Nach Pro-Palästina-Demo: FU-Mitarbeiter verteidigen ihre Uni und die Polizei Berlin
Polizisten im Einsatz gegen Pro-Palästina-Demonstranten an der FU Berlin
Nachdem mehrere hundert Lehrende aus verschiedenen Universitäten den Polizeieinsatz gegen eine propalästinensische Protestveranstaltung auf dem Gelände der Freien Universität Berlin kritisiert hatten, gibt es nun ein weiteres öffentliches Statement, in dem FU-Mitglieder Stellung zu dem Vorfall und zur Debatte beziehen. Bis zum Freitagnachmittag haben bereits über 300 FU-Mitglieder unterschrieben, darunter der Historiker Paul Nolte, die Politikwissenschaftler Michael Zürn und Bernd Ladwig sowie die Altphilologin Susanne Gödde.
Auch hier wird der Anspruch von Universitäten auf einen freien Raum für eine historisch reflektierte, demokratische und von gegenseitigem Respekt geprägte Diskussion formuliert, aber zugleich eine notwendige Differenzierung eingefordert. „Der jüngsten, dramatischen Tendenz zur Polarisierung treten wir entschieden entgegen. Diese zeigt sich insbesondere in einer inakzeptablen und gefährlichen Verschiebung von sachlich geführter Kritik an der Politik der israelischen Regierung hin zu hasserfülltem, gewaltbereitem Antisemitismus sowie an einer problematischen Gleichsetzung aller jüdischen Menschen mit der Politik der israelischen Regierung“, heißt es in dem Schreiben.
Am Dienstag hatten propalästinensische Aktivisten ein Protestcamp auf dem Gelände der Freien Universität aufschlagen wollen. Der Präsident der Freien Universität Günter Ziegler hat die Polizei gerufen, die die Protestveranstaltung unter Einsatz von Gewalt beendete. Es seien israel- und polizeifeindliche Parolen gerufen worden, wie die Polizei am Mittwoch mitteilte. Einzelne Personen seien wegen Volksverhetzung und Hausfriedensbruchs vorübergehend festgenommen worden. Es würden Ermittlungsverfahren eingeleitet. Der Ruf nach der Polizei sowie deren Maßnahmen wurden als Beschränkung der Meinungs- und Demonstrationsfreiheit kritisiert.
Die Unterzeichner der Stellungnahme erinnern an inakzeptable Auswüchse, die die Proteste genommen hätten, verweisen auf den brutalen Angriff auf den jüdischen Studenten Lahav Shapira, der im Februar krankenhausreif geschlagen wurde. Dies sei nur die Spitze des Eisbergs. „Inakzeptable Radikalisierung beginnt bereits, wo Personen aus öffentlichen Diskussionen ausgeschlossen werden, wo ihnen kein Rederecht zu sachbezogener Debatte zugestanden wird, wo Andersdenkende oder vermeintliche Gegner:innen öffentlich niedergebrüllt werden, wo in den sozialen Medien gegen Einzelne oder Gruppen bis hin zu Formen der Ächtung gehetzt wird oder wo die Zurückweisung unangemessener Beiträge und Bezeichnungen als Cancel Culture diffamiert wird.“
Während die Kritiker in ihrem Statement der Polizeimaßnahmen auf die Meinungsfreiheit pochten, heißt es in der Stellungnahme, die man als Antwort lesen kann: „Körperverletzung und antisemitische Volksverhetzung sind keine Meinung, sondern Straftatbestände.“ Mit Bezug auf das Hamas-Massaker am 7. Oktober 2023 in Israel, aber auch auf die harte Reaktion der israelischen Regierung und des israelischen Militärs wird eine umsichtige und an objektiven Sachverhalten orientierte Argumentation angemahnt, die auf historischer Kenntnis gründen sollte. „Historisch unangemessene Vergleiche verhindern einen dringend nötigen Dialog.“
Außerdem erklären die Unterzeichner ihre Solidarität mit den Opfern von Hassrede, Hetze und Ausgrenzung, insbesondere mit den Opfern antisemitischer Attacken. „Eine Universität muss für Jüdinnen und Juden – wie für alle – ein sicherer Ort sein. Wir fordern einen deutlich sichtbaren universitären Positionsbezug gegen die falsche Moralisierung, Radikalisierung und Instrumentalisierung der öffentlichen Debattenkultur an der Freien Universität und gegen deren Unterwanderung durch Extremismus und politische Agitation.“