News des Tages: Borussia Dortmund, Lena Schilling, Franziska Giffey
Dortmund entfacht ein neues Fußballfieber in Deutschland, die österreichische grüne Spitzenkandidatin für das EU-Parlament sieht sich Lügenvorwürfen ausgesetzt – und Franziska Giffey wurde attackiert. Das ist die Lage am Mittwochabend.
News des Tages: Borussia Dortmund, Lena Schilling, Franziska Giffey
1. Borussia – hier hat Russia noch einen guten Klang
Borussia Dortmund steht nach dem 1:0 im Halbfinal-Rückspiel bei Paris Saint-Germain im Finale der Champions League. Das Siegtor erzielte Mats Hummels in der 50. Minute. Die Kollegen von 11Freunde schrieben, vorne wie hinten sei der Dortmunder Abwehrchef für die Pariser ein »pain in the ass« gewesen. »Oder anders gesagt: Die Millionentruppe von PSG hatte Hummels im Hintern.«
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Beim Endspiel am 1. Juni in London könnte es nun zu einem rein deutschen Finale kommen, sollte der FC Bayern heute Real Madrid aus dem Wettbewerb kicken.
Der britische »Guardian« kommentierte: »Es war ein Abend, an dem Borussia Dortmund eines der schönsten Kapitel seiner Geschichte schrieb, an dem eine scheinbar unscheinbare Mannschaft – ohne große Namen – etwas völlig Erstaunliches vollbrachte.«
Schöne Kapitel, unscheinbare Spieler, erstaunliche Entwicklungen – sollte »pain in the ass«-Dortmund tatsächlich im Endspiel gegen München spielen, könnte es ein Remake des Sommermärchens 2006 geben. Zumal auch die EM in diesem Jahr in Deutschland stattfindet und Julian Nagelsmann der Nationalmannschaft einen neuen Geist eingehaucht hat.
Der Taumel in Dortmund zeigt, welche Kraft vom Fußball ausgeht. Es mag noch so viele Appelle der Politik geben, die Lage des Landes nicht schlechtzureden. Am Ende war es 2006 auch erst die WM im eigenen Land und der dritte Platz der Klinsmann-Elf, der der bis dahin miesepetrigen Nation neues Selbstbewusstsein verlieh und für mehr als eine Dekade für gute Laune im Land sorgte.
Es gibt also Hoffnung.
2. Wie genau nimmt es Lena Schilling mit der Wahrheit?
Vor einigen Tagen stellte die Klimabewegung Fridays for Future in Berlin ihre Kampagne für die Europawahl vor. Luisa Neubauer gilt in Deutschland als prominenteste Figur der Aktivisten und kündigte an: »Wir werden in unserer Kampagne ganz dezidiert auf Menschen unter 30 gucken«.
Das Pendant zu Neubauer in Österreich ist Lena Schilling. Sie ist 23 Jahre alt, die prominenteste Klimaaktivistin im Nachbarland und Spitzenkandidatin der Grünen für die Europawahl. Auf sie wird gerade auch ganz dezidiert geguckt – allerdings anders, als sie sich das wohl vorgestellt hat.
Schilling sieht sich mit Vorwürfen konfrontiert, sie solle ein problematisches Verhältnis zur Wahrheit haben. In mehreren voneinander unabhängigen Fällen soll sie Gerüchte gestreut haben, die offenbar erfunden sind.
Die Zeitung »Der Standard« hat mit rund fünfzig Personen aus dem Umfeld Schillings gesprochen, die ein wenig schmeichelhaftes Bild der Jungpolitikerin zeichnen. Es lasse sich feststellen, so der Standard, »dass Schilling viele Menschen verärgert oder verletzt und einige sogar in existenzbedrohende Schwierigkeiten gebracht hat.«
Schilling wehrt sich gegen die Anschuldigungen. Die Zeitung stütze sich auf »Gerüchte und Behauptungen«, die auf ihren persönlichen Bereich zielten, aber überhaupt nichts mit ihrer Politik zu tun hätten, sagte die Spitzenkandidatin, die der Partei nicht angehört. Vom österreichischen Grünenchef Werner Kogler erhält sie Rückendeckung. »Wir lassen uns nicht von Gerüchten aufhalten«, so der Vizekanzler.
3. Giffey Ziel von tätlichem Angriff
Man sollte meinen, nach dem Gewaltakt gegen den SPD-Europapolitiker Matthias Ecke und dem Fahndungserfolg der Polizei in Dresden sowie den Ankündigungen aus der Politik, gegen Gewalttaten gegenüber Politikerinnen und Politikern konsequent vorzugehen, ließen sich potenzielle Angreifer von ihren Taten abbringen.
Doch bei einigen scheinen die Botschaften immer noch nicht angekommen zu sein. Wahrscheinlich kommt bei denen sowieso gar nichts mehr an.
Nach zahlreichen Attacken gegen Politikerinnen und Politiker allein in den vergangenen sieben Tagen wurde nun auch die ehemalige Berliner Regierende Bürgermeisterin, Franziska Giffey, Opfer einer Gewalttat. Bei einem Besuch in einer Bibliothek wurde die SPD-Politikerin unvermittelt von hinten mit einem Beutel, gefüllt mit hartem Inhalt, angriffen und am Kopf sowie am Nacken getroffen.
Die Berliner Polizei hat den mutmaßlichen Täter nach dem Angriff auf Giffey festgenommen. Die Ermittlungen zu dem Tatmotiv dauern an. Nach SPIEGEL-Informationen soll der 74-Jährige im Berliner Stadtteil Rudow schon häufiger auffällig geworden sein.
Gegen den Mann »liegen bereits polizeiliche Erkenntnisse aus dem Bereich des Staatsschutzes und der Hasskriminalität vor«, teilte die Staatsanwaltschaft mit.
Die Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Brandenburg sagte, die Polizei sei darauf eingestellt, Wahlkampfveranstaltungen künftig mit stärkerer Präsenz zu sichern. Und sie sagte auch: »Die Parteien sollen sich gegenseitig unterstützen und die aggressive Kommunikation abbauen.«
Das sagte sie einen Tag nach dem CDU-Parteitag, auf dem sich die Rednerinnen und Redner mit polemischen Beiträgen vor allem auf ihre Gegner eingeschossen haben: die Grünen und die SPD. Allen voran Gastredner Markus Söder: Eine Ministerin Ricarda Lang sei für ihn undenkbar und statt »Petra-Kelly-Sound bräuchte es mal wieder mehr Goethe.«
Hier ein Goethe-Zitat für den CSU-Chef: »Durch nichts bezeichnen die Menschen mehr ihren Charakter als durch das, was sie lächerlich finden.«
Was heute sonst noch wichtig ist
Deutsches Schienennetz ist nur »mittelmäßig«: Die Bahn hat ihr Schienennetz bewertet – und gibt sich selbst die Note drei. Die Kosten für nötige Erneuerungen liegen inzwischen bei mehr als 90 Milliarden Euro.
Linke verlangen eine Preisbehörde im Kampf gegen die Inflation: Lebensmittel und Energie wurden zuletzt deutlich teurer, Mietpreise stiegen ebenfalls. Die Linke will mit einer eigenen Behörde Preisschocks in diesen Bereichen künftig eindämmen.
CDU-Ministerpräsident Kretschmer rüttelt am Recht auf Teilzeit: Reduzierte Arbeitszeiten ermöglichen vielen Familien mehr Gleichberechtigung bei Kinderbetreuung und Beruf. CDU-Politiker Kretschmer kritisiert nun aber das Recht auf Teilzeit – alle sollten mehr arbeiten.
RTL zeigt Showkampf zwischen Stefan Raab und Regina Halmich: Was nach Aprilscherz klang, wird Realität: Am 14. September steigt Stefan Raab zum dritten Mal gegen Regina Halmich in den Ring – und RTL überträgt. Das dürfte ProSieben, dem Ex-Arbeitgeber des Ex-Moderators, nicht gefallen.
Meine Lieblingsgeschichte heute: Stormy weather für Donald Trump
Es war wie eine Hollywoodszene, ein bisschen Marlene Dietrich in »Zeugin der Anklage«, ein bisschen Joan Collins im »Denver Clan«, schreibt mein Kollege Marc Pitzke über das Aufeinandertreffen von Donald Trump mit der früheren Pornodarstellerin Stormy Daniels im Gerichtssaal. Im Prozess gegen den ehemaligen US-Präsidenten um Schweigegeldzahlungen hat Daniels den Sex mit dem heute 77-Jährigen im Detail beschrieben. Man will das eigentlich gar nicht alles so genau wissen.
Doch ihre Schilderungen untermauern das Bild, das man von Trump ohnehin hat: ein rücksichtsloser Rüpel. So erzählte Daniels, dass sie vor dem Sex das Hotelzimmer habe verlassen wollen, Trump sich ihr aber in den Weg gestellt hätte. Nach dem Prozesstag stellte er sich auf dem Flur vor die Kameras und sagte: »Also dies war ein sehr großer Tag, ein sehr aufschlussreicher Tag.« Zumindest damit hatte er recht, so Marc.
Was wir heute bei SPIEGEL+ empfehlen
Neuer Vormarsch – aber noch immer kein neuer Geiseldeal: Israel und die Hamas verhandeln in Kairo, die Armee rückt auf Rafah vor, die Not der Menschen dort wird noch größer – selten war die Lage im Krieg um den Gazastreifen so unübersichtlich: Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Xis Lieblingsschüler in Europa: Chinas Staats- und Parteichef beehrt Serbien und Ungarn mit seinem Besuch. Er vermutet dort die schwächsten Punkte der transatlantischen Achse. Nicht zu Unrecht.
»Sie zwingen die Frauen, sich zu entkleiden«: Die afghanische Journalistin und Aktivistin Tamana Paryani wurde von den Taliban verschleppt und wochenlang gefoltert. Hier berichtet sie über ihre Zeit im Gefängnis und die Übergriffe auf Frauen in ihrem Land.
Sieben, nein acht Erkenntnisse von der OMR: Kim Kardashian interessiert die Leute mehr als KI, und Selfies sind so 2014: Ein Tag auf der OMR, dem gefühlten Mittelpunkt der digitalen Welt. Ungefühlt: so glamourös wie ein Scientology-Stand in der Fußgängerzone, aber besser ausgeleuchtet.
Was heute weniger wichtig ist
Kimprimiert: Der Realitystar Kim Kardashian, 43, hatte gerade einen Auftritt bei der hippen deutschen Medienkonferenz OMR in Hamburg. Doch überlagert wurde der Besuch von der Diskussion um ihr Outfit, das sie am Montag bei der Met-Gala in New York getragen hat. Die Millionen-Influencerin ließ sich derart stramm einschnüren, dass ihre unnatürlich schmale Taille die Welt schockierte. Sie nahm es gelassen. Gefragt, wie es mit der Atmung läuft, sagte sie in einem Video: »Es ist eine Kunstform. Aber es klappt schon.«
Mini-Hohlspiegel
Cartoon des Tages
Und heute Abend?
Wenn Sie die Sonne mögen, gehen Sie einfach in einen Biergarten, das Wetter lädt dazu ein. Wenn Sie es dagegen gern düster haben, könnten Sie ins Kino gehen und den Film »Sterben« anschauen. Das Familienepos mit dem Starensemble um Corinna Harfouch, Lars Eidinger, Ronald Zehrfeld, Lilith Stangenberg und Anna Bederke war beim jüngsten Deutschen Filmpreis neunmal nominiert.
Meine Kollegin Anna Clauß pries das Werk des Hamburger Regisseurs Matthias Glasner am Freitag schon mal. Es gewann den Filmpreis für den besten Spielfilm. Corinna Harfouch bekam die »Lola« für die beste weibliche Hauptrolle, Hans-Uwe Bauer den für die beste männliche Nebenrolle. »Der Zuschauer hat oft das Gefühl, eine emotionale Gletscherlandschaft zu betrachten«, schrieb mein Kollege Lars-Olav Beier in seiner Rezension. Überhaupt überschlägt sich die Kritik vor Lob.
Ich habe den Film gestern Abend gesehen und sehe es ambivalenter als Anna und Lars-Olav. Ich fand ihn mit drei Stunden viel zu lang und einige der Szenen so überzogen und verzichtbar, dass ich trotz der schauspielerischen Großleistung aller Beteiligten doch immer wieder mal auf die Uhr schaute, wann es wohl vorbei wäre. Wenn Sie mögen, schreiben Sie mir gern, wie Sie den Film fanden. Ihre Meinung interessiert mich.
Einen schönen Abend. Herzlich
Ihr Janko Tietz, Ressortleiter Nachrichten