Kommentar zum NPD-Urteil: Die rote Karte ist das letzte Mittel

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Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts.

Wenn man eine Partei schon nicht verbieten kann, dann darf sie zumindest keine staatlichen Mittel erhalten. Dieser Gedanke steckte hinter einer Änderung des Grundgesetzes im Jahr 2017.

Das letzte Verbotsverfahren gegen die NPD scheiterte letztlich daran, dass sie zu bedeutungslos war: das Bundesverfassungsgericht hielt sie zwar für verfassungsfeindlich, aber nicht für fähig, die freiheitliche demokratische Grundordnung abzuschaffen. Die NPD, heute „Die Heimat“, ist seither nur noch unbedeutender geworden, so dass sie mittlerweile wegen ausbleibender Wahlerfolge keine staatlichen Mittel mehr erhält. Der Wähler hat gesprochen.

Das heißt freilich nicht, dass das Verfahren sinnlos geworden wäre. Es stellt wie schon das Verbotsverfahren klar, was unter dem Grundgesetz geht und was nicht. Die Karlsruher Grundsätze zur Verfassungsfeindlichkeit gelten für alle Parteien – egal ob sie in freien Wahlen 5 oder 55 Prozent der Stimmen auf sich vereinen.

Das Schwert ist da – aber man muss es nicht ziehen

Wer eine Trennung von Kulturen oder Ethnien fordert, wer das Staatsvolk ethnisch definiert und Minderheiten missachtet, wer das parlamentarische System verächtlich macht und angeblich Minderwertige von der politischen Teilhabe ausschließt – der will ein ganz anderes System. Nämlich eins, das stark an die totalitäre Herrschaft erinnert, zu der das Grundgesetz der Gegenentwurf ist.

Dieser Gegenentwurf hat aus historischer Erfahrung das Instrument des Parteiverbots geschaffen und mit diesem Schwert in der noch ganz jungen Bundesrepublik Jahren einmal nach rechts und einmal nach links zugeschlagen.

Das heißt aber nicht, dass man dieses Schwert ziehen muss. Es gibt ein politisches Ermessen, was man schon daran sieht, dass die Bundesregierung ganz sicher sein will, was den Ausgang eines etwaigen AfD-Verbotsverfahrens angeht.

Diese Sicherheit gibt es aber nicht. Gesinnungen kann man zu ändern suchen, aber nicht verbieten. Und vor allem: Die vielfältigen Bemühungen, jeden Streit zum Verfassungsstreit zu erheben und damit auch jedes politische Problem vom Bundesverfassungsgericht klären zu lassen, sollten nicht zu weit getrieben werden. Schon der Entzug staatlicher Mittel schafft ja zwei Klassen von Parteien.

Karlsruher Verfahren sollten nicht als Kampfmittel geschrumpfter Volksparteien erscheinen, die das Volk vernachlässigt haben. Aber jedem muss stets klar sein, was unter dieser Grundordnung möglich ist und was sie abschafft. Auch ein freies Land kennt rote Karten.

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