Marc Senn (42) verletzte vor 24 Jahren zwei Menschen leicht – und sitzt seither im Knast: «Wir müssen an die Sicherheit der Bevölkerung denken»

Marc Senn* sitzt seit 24 Jahren im Gefängnis. Für eine Tat, die das damalige Gericht mit zwei Jahren Haft bestraft hätte. Doch Senn wurde verwahrt. Am Donnerstag entscheiden neue Richter, ob er wieder in die Freiheit darf.

marc senn (42) verletzte vor 24 jahren zwei menschen leicht – und sitzt seither im knast: «wir müssen an die sicherheit der bevölkerung denken»

«Wir müssen an die Sicherheit der Bevölkerung denken»

Aus zwei Jahren werden plötzlich 24: Marc Senn* (42) verbrachte über die Hälfte seines Lebens hinter Gittern. Seit Jahren kämpft er für seine Freiheit. Bislang verzweifelt er aber an den Behörden. Am Donnerstag steht Senn erneut vor Gericht – und könnte frei kommen.

Doch von Anfang an: Senn ist 18 Jahre alt, als er in der gemeinsamen Wohnung in Köniz BE seine Mutter und deren Bekannten mit einem Fleischmesser und einer Fleischgabel angreift. Er ist betrunken und steht unter dem Einfluss diverser Drogen. Beide Opfer werden glücklicherweise nur leicht verletzt. Ein halbes Jahr später verurteilt ihn ein Berner Gericht unter anderem wegen versuchter schwerer Körperverletzung sowie mehrfacher Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz zu 24 Monaten Gefängnis.

Seit 24 Jahren in Gefängnis

Statt des Strafvollzugs ordnen die Richter eine stationäre Rauschgift-Therapie an. Doch eineinhalb Jahre später erhält Senn die verhängnisvolle Diagnose «emotional-instabile Persönlichkeitsstörung». Er kommt in die Verwahrung, wo er bis heute ist. Über sein Leben berichtet Senn ausführlich in einer Blick-Serie (Teil 1, Teil 2, Teil 3).

 

Die vergangenen fast 24 Jahre kurz zusammengefasst: Senn wechselt von einem Gefängnis ins nächste. 2013 stellt er das erste Gesuch auf eine bedingte Entlassung, also den Gang in die Freiheit unter Bewährungsauflagen. Es folgen Dutzende weitere Gesuche. Alle werden abgelehnt. Ebenso die Gesuche um Hafturlaub. Jedes Mal heisst es: zu gefährlich.

Warten auf kleine Verwahrung

2017 empfiehlt erstmals ein psychiatrisches Gutachten eine stationäre Massnahme für Senn. Der Unterschied zur Verwahrung: Die Täter gelten als therapierbar. Sie können also potenziell in absehbarer Zukunft entlassen werden. Das Gericht folgt der Empfehlung aber erst sechs Jahre später und ordnet sie im Sommer 2023 auf vier Jahre an.

 

Bis jetzt wurde die Massnahme nicht gestartet. Warum, ist nicht bekannt. Diese Frage will Senns Anwalt Julian Burkhalter am Donnerstag stellen. Dann entscheidet das Berner Obergericht über ein erneutes Gesuch auf bedingte Entlassung.

Prozess-Ausgang völlig offen

Laut Burkhalter könnte das Urteil in alle Richtungen gehen. «Das Obergericht kann die Massnahme belassen, verkürzen, verlängern, eine andere Massnahme anordnen oder aber meinen Mandanten bedingt entlassen.» Burkhalter hofft natürlich auf Letzteres. Denn für ihn ist klar: Senn «ist nicht gefährlicher als Sie und ich».

 

In der ersten Hälfte von Senns fast 24 Jahren Gefängnisaufenthalt gab es ab und zu gewalttätige Ausbrüche, für die er diszipliniert oder in Sicherheitsabteilungen verlegt wurde. 2001 etwa würgte er einen Mitinsassen. Senn sagt, er habe sich gegen sexuelle Avancen des verurteilten Sexualstraftäters gewehrt. Doch seit zehn Jahren kommt es gemäss Gerichtsunterlagen nur noch gelegentlich zu verbalen Auseinandersetzungen. Für Verteidiger Burkhalter sind diese Vorfälle in Senns Gefängnisaufenthalt begründet.

«Die Dauer der Haft ist unmenschlich»

Der Verlauf des Vollzuges sei skandalös, so Burkhalter. «Die Dauer der Haft ist unmenschlich.» Gerade im Vergleich zum Schweizer Höchststrafmass: So kann etwa ein zu lebenslänglich verurteilter Mörder bereits nach 15 Jahren wieder frei sein. «Hätte Marc Senn jemanden umgebracht, wäre er schon längst frei.»

Dennoch bleibt er mit Blick auf den Prozess skeptisch. «Das Berner Obergericht ist dafür bekannt, Strafen lieber zu hoch als zu niedrig anzusetzen.» Sollte Burkhalter dennoch eine bedingte Freilassung erringen können, wünscht er sich für Senn noch etwas anderes: «Es wäre an der Zeit, dass sich die Schweizer Justiz bei ihm entschuldigt.»

*Name geändert

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