Nach Abschiebung zurück: Ashti Abdis bewegende Rückkehr nach München
Kellner im „Augustiner am Platzl“
Nach Abschiebung zurück: Ashti Abdis bewegende Rückkehr nach München
Ashti Abdi (r.) herzt seine Mutter am Münchner Flughafen
Er arbeitete Vollzeit als Kellner im „Augustiner am Platzl“ in München, spricht Deutsch und zahlte Steuern – trotzdem musste Abdi ausreisen. Jetzt durfte er zurück in Deutschland. Die tz war bei seiner Ankunft am Flughafen dabei.
München ‒ Ashti Abdi (20) kommt nicht weit. Er schiebt seinen Koffer aus der Gepäckausgabe am Terminal 2 – schon wirft sich Mutter Bashar (53) in seine Arme. Sie nimmt seinen Kopf in ihre Hände, er küsst ihre Stirn. Sie umarmen sich wieder und wieder. Dann herzt Abdi Bruder Aziz (28) und Schwester Shame (24). Alle haben Tränen in den Augen – Tränen der Freude!
Für die irakische Familie endete am Donnerstagabend ein monatelanger Alptraum. Am 10. Dezember musste Abdi in den Irak ausreisen. Obwohl er seit zwei Jahren Vollzeit im „Augustiner am Platzl“ arbeitet. Obwohl er Steuern zahlte, gut Deutsch spricht und gut integriert ist. Obwohl er als Jeside dort in Lebensgefahr schwebt. Nach drei Jahren Bearbeitungszeit hatten die Behörden seinen Asylantrag abgelehnt – Abdi musste sein Platzl in Bayern verlassen.
„Ich hatte die Hoffnung schon fast verloren“
Fast fünf Monate später landete Abdi um 20.55 Uhr in München – mit einem Visum in der Tasche. Damit darf er erst mal in Deutschland bleiben und endlich wieder bei seiner Familie in Egling (Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen) sein. Abdi lacht und grinst vor Freude: „Das Gefühl jetzt ist unbeschreiblich für mich, seit fünf Monaten war das mein Traum.“ Am Vormittag hatte er sein Visum im deutschen Generalkonsulat in Erbil abgeholt. „Dann bin ich gleich zum Flughafen gefahren. Um 16 Uhr ging der Flieger.“
Ashti Abdi (l.) am Flughafen mit Wirt Oliver Wendel
Dass Abdi wieder in Bayern ist, hat er seinem Anwalt Julian Stöckl zu verdanken. Der handelte mit den Behörden einen Deal aus. Der lautet: Abdi reist freiwillig aus. Dafür bekommt er ein schnelleres Verfahren zur Wiedereinreise über das „beschleunigte Fachkräfteverfahren“. Voraussetzung: eine fertige oder anstehende Ausbildung. Die hat Ashti Abdi seit Monaten sicher. Sein Chef, „Augustiner-am-Platzl“-Wirt Oliver Wendel, will ihn zum Restaurantfachmann ausbilden. Der Vertrag: längst unterschrieben.
Aber: Aus der vermeintlich sicheren Sache wurde eine monatelange Hängepartie. Eigentlich sollte Abdi im Februar zurückkommen. Es dauerte bis Mai. Für Ashti Abdi ein Martyrium: „In den letzten drei Wochen hatte ich fast keine Hoffnung mehr. Ich habe jede Stunde gezählt.“ Laut Anwalt Stöckl lag‘s an einem „Systemfehler bei den Behörden“. Er fordert: „Die Behörden müssen personell stärker aufgestellt werden, damit die Verfahren zeitnäher beschieden werden und Deutschland dadurch die Fachkräfte bekommt, die es braucht.“
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Der Iraker will so schnell es geht wieder an die Arbeit
Abdi muss laut seinem Anwalt jetzt noch eine Aufenthaltsgenehmigung beantragen – dann darf er zurück in den Kellner-Job. Seine Ausbildung soll laut Wirt Wendel im August oder September starten. Der Iraker will so schnell wie möglich auf eigenen Beinen stehen – wie früher. „Am liebsten würde ich gleich morgen wieder arbeiten, ich habe meine Kollegen so sehr vermisst“, sagt er am Flughafen. Sein Chef gibt ihm aber erst mal übers Wochenende frei. „Den Rest können wir auch nächste Woche klären. Ashti soll jetzt die Zeit mit seiner Familie genießen.“
Wendels Frau Barbara ist zum Flughafen mitgekommen. Sie streichelt über Abdis Schulter und sagt, was alle in diesem glücklichen Moment denken: „Gell Abdi, jetzt bist wieder zu Hause.“