Weitere Fragen nach Taliban-Auftritt: Redner ausgeladen

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Eine christliche Kirche im Morgengrauen.

Nach dem Auftritt eines Taliban-Funktionärs in einer Kölner Moschee sieht der Verband Ditib auch die Behörden in der Aufklärungspflicht. «Weiterhin ungeklärt ist, wie diese Person nach Europa und im speziellen nach Deutschland einreisen und hier frei für die menschenverachtende Praxis der Taliban werben konnte», heißt es in einer am Montag in Köln verbreiteten Mitteilung des Dachverbands Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib). «Hier sind neben unserer Gemeinde auch die Behörden in der Pflicht, die Angelegenheit in ihrer Ganzheitlichkeit transparent aufzuklären», forderte der Bundesvorstand.

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte dazu: «Wir hätten in diesem Fall gar nicht einschreiten können und den Auftritt verhindern können, auch wenn wir es gewollt hätten.» Der Generalbundesanwalt bewerte die Taliban nicht als terroristische Vereinigung. Die Taliban seien außerdem in Deutschland nicht mit einem Betätigungsverbot nach dem Vereinsgesetz belegt, also verboten. «Diese Bewertungen obliegen den Bundesbehörden», sagte er. Das «ganze große Entsetzen aus der Bundespolitik – für mich wirkt das manchmal wie Theater, denn das Problem ist hausgemacht». Nach derzeitigen Erkenntnissen habe es bei dem Auftritt in Köln keine strafrechtlich relevanten Äußerungen gegeben, sagte Reul.

Unter anderem Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte die Veranstaltung heftig kritisiert: Der Auftritt eines hochrangigen Taliban-Funktionärs in Köln in der vergangenen Woche sei vollkommen inakzeptabel und scharf zu verurteilen. Das Auswärtige Amt identifizierte den Mann als Abdul Bari Omar. Er ist Leiter der afghanischen Lebensmittel- und Arzneimittelbehörde.

Unterdessen sagte die Evangelische Kirche von Westfalen einen geplanten Auftritt eines Taliban-Vertreters bei einer Afghanistan-Tagung in ihrer Bildungsstätte Akademie Villigst ab. Die vor Monaten erfolgte Einladung habe «klare Vorgaben für ein offenes und kritisches Gespräch» enthalten. «Mit Blick auf die augenblickliche Situation lässt sich jedoch bedauerlicherweise kein angemessenes Forum für ein offenes und kritisches Gespräch schaffen», teilten Landeskirche und Evangelische Akademie Villigst am Montag mit.

Vorausgegangen war Kritik an einem Programmpunkt der Tagung am 8. und 9. Dezember. Laut Ankündigung hatte ein Rechtswissenschaftler mit einem namentlich nicht genannten Vertreter der Taliban-Regierung ein Podiumsgespräch führen sollen. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Hubert Hüppe hatte dies als «unverantwortlich» kritisiert. Solche Vertreter dürften keine «Bühne für ihre islamistische Ideologie bekommen». Mehrere Medien hatten berichtet.

Am Donnerstag wird der Kölner Taliban-Auftritt Thema im Düsseldorfer Landtag. Die Oppositionsfraktionen von FDP und SPD haben jeweils eine sogenannte Aktuelle Viertelstunde im Innenausschuss beantragt. Dort soll Reul zum aktuellen Stand berichten.

Am Montag distanzierte sich die Ditib erneut von dem Auftritt in dem Gebetshaus im Stadtteil Chorweiler, sprach von einer «unsäglichen Veranstaltung», kritisierte «Vertrags- und Vertrauensbruch» und kündigte «Präventiv- und Schutzmaßnahmen» an. «Wir werden diesen Fall inhaltlich und juristisch aufarbeiten und werden, falls nötig, neben den bisher erfolgten Maßnahmen – wie Hausverbot für die Verantwortlichen – auch weitere prüfen.»

Die Evangelischer Akademie Villigst und die westfälische Landeskirche distanzierten sich ebenfalls nachdrücklich von der Rede des Taliban-Vertreters in Köln. Dennoch verteidigten die Verantwortlichen die Idee ihrer 37. Villigster Afghanistan-Tagung. Für die Menschen in Afghanistan könne nur dann eine Zukunftsperspektive entwickelt werden, «wenn für alle unterschiedlichen Gruppierungen Gesprächsmöglichkeiten eröffnet» würden. Auch in der Vergangenheit sei vor allem kritischen Stimmen aus dem Land Raum geboten worden, hieß es weiter.

«Die Villigster Afghanistan-Tagungen ermöglichen seit Jahrzehnten Gespräche mit und zwischen Afghanen unterschiedlicher politischer Haltungen», betonte Christoph Zöpel (SPD), Schirmherr der Tagung und früherer Staatsminister im Auswärtigen Amt laut Mitteilung. Das schließe auch Taliban-Vertreter ein, wobei eine Teilnahme nur in Abstimmung mit den zuständigen Bundesbehörden erfolge, um Verstöße gegen das Strafrecht in Deutschland auszuschließen.

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