Junge Generation: Wählen Frauen links und Männer rechts?

junge generation: wählen frauen links und männer rechts?

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Ein Gen für geschlechtsspezifische Wahlpräferenzen gibt es nicht. Frauen haben seit Beginn der Aufzeichnungen mal konservativer und mal linker als Männer gewählt. Seit den Neunzigerjahren überwiegt in den meisten europäischen Staaten die Linksorientierung, was wenig überrascht, wenn man bedenkt, dass Emanzipation ein linkes Projekt ist. Aus den Vereinigten Staaten wird nun mit Sorge vermeldet, dass sich zwischen jungen Männern und Frauen im Alter von 18 bis 29 Jahren eine politische Kluft auftue, weil sich junge Männer immer stärker von rechten und junge Frauen von linken Positionen angesprochen fühlten.

Laut der „Financial Times“ ist dieser Spalt in den vergangenen acht Jahren auch weltweit dramatisch gewachsen, hierzulande soll er rund dreißig Prozentpunkte betragen. Das wäre viel. Als Auslöser wird MeToo benannt, das Frauen politisch geeint und Männer befremdet habe. Man erinnert sich an die feministischen Demonstrationen zum Amtsantritt von Donald Trump. Zu der Zeit begann der Aufstieg von Gender und Race als polipotische Kategorien. Mit dem Antirassismus hat sich der Feminismus schon früh verbunden, auf der Weltfrauenkonferenz in Mexiko City 1975.

Weitere Themen sind hinzugekommen wie die Außenpolitik oder der Naturschutz, für den Frauen eine besondere Neigung nachgesagt wird. Die junge politisch engagierte Generation versammelt sich um das Thema Diskriminierung. Das Neue sei, dass auch die jungen Männer sich als Opfer von Diskriminierung fühlten – wegen ihres Geschlechts. Nach einer Studie des Survey Center of American Life, die im Business Insider diskutiert wird, waren es 2020 mehr als die Hälfte. Hier wachse eine verlorene Männergeneration heran. Während sich Frauen immer stärker in der Politik engagierten, zögen sich die Männer zurück. Mit Feminismus hätten sie nichts mehr am Hut. Sie nähmen ihn als Revanchismus wahr. Diese Männer würden zu Trumpisten, obwohl sie Trump eigentlich nicht mögen. Er habe es aber geschafft, dem Konservatismus wieder ein männliches Gesicht zu geben und die verlorenen Seelen auf seine Seite zu ziehen. Die jungen Männer plagt, dass ihre Probleme im linken Spek­trum kein Echo finden. Sie kritisieren, dass viel Ehrgeiz darauf verwendet werde, männliche Privilegien zu kritisieren, aber diese seien im Besitz von älteren Männern, während die jungen um ihre berufliche Zukunft bangen müssten.

Geht dem Land der Nachwuchs aus?

Rhetorisch wird der Konflikt mit harten Bandagen geführt. Es gibt Podcasts, die eigens dafür gemacht scheinen, Hass über Frauen aus­zuschütten, die sogenannte Mano­sphere. Es gibt sogenannte Incels, die keine Sexpartnerin finden und deshalb Frauen mit Hass über­ziehen. Und es gibt Frauen, die Männer zu Abschaum erklären oder als Gift bezeichnen. Von solchen Konflikten ist immer häufiger zu hören und zu lesen, auch in deutschen Klassenzimmern sollen immer mehr kleine Trumpisten heranwachsen. Es bleibt aber die Frage, ob das über anekdotische Evidenzen hinausgeht und ob das angelegte Rechts-links-Muster über allen Gestaltwandel der Linken hinweg noch aussagekräftig ist.

Die amerikanischen Zeitschriften warnen davor, das Phänomen als Modeerscheinung abzutun, und fragen sorgenvoll, ob Frauen und Männer noch zueinander finden und ob dem Land der Nachwuchs ausgeht. Gern wird der Partnerkonflikt am Beispiel von Donald Trump dar­gestellt, über den sich Paare hoffnungslos zerstreiten. In Teilen der deutschen Medienlandschaft wurde die amerikanische Diagnose übernommen und ins Klischee vom abgehängten jungen Mann eingeordnet, der aus Frust und Zorn nach Rechtsaußen abdriftet.

Mit der Wirklichkeit hat das nur wenig zu tun. In der repräsentativen Wahlstatistik zur letzten Bundestagswahl liegen junge Männer und Frauen bei der AfD laut repräsentativer Wahlstatistik nur rund drei Prozentpunkte auseinander, in der bürgerlichen Mitte sind die Wahlpräferenzen fast identisch. Bei der letzten Landtagswahl in Hessen ist die Geschlechterdifferenz leicht gewachsen, aber immer noch weit von den amerikanischen Werten entfernt. Wenn sich aus dem Wahlergebnis ein Slogan machen ließe, dann wäre es: Junge Frauen wählen Grüne, junge Männer FDP.

Das spricht vielleicht nicht für ein harmonisches Zusammenleben, ist aber noch keine Gefahr für die Demokratie. Es ist nur der übliche Streit in der Koalition.

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