Otfried-Preußler-Gymnasium Pullach: Bayern will Umbenennung prüfen

Eine Schule in Pullach will ihren Namen ändern, weil der Kinderbuchautor Otfried Preußler einst die Hitlerjugend beschönigte. Sudetendeutsche sprechen von »Hexenjagd«, das Kultusministerium will den Fall untersuchen.

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Otfried-Preußler-Gymnasium Pullach: Bayern will Umbenennung prüfen

Das Otfried-Preußler-Gymnasium im bayerisch Pullach will sich offenbar umbenennen. Erst vor zehn Jahren übernahm die Schule den Namen des Kinderbuchautors (»Krabat«, »Die kleine Hexe«, »Der Räuber Hotzenplotz«), doch nun ist Kritik an dessen Werk laut geworden. Ob es wirklich zu einer Namensänderung kommt, ist noch offen. Die Umbenennung werde abschließend im Kultusministerium geprüft, hieß es beim Ministerium.

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Ein Antrag zur Namensänderung liege bisher nicht vor, sagte Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler). »Wenn der Antrag bei mir eingeht, dann werde ich das prüfen mit der nötigen Sensibilität.« Medienberichten zufolge haben sich Lehrerkonferenz, Elternbeirat und Schülermitverantwortung sowie die Gemeinde bereits geeinigt, den Namen abzulegen.

Als Grund wurde in den Medien unter anderem Preußlers frühe Zeit als Soldat sowie sein Frühwerk »Erntelager Geyer« genannt, das um 1940 und 1942 entstand und in dem er das Leben in der Hitlerjugend beschönigt. Die »Frankfurter Allgemeine Zeitung« (FAZ) zitierte die Schulleitung zudem mit folgender Begründung: »Problematisch für die Lernenden erscheinen auch die in einigen Werken dargestellten fragwürdigen Konfliktlösungsstrategien durch Gewalt und/oder Hexerei.«

Dabei zeigt etwa der Roman »Krabat« über den gleichnamigen Waisenjungen, der in einer Mühle Hexerei lernt, andere Lösungsstrategien. Jedes Jahr stirbt einer der Müllerburschen – bis Krabat es schafft, den Fluch zu lösen. Ein junger Mensch, der sich mit finsteren Mächten einlässt, von denen er fasziniert ist, »bis er erkennt, worauf er sich da eingelassen hat«, erläuterte Preußler 1998 dazu. »Es ist zugleich meine Geschichte, die Geschichte meiner Generation, und es ist die Geschichte aller jungen Leute, die mit der Macht und ihren Verlockungen in Berührung kommen und sich darin verstricken.«

Sudetendeutsche beklagen »richtiggehende Hexenjagd« gegen Preußler

Kritik kommt von der Sudetendeutsche Volksgruppe: Derzeit finde eine »richtiggehende Hexenjagd« gegen Preußler statt, warnt Sprecher Bernd Posselt. Er fordert einen »differenzierten und qualifizierten Umgang« mit dem literarischen und pädagogischen Erbe des 1923 in Nordböhmen geborenen Schriftstellers.

Preußler habe nie geleugnet, als Teenager 1940 das Buch »Erntelager Geyer« verfasst zu haben, das seine Erlebnisse entsprechend dem nationalsozialistischen Zeitgeist wiedergebe. Da gebe es nichts zu beschönigen, aber: »Man darf nicht vergessen, dass der Autor nach drei Jahren Ostfront, fünf Jahren in sowjetischen Kriegsgefangenenlagern und der Vertreibung aus der Heimat mit dem braunen Gedankengut restlos gebrochen und ein auf Toleranz und Völkerverständigung hin orientiertes Lebenswerk aufgebaut hat.«

Mit 17 war Preußler zur Wehrmacht gekommen, mit 20 in Gefangenschaft geraten. 1945 wurde die Familie aus dem Sudetenland vertrieben und ließ sich in Bayern nieder. Am 18. Februar 2013 starb Preußler im Alter von 89 Jahren in Prien am Chiemsee. Zahlreiche seiner Werke – etwa »Krabat«, »Der Räuber Hotzenplotz« oder »Die kleine Hexe« – zählen zu den beliebtesten und bekanntesten Kinderbüchern. Preußlers insgesamt 32 Bücher wurden in 55 Sprachen übersetzt, vielfach preisgekrönt und weltweit mehr als 50 Millionen Mal verkauft.

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