme über Zoom“. Laut Sicherheitskreisen handelte es sich jedoch „lediglich“ um ein Einreiseverbot.
Im Gespräch mit der Berliner Zeitung im April, betonte Varoufakis, dass das Verbot zwei Tage vor Beginn der Konferenz und seiner geplanten Videorede ausgesprochen wurde. Er sprach von „Irrationalität“ seitens der deutschen Behörden und kündigte schon an, er plane, die Entscheidung rechtlich anzufechten. Mit dem Verbot des Palästina-Kongresses sei „jede Grenze überschritten worden“.
„Angesichts dieses klaren Verstoßes gegen deutsches und europäisches Recht und nach Rücksprache mit MERA25 Deutschland und ihrem Anwaltsteam verklagt Varoufakis die deutschen Behörden wegen Verletzung seiner Grundrechte und Verleumdung und kündigt an, gegebenenfalls vor den europäischen Gerichten zu klagen“, heißt es weiter in der am Donnerstag veröffentlichten Pressemitteilung.
Darüber hinaus prangert Varoufakis’ Bewegung die Übernahme „autoritärer Praktiken von Viktor Orban und dem griechischen Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis“ durch liberale Demokratien. Deren Behörden fühlen sich nun ermächtigt, „nicht nur Grundfreiheiten zu verletzen, sondern auch das Recht der Bürger:innen zu ignorieren, zu erfahren, wer wann und mit welcher Begründung über ein Verbot entschieden hat – das alles in einer Europäischen Union, die eigentlich die politischen Rechte und die Freizügigkeit aller Einwohner:innen garantieren müsste“.