News: Olaf Scholz, Taurus, Klaus Johannis, Katie Britt

Der Streit über die Taurus-Lieferung untergräbt die Autorität des Kanzlers. Die Bundeswehr soll Hilfsgüter über Gaza abwerfen. Und Kampfkandidatur um das Amt des Nato-Generalsekretärs. Das ist die Lage am Mittwochmorgen.

News: Olaf Scholz, Taurus, Klaus Johannis, Katie Britt

Wie Scholz die Taurus-Debatte einfach nicht beenden kann

Kennen Sie das, wenn der Chef eine Diskussion beenden will, die Diskussion aber trotzdem weitergeht? Wer Debatten gewaltsam beenden will, sieht danach meist kleiner aus. Das muss gerade auch Olaf Scholz lernen, der seit Monaten versucht, die Rufe nach Lieferung der Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine zu stoppen. Erst versuchte er, sie auszusitzen, dann behauptete er, dass dafür Bundeswehrsoldaten in der Ukraine nötig wären (was von vielen angezweifelt wird). Schließlich musste Scholz sogar sagen: »Ich bin der Kanzler, und deshalb gilt das.« Offensichtlich hat er nie die Serie »Game of Thrones« gesehen, in der Tywin Lannister den Satz sagt: »Any man who must say, »I am the King«, is no true king«, also: Ein Mann, der sagen muss: »Ich bin der König«, ist kein wahrer König.

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Die Diskussion um Taurus geht jedenfalls weiter, obwohl Scholz der Kanzler ist, auch innerhalb der Regierung: Zuerst kam die Idee eines Ringtauschs mit Großbritannien auf, nun wird im Auswärtigen Amt laut »SZ« und »FAZ« darüber nachgedacht, die Taurus den Briten zu übergeben, die sie dann ihrerseits an die Ukrainer weiterreichen und ihnen über die Schulter schauen könnten.

Scholz’ vorgebrachte Argumente gegen eine Lieferung ließen sich mit solchen Lösungen leicht umgehen, dennoch hält er bisher an seiner Weigerung fest. Ist das klug? Die Debatte nagt an seiner Autorität, deshalb gäbe es gute Gründe für Scholz, einen klugen politischen Kompromiss zu finden. Einen, der dazu führt, dass die Ukraine schnell mehr präzise Langstreckenwaffen bekommt, am besten Taurus oder ähnliche Waffen.

Die USA sind übrigens bei dem Thema genau den entgegengesetzten Weg gegangen: Anstatt endlos in der Öffentlichkeit zu streiten, hat Joe Biden der Ukraine schon im vergangenen Herbst Atacms-Raketen geliefert, die 300 Kilometer Reichweite haben – und bisher nie groß darüber geredet.

Deutschland wirft bald Hilfslieferungen über Gaza ab

Die Bundeswehr will bald – wie es die USA bereits tun – Hilfspakete aus der Luft über Gaza abzuwerfen, um der von einer Hungersnot bedrohten Bevölkerung zu helfen. Es soll eine deutsch-französische Gemeinschaftsaktion werden: Mit C130-Transportflugzeugen der Bundeswehr, die im französischen Évreux stationiert sind, sollen Hilfsgüter abgeworfen werden.

Gestern legte auch eine erste Lebensmittellieferung per Schiff von Zypern aus ab. Damit wird ein Seekorridor erprobt, über den Gaza künftig versorgt werden soll, auch ein Seehafen soll gebaut werden. Das Schiff der spanischen Hilfsorganisation Open Arms ist mit fast 200 Tonnen Reis, Mehl und anderen Lebensmitteln beladen.

Nach wie vor gilt, dass Hilfslieferungen aus der Luft am ineffizientesten sind. Es gebe keinen sinnvollen Ersatz für die Landwege aus Israel und Ägypten, sagte gestern die Uno-Koordinatorin für humanitäre Hilfe im Gazastreifen. Bei der Einfuhr per Lkw auf dem Landweg gilt aber nach wie vor, dass die israelischen Regeln die Einfuhr von Hilfsgütern in der Praxis stark beschränken – gäbe es hier eine Lösung, bräuchte man gar keine Hilfslieferungen aus der Luft.

Wird doch noch ein Osteuropäer Nato-Generalsekretär?

Der rumänische Präsident Klaus Johannis – Angehöriger der deutschsprachigen Minderheit im Land – will nun auch offiziell Nato-Generalsekretär werden. Als Favorit gilt bisher der niederländische Ex-Premier Mark Rutte, er hat offenbar bereits zwei Drittel aller Mitgliedsländer hinter sich. Doch die Wahl erfolgt traditionell einstimmig. Die Rutte-Gegner verweisen darauf, dass die Niederlande in den vergangenen Jahren nie das Nato-Ziel erreicht haben, zwei Prozent der Wirtschaftsleistung in die Verteidigung zu investieren. Dies könnte Rutte, so heißt es, in eine Position der Schwäche versetzen, falls Donald Trump wieder US-Präsident wird. Johannis hofft auf die Unterstützung osteuropäischer Staaten, die von der russischen Bedrohung besonders betroffen sind und jahrelang vergeblich gewarnt hatten. Auch die estnische Premierministerin Kaja Kallas wird immer wieder als Kandidatin genannt, viele west- und mitteleuropäische Regierungschefs stehen ihr allerdings wegen ihrer kompromisslosen Haltung gegenüber Russland kritisch gegenüber. »Politico Europe« zitierte vergangene Woche eine anonyme EU-Quelle mit der Frage: »Wollen wir wirklich jemanden, der gern Russen zum Frühstück isst, in diese Position bringen?« Kallas postete daraufhin auf X ein Foto ihres Frühstücks: Haferflocken mit Blaubeeren.

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Verliererin des Tages…

…ist Katie Britt. Die 42-jährige republikanische Senatorin aus Alabama galt als Nachwuchshoffnung ihrer Partei. Bis sie vergangene Woche die offizielle Antwort der Republikaner auf die »State of the Union«-Rede von Präsident Joe Biden halten durfte. Seither kann man sagen: Katie Britt war einmal eine Nachwuchshoffnung ihrer Partei.

Die Rede, die Britt aus unerfindlichen Gründen aus ihrer Küche hielt, inspiriert das Internet bis heute zu immer neuen Parodien, die eigentlich gar nicht nötig sind, weil der Auftritt wie eine Selbstparodie wirkt: Die Senatorin spricht jedes Wort und jeden Satz auf theatralische Weise überprononciert, mit zitternder Stimme, und immer wieder auf gespenstische Weise an unpassenden Stellen lächelnd.

Ihre Vertrauten wollten sie laut »New York Times« dem Land als »America’s Mom« verkaufen, »die checkt, was los ist«. Stattdessen imitierte Scarlett Johannsson sie in »Saturday Night Live« und ließ sie die Worte sagen: »Ich bin nicht nur eine Senatorin – ich bin eine Mutter, eine Ehefrau und die verrückteste Person auf dem Supermarkt-Parkplatz.«

Nur Donald Trump hatte trotzdem Lob für Britt übrig, die sich Hoffnungen auf den Posten als Vizepräsidentschaftskandidatin macht: »Katie Britt war ein großartiger Kontrast zu einem wütenden und offensichtlich sehr gestörten ›Präsidenten‹«, schrieb er.

Die jüngsten Meldungen aus der Nacht

Hilfskonvoi erreicht erstmals wieder Norden von Gaza: Es ist der erste erfolgreiche Hilfskonvoi in den Norden Gazas seit drei Wochen: Über eine neue Militärstraße konnten sechs Lastwagen Hilfsgüter liefern. Die Straße teilt den Gazastreifen.

Familie des Boeing-Whistleblowers gibt Konzern die Schuld an seinem Tod: Zwei Tage lang hatte er vor Gericht ausgesagt, am dritten Tag war er tot: John Barnett hatte schwere Vorwürfe gegen Boeing erhoben. Nun hat sich sein Bruder zu seinem Tod geäußert.

Medikamente für Transpersonen: Der englische NHS will nicht länger Pubertätsblocker an Kinder verschreiben. Als Grund führt er eine unzureichende Datenlage ins Feld.

Diesen Text möchte ich Ihnen heute besonders empfehlen:

Warum liegen Mumien unter Holzdielen? Wenn Menschen alte Häuser sanieren, entdecken sie immer wieder Tierleichen und andere verstörende Relikte in Gemäuer und Gebälk. Die Funde stammen teils aus dem Mittelalter und deuten auf unheimliche Bräuche hin. Mein Kollege Guido Kleinhubbert ist den düsteren Geheimnissen nachgegangen – lesen Sie hier, was er herausgefunden hat.

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag.

Ihr Mathieu von Rohr, Leiter des SPIEGEL-Auslandsressorts