Palliativmedizinerin Dr. Beatrix Heimrich: „Wir gehen in eine glückliche Ewigkeit“

Serie „Hinter dem Horizont“

Palliativmedizinerin Dr. Beatrix Heimrich: „Wir gehen in eine glückliche Ewigkeit“

palliativmedizinerin dr. beatrix heimrich: „wir gehen in eine glückliche ewigkeit“

Dr. Beatrix Heimrich ist eng mit dem Hohen Peißenberg verbunden, wo dieses Bild entstanden ist.

In der Serie „Hinter dem Horizont“ kommen Menschen zu Wort, die in ihren Berufen oft mit dem Tod konfrontiert werden – heute Allgemeinärztin und Palliativmedizinerin Dr. Beatrix Heimrich.

Hohenpeißenberg – Was kommt nach dem Tod? Geht es nach dem Lebensende überhaupt weiter? Und wenn ja, wie? Diese Fragen beschäftigen Menschen aller Kulturen und Religionen seit jeher. Im Christentum wird traditionell am Ostersonntag die Auferstehung Jesu Christi gefeiert. Die Bibel berichtet davon, dass Jesus seinen Jüngern anschließend 40 Tage lang erschienen ist – bis Christi Himmelfahrt. In der Serie „Hinter dem Horizont“ kommen Menschen zu Wort, die in ihren Berufen oft mit dem Tod konfrontiert werden wie Dr. Beatrix Heimrich, die in Hohenpeißenberg eine Hausarztpraxis führt, als Palliativmedizinerin für „Palliahome“ und immer wieder auch im Hospiz in Polling arbeitet.

Wann haben Sie zuletzt an den Tod gedacht?

Ich habe vor ein paar Tagen intensiv an den Tod gedacht, weil ich Dienst im Hospiz hatte. Eine Patientin dort hat gesagt, sie freue sich auf das, was nach dem Tod kommt. Eine andere hat mir berichtet, wie schön sie es im Hospiz findet, dass sie sich dort wie im Paradies fühlt. Dennoch habe sie sich vorgenommen, an diesem oder spätestens am nächsten Tag zu sterben. Am Tag nach dem Gespräch ist sie gestorben.

Wie kamen Sie dazu, bei „Palliahome“ mitzuarbeiten?

Ich war bei allen meinen Großeltern dabei, als sie gestorben sind. Sie konnten friedlich zu Hause sterben – im Kreise ihrer Familie. Dieses Sterben in der vertrauten Umgebung wollte ich den Menschen im Landkreis, die sich das für sich wünschen, auch ermöglichen – oder dazu beitragen, dass es möglich ist. Schließlich kam eine gute Freundin von mir ins Hospiz nach Polling, wodurch ich Dr. Ulla Henning kennengelernt habe, die die leitende Ärztin im Hospiz ist. Wir haben zusammen „Palliahome“ gegründet. Seitdem bin ich dabei.

Ist es nicht belastend, ständig mit Sterbenden und dem Tod konfrontiert zu sein?

Nein, ich erlebe diese Tätigkeit als Bereicherung. Man kommt im Sterben zu den existenziellen Themen, das beobachte ich regelmäßig. Und viele Menschen wollen sich in ihrer letzten Zeit über Gott, den Tod, das Sterben und das Danach austauschen. Es gibt keine Tabus mehr in dieser Lebensphase. Die Gespräche drehen sich nicht mehr um Kleinigkeiten, sondern um Existenzielles. Das ist auch für mich bereichernd – und reinigend, wenn ich mich zum Beispiel mal wieder in Kleinigkeiten verzettelt habe.

Stoßen Sie bei Ihrer Tätigkeit oft auf Traurigkeit und Verzweiflung?

Es gibt schon so diesen Abschiedsschmerz. Den beobachte ich bei den Angehörigen und bei den Todkranken. Es ist einfach schwer, sich vom Leben und den Menschen, die man liebt, zu verabschieden. Ansonsten wird im Hospiz oder auch bei den Patienten zu Hause viel mehr gelacht, als man meinen möchte. Die Menschen, die am Ende ihres Lebens stehen, kennen keine Konventionen mehr. Es ist alles so ein bissl archaisch.

Meinen Sie, dass mit dem Tod alles endet?

Nein, ich glaube, dass es nach dem Tod weitergeht. Und ich glaube, dass etwas Gutes kommt, wenn wir gestorben sind. Ich glaube, dass wir ein ewiges Leben haben, in dem wir mit Gott und den anderen Menschen, die uns wichtig sind und waren, vereint sind. Wir sind von Gott gekommen und gehen auch zu ihm zurück.

Wie kommen Sie zu diesem Glauben?

Ich habe bei vielen Sterbenden gesehen, dass sie glücklich und entspannt schauen in ihren letzten Augenblicken. In dieser allerletzten Lebensphase sind oft so eine Ruhe und ein Frieden zu spüren. Tote schauen meist zufrieden und friedlich aus. Deswegen meine ich, dass etwas Gutes nach dem Tod kommt.

Warum sind Sie überzeugt davon, dass es ein ewiges Leben gibt?

Was mich überzeugt, sind zum einen die Erlebnisse im Leben, bei denen man so kurz das Gefühl eines unendlichen Glücks hat. Zum anderen die Erfahrungen mit Sterbenden. Wir erleben, dass diese sich in ihren letzten Stunden oder Augenblicken meist schon auf das konzentrieren, was kommt. Ich denke, auf den Himmel. Und auch die Berichte von Menschen, die schon an der Schwelle zum Tod gestanden sind, haben mich überzeugt. Viele erzählen von einem hellen, warmen Licht und einer großen Geborgenheit. Deswegen bin ich sicher: Wir gehen in eine glückliche Ewigkeit, wenn wir dieses Leben verlassen.

Hat sich der regelmäßige Umgang mit dem Sterben und dem Tod auf Ihre Einstellung dazu ausgewirkt?

Ja, die Begleitung von Sterbenden hat mich in meinem Glauben bestärkt und sie tut es noch. Die Idee der Vergebung ist so etwas Tolles – gerade im Bezug auf das Lebensende. Um Frieden zu finden.

Hat sich auch die Sicht aufs Leben verändert?

Ja. Das Leben wird mehr wert, wenn man sich viel mit dem Tod beschäftigt. Man sieht es aus einem ganz anderen Blickwinkel. Durch die vielen Gespräche mit Menschen, die am Ende ihres Lebens angekommen sind, wird man dankbarer und schätzt mehr, was man hat. Zumindest geht es mir so.

Vor dem Tod liegt das Sterben. Was bedeutet für Sie ein gutes Sterben?

Ich wünsche mir, dankbar auf mein Leben zurückblicken zu können, verzeihen zu können und selbst vergeben zu bekommen. Ich wünsche mir auch Zeit für eine innige und auch kritische und liebevolle Zwiesprache mit Gott (Meister Eckhart) vor meinem Tod.

Ist heutzutage ein gutes, schmerzfreies Sterben eher möglich als noch vor Jahrzehnten?

Bezüglich der Schmerzen sind wir heute viel, viel weiter als früher. Wir haben viel mehr Möglichkeiten, Schmerzen zu lindern. Allerdings beeinflussen die Schmerzmittel oft die Fähigkeit, bei klarem Bewusstsein zu bleiben, die letzte Zeit wach zu erleben, was sich viele Sterbende wünschen. Deswegen ist die Dosierung oft das Schwierige.

Gibt es ein Buch, ein Musikstück, ein Gedicht, das Ihnen in diesem Zusammenhang geholfen hat?

Für mich hält die Bibel Hilfreiches und Tröstendes bereit. Im Johannes-Evangelium steht: „In meines Vaters Hause sind viele Wohnungen“. Auch bei Jesaja finde ich einen hilfreichen Spruch in diesem Zusammenhang: „Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein.“

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