Comiczeichnerin Josephine Mark: „Eine harte Schule – und so erfüllend wie kaum etwas anderes“

Nach ihrem Erfolgsbuch „Trip mit Tropf“ hat Josephine Mark jetzt ihren neuen Kindercomic „Der Bärbeiß“ veröffentlicht. Hier gibt sie Einblicke in ihre Arbeit.

comiczeichnerin josephine mark: „eine harte schule – und so erfüllend wie kaum etwas anderes“

Eine Szene aus „Der Bärbeiß“.

Wer hat sie künstlerisch geprägt? Woran arbeiten sie gerade? Und was können sie überhaupt nicht zeichnen? Im Tagesspiegel-Fragebogen geben Zeichnerinnen und Zeichner Einblicke in ihre Arbeit und in ihre Leidenschaft für die Kunstform. Heute: Josephine Mark („Trip mit Tropf“), deren neues Buch „Der Bärbeiß“ kürzlich bei Kibitz erschienen ist.

1. Was kommt bei Ihrer Arbeit zuerst: Worte oder Bilder?

Zuallererst schreibe ich immer ein komplettes Script. Erst wenn das „perfekt“ ist, gehe ich ans Zeichnen. Für mich ist es wichtig, diese beiden Arbeitsschritte zu trennen, damit mich nicht mitten im Prozess Zweifel an der Story packen und ich dann alles nochmal umändere oder mich verzettele. Man hat beim Zeichnen ja so viel Zeit zum Nachdenken, da verliert man schnell den Abstand zur Geschichte … Ich zeichne dann meist abwechselnd Storyboard und Reinzeichnung in Blöcken von mehreren Seiten, damit es nicht so stumpfsinnig wird.

2. Hören Sie beim Zeichnen Musik, und wie beeinflusst Sie das?

Beim Zeichnen ist es normalerweise still bei mir. Musikhören ist für mich ein eher aktiver Vorgang, weil ich es so selten mache. Das beeinflusst dann direkt meine Stimmung und Konzentration, was ich beim Zeichnen nicht mag. Ich nutze Musik höchstens mal, um störende Umgebungsgeräusche zu überdecken. Das ist dann meistens Lofi-Fahrstuhlmusik. Zum Glück ist mein Arbeitszimmer aber mittlerweile so ruhig gelegen, dass ich das kaum brauche. Bei der Kolorierung am Rechner lasse ich meistens Serien laufen, die ich schon kenne, also eher als Hintergrundgeräusch. Das sind normalerweise irgendwelche Ableger von „Star Trek“: Bei „Trip mit Tropf“ war es „The Next Generation“, beim aktuellen Projekt „Der Bärbeiß“ lief „Voyager“.

3. Was essen oder trinken Sie am liebsten bei der Arbeit?

Essen: nichts. Getränk: Im Sommer Wasser, im Winter Tee – meist Ingwer-, Gewürz- oder Schwarztee.

4. Angenommen, Ihre Wohnung brennt: Welche Comics würden Sie auf jeden Fall aus Ihrem Regal retten?

Ich muss gestehen: Da ich keine seltenen oder teuren Sammelbände im Regal stehen habe und daher alles nachkaufen könnte, würde ich vermutlich keine Comics retten, sondern mich eher auf den Hund stürzen sowie die Originalzeichnungen meiner eigenen Comics … auwei …

5. Welche Zeichner/innen und Autor/innen waren für Ihre eigene Entwicklung die prägendsten?

Für den Zeichenstil war das für mich der polnische Comiczeichner und Game-Designer Mateusz Skutnik. Was Storytelling und Figurenentwicklung und so weiter angeht, haben mich wohl eher Filmemacher geprägt – Joss Whedon, Christopher Nolan, Guillermo del Toro aus den unterschiedlichsten Gründen…

6. Welchen Comic würden Sie jemandem empfehlen, der sonst eigentlich keine Comics liest?

Die Frage ist ja: Warum liest die Person keine Comics? Thematisch findet sich ja mittlerweile für jeden etwas. Aber viele Menschen haben tatsächlich eher „technische“ Probleme, sie finden es anstrengend, Bild und Text gleichzeitig zu verarbeiten. Da wäre es dann vielleicht gut, erst einmal mit Comicstrips zu beginnen, wegen der Kürze. Oder mit einem Comic, der entweder mehr mit Bild oder mehr mit Texten arbeitet … Es braucht auf jeden Fall etwas Übung, um mit dem Medium zurechtzukommen. Vermutlich ist es deshalb auch einfacher, wenn man schon als Kind damit anfängt. Kinder haben keine Hemmschwelle, sich Dinge häppchenweise zu erschließen. Zu viel Text? Dann guck ich mir eben erstmal die Bilder an … Ich will schnell wissen, wie es weitergeht? Dann lese ich nur die Texte …

7. Glauben Sie, dass der Comic aktuell die Aufmerksamkeit hat, die er verdient?

Ich glaube, wir befinden uns gerade in einem sehr schönen Stadium der Entwicklung: Einerseits ist Comic noch etwas „nischig“, jeder kennt jeden und irgendwie fühlt es sich sehr gemeinschaftlich und nahbar an. Andererseits herrscht eine gewisse Aufbruchstimmung: Comics finden immer mehr Beachtung – sowohl im Feuilleton als auch an Schulen zum Beispiel in der Leseförderung. Es wird viel für bessere Arbeitsbedingungen gestritten, es gibt mehr zum Teil wirklich gut dotierte Preise, Arbeitsstipendien und so weiter. Alles ist irgendwie in Bewegung. Aber Comics sind bei uns eben (noch) kein Mainstream-Medium, was ich persönlich durchaus als sehr angenehm empfinde.

8. Welche zeitgenössischen Comiczeichner/ innen verdienten mehr Aufmerksamkeit, als sie sie im Moment haben?

Mateusz Skutnik und Aike Arndt.

9. Wenn Sie einen hoch dotierten Preis für das Comic-Lebenswerk zu vergeben hätten, wer würde ihn bekommen?

Das würde ich ungern alleine entscheiden – es gibt so viele tolle Künstlerinnen und Künstler, die alle einen Geldregen verdient hätten, wenn sie versprechen, damit weiter Comics zu machen!

10. Wie würden Sie einem Blinden beschreiben, was das Besondere an Ihren Comics ist?

Ein sehr „handgemachter“ Zeichenstil trifft auf schräge Charaktere trifft auf vielschichtige Erzählebene

11. Woran arbeiten Sie derzeit, wenn Sie nicht gerade Fragebogen ausfüllen?

Ich überarbeite aktuell mein erstes Buch „Murr“ für die Neuauflage im Kibitz-Verlag, bereite verschiedene Workshops- und Lesereisen für das Frühjahr vor sowie die Öffentlichkeitsarbeit für „Der Bärbeiß“.

12. Wieso würden Sie einem jungen Menschen raten, Comic-Auto/in zu werden – und wieso würden Sie ihm oder ihr davon abraten?

Ich würde niemandem dazu raten, das beruflich zu machen oder weil man irgendwie „berühmt“ werden will. Dazu sind die Chancen, vom Comicmachen leben zu können, einfach zu gering. Aber ich würde unbedingt jedem dazu raten Comics zu machen, wenn er oder sie Freude daran hat – lasst euch nicht abschrecken von der Mühe und den Hindernissen! Comics zu machen ist eine wunderbare, harte Schule und kann so erfüllend sein, wie kaum etwas anderes. Ihr erschafft ganze Welten – und braucht dafür nichts als euer Gehirn, euer Herz und einen Stift…

13. Wie fühlt es sich für Sie an, Ihre Zeichnungen als gedruckte Bücher in der Hand zu halten?

Es macht mich irgendwie stolz und demütig zugleich: Dass es Menschen gibt, denen meine Geschichten so viel bedeuten, dass sie daraus ein Buch machen. Und andere Menschen, die dieses Buch lesen. Ich bin sehr dankbar dafür – diesen Job machen zu können, empfinde ich als großes Privileg. Und ich bin immer auch erleichtert, weil das Buch dann wirklich FERTIG ist und ich mich dem nächsten widmen kann.

14. Welche Noten hatten Sie im Kunstunterricht?

Ich erinnere mich nicht wirklich. Aber ich war ziemlich gut in der Schule – vermutlich habe ich da auch im Kunstunterricht gute Noten gehabt.

15. Was können Sie überhaupt nicht zeichnen?

Ich tue mich immer noch schwer mit Architektur – sowohl innen als auch außen. Alles, was mit Häusern oder Innenräumen zu tun hat. Da gefällt mir mein Stil einfach noch nicht. Aber mein nächster Comic spielt in einer kleinen Stadt und verschiedensten Häusern und Interieurs – da  werde ich viel Gelegenheit zum Üben haben.

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