Nach dem Brand der Notre-Dame in Paris ging man in Bern über die Bücher. Jetzt ist die grösste Glocke der Schweiz besser geschützt.
Im Münsterturm sind die Glocken von Holz umgeben. Ihre elektrische Steuerung soll deshalb so sicher wie möglich sein.
Es ist der Abend des 15. April 2019, als in Paris der Dachstuhl der Notre-Dame in Brand gerät. Weltweit sitzt der Schock tief – und nicht nur in Frankreich machen sich Baumeister Gedanken darüber, ob ihre Kathedralen genügend geschützt sind. Auch in Bern geht man über die Bücher.
Denn auch wenn das Münster versichert ist: Sollte es einem Brand anheimfallen, ginge ein unschätzbarer Wert verloren.
Allein die sieben schwingenden Glocken gehören zu den bedeutendsten Europas, wie Glockenexperte Matthias Walter am Freitag vor den Medien betonte. Würden sie zerstört, könnte man ihren Klang nicht rekonstruieren.
Der Glockenstuhl ist wie der Dachstuhl des Münsters aus Eichenholz gebaut – aus demselben Holz, von dem in Paris über 1000 Balken brennend eingestürzt sind.
Am Freitag orientierten Fachleute und Vertreter des Berner Münsters über Brandschutzmassnahmen sowie über Reinigungsarbeiten im Mittelschiffgewölbe.
Um das Brandrisiko so gering wie möglich zu halten, liess die evangelisch-reformierte Gesamtkirchgemeinde Bern in den vergangenen Tagen alte Verkabelungen ersetzen und eine neue Glockensteuerung installieren. Nur schon die grosse Glocke – sie wiegt zehn Tonnen und ist die grösste der Schweiz – benötigt zwei Motoren, damit sie in Schwingung kommt.
Dass Motoren Risiken bergen, hat das Münster selbst erlebt. 2008 verursachte ein veralteter Motor einen Brand im Heizungskeller. Gemäss den Verantwortlichen wurde er zum Glück schnell entdeckt.
Nun läuten die Glocken wieder
Während der Sanierung in den letzten knapp zwei Wochen haben die Glocken geschwiegen. Nun erklingen sie wieder. In den nächsten Tagen feilen die Experten noch an der Intonation, die Glocken sind deshalb ab und zu einzeln, aber auch im Vollgeläute zu hören. «Danach wird das Geläute sicherer und schöner sein», sagte Münsterbaumeisterin Annette Loeffel am Freitag.
Noch bis 1944 wurden die Glocken mit Seilen von Hand geschwungen. Allerdings barg auch das Risiken, wie Glockenexperte Walter erzählte: An Silvester 1943 wurde ein Glöckner von einem Klöppel erschlagen.
Massnahmen für den Brandschutz
Nach dem Brand in Paris wurden ganze Kataloge erstellt, wie man Kathedralen besser vor Feuer schützen könnte. Bei der Notre-Dame kommt ein Kurzschluss als Ursache infrage.
In Bern wurden deshalb Elektroanlagen überprüft und bereits getroffene Schutzmassnahmen laufend ergänzt. Türen sind nun als Brandabschottung ausgerüstet, in den Türmen gibt es Zwischenböden, welche die Flammen stoppen sollen, und es sind weitere Brandmelder installiert.
Nicht alle möglichen Schutzmassnahmen sind für das Münster sinnvoll, wie Baumeisterin Loeffel an einem Beispiel zeigte: Für den Brandschutz wäre es sinnvoll, möglichst alle Löcher in den Wänden zu stopfen. «Doch wenn die Luft nicht mehr zirkulieren kann, riskiert man Schimmel.» Auch auf eine Sprinkleranlage wurde verzichtet, weil flächendeckendes Eindringen von Wasser nicht nur Kunstwerke beschädigen, sondern auch die Stabilität des Gebäudes gefährden könnte.
Brandschutzmassnahmen sind gerade auf Baustellen ein wichtiges Thema.
Europaweit tauschen sich die Baumeister zu diesen Massnahmen aus, gerade ist eine Delegation von Experten aus Frankreich in Bern, darunter Régis Martin, Präsident der Kathedralarchitekten Frankreichs. Er machte deutlich: Die Prävention ist das eine, die aktive Brandbekämpfung das andere. So sei es etwa entscheidend, dass ein Brandherd schnell erkannt werde. Es komme darauf an, wo und wie viel Löschwasser eingesetzt werden müsse und wie der Zugang für die Brandbekämpfung sei.
Denn natürlich gehe es in erster Linie darum, Menschenleben zu retten. In Paris gab es glücklicherweise keine schwer Verletzten. In zweiter Linie gehe es darum, Kulturgüter – die Kunstwerke im Gebäude, aber auch dieses selbst – zu retten.
Sigrist und Betriebsleiter Felix Gerber sowie Münsterbaumeisterin Annette Loeffel informieren über die Zusammenarbeit mit der Feuerwehr.
Die Zusammenarbeit mit der Feuerwehr sei zentral, bestätigte Felix Gerber, Betriebsleiter und Sigrist des Berner Münsters. Sein Beispiel war anschaulich: Sich in voller Montur bei Rauch und Flammen im Turm zurechtzufinden, ist eine Herausforderung. Immer wieder gibt es Schulungen, denn es soll kein Wissen verloren gehen, wenn es bei der Feuerwehr zu Personalwechseln kommt. «Über Fehlalarme bin ich gar nicht so unglücklich», sagte Münsterbaumeisterin Loeffel. Dann werde man jeweils an die nötigen Abläufe erinnert.
Ende Jahr sollen die Arbeiten beendet sein
In Paris ist der Dachstuhl inzwischen wieder aufgebaut, die Turmspitze mit dem Kreuz aufgesetzt. Zusätzlich zu den Aufbauarbeiten muss die Kirche von Russ und anderen Brandresten befreit werden.
An einem Muster wird deutlich, wie die Experten die Flächen rund um die Ornamente reinigen.
Auch in Bern tragen derzeit Fachleute Russ und Staub vom Gewölbe ab. Hier stammt er nicht von einem Brand, sondern hauptsächlich von der Heizung, die im 19. Jahrhundert mit Kohle betrieben wurde. Von einem temporären Zwischenboden im Hauptschiff aus reinigen die Experten in Handarbeit und mit kleinen Schwämmen das Gewölbe rund um die Ornamente. Und weil Baustellen immer auch selbst ein Brandrisiko bergen, sind Feuerlöscher und Löschdecken hier überall greifbar.
Die linke Seite wurde feucht und trocken gereinigt, der Teil rechts von der Mitte wurde nur trocken gereinigt, und der Teil rechts zeigt den Vorzustand des Gewölbes.
Alle – die Fachleute in der Notre-Dame in Paris und jene im Berner Münster – wollen noch dieses Jahr ihre Arbeiten abschliessen. Dann soll in Bern der Zwischenboden entfernt und die Kathedrale in Paris wieder zugänglich sein.
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